Quellenangabe:
Puntigam: Zwischen Stammtisch, Bürgerwehr und Schweigen (vom 01.09.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1797/,
besucht am 22.12.2024
[01. Sep 2006]
Wir dokumentieren einen Text von 'mayday 2000 graz' zu rassistischen Umtrieben in Puntigam und einer antirassistischen Plakataktion.
In Puntigam eröffnete Anfang Juli die Caritas ein Haus für AsylwerberInnen. Kaum hatte diese Information die ersten PuntigamerInnen erreicht, bildete sich ein Bürgerforum, das mit übler rassistischer Stimmungsmache die Errichtung dieses Flüchtlingsheimes zu verhindern versuchte. Mit einer eigenen Homepage, Demonstrationen und Stammtischen wetterte die Initiative gegen die Caritas und die AsylwerberInnen, unterstützt von der FPÖ, dem BZÖ und der Kronenzeitung. Den Einzug der Flüchtlinge zu verhindern, gelang dem Stammtisch 47, wie sich das BürgerInnenforum nannte, nicht; wohl aber im Bezirk eine Stimmung zwischen verbaler Hetze und Bürgerwehr zu schaffen, mit der Menschen fertig werden müssen, die kaum Möglichkeiten haben sich zu wehren.
Als die Flüchtlinge am 5. Juli das Haus bezogen, wurden sie von Slogans empfangen wie, "Asylanten rein - Wir sagen nein!", "Kein Asylantenheim neben unseren Schulen!" oder "Kein Asylantenheim in Putigam. [Originalzitat!] Schützt unsere Frauen und Kinder!" Wer das Heim verlässt oder betritt, muss bis heute an in der Nachbarschaft montierten Transparenten vorbeigehen mit Aufschriften wie "Asylantenheim? Nein danke!" Die von Kurt Hörtner betriebene, wenn auch nicht allein gestaltete, Homepage des Stammtischs 47 verbreitete üble rassistische Propaganda. Nachts fahren die braven BürgerInnen Patrouille und spielen Bürgerwehr, um Puntigam vor halluzinierten Bedrohungen und realen antirassistischen PlakatiererInnen zu schützen.
Am 17. August nahm Hörtner die Homepage der Plattform vom Netz mit der
Begründung: "Personen / Personengruppen die mit NICHTDEMOKRATISCHEN Aktionen Aufmerksamkeit erregen wollen, und dabei auch keinerlei Scheu, Beschädigungen vor Eigentum Anderer zu haben erhalten von mir nicht auch noch den nötigen Support um Dinge zu erfahren, um diese Aktionen einleiten zu können." [Originalzitat!] "Als Selbstschutz für meine Nachbarn und mich" werde die Homepage daher stillgelegt.
Hintergrund dieser Entscheidung waren angebliche "Vandalenakte", für die die Plattform nun Mayday 2000 verantwortlich macht. Wir haben mit Plakaten, die direkt in Puntigam angebracht wurden, den Alltagsrassismus der Bürgerinitiative kritisiert. Daraus glaubte der Stammtisch 47 messerscharf schließen zu können, dass wir auch für die Entfernung widerlich rassistischer Transparente und für angebliche "Drohungen" gegen Plattform-Mitglieder verantwortlich seien. Das sind haltlose Verleumdungen. Allerdings: Wenn dieses Konstrukt dazu führte,
dass es nun eine rassistische Homepage weniger im Internet gibt, dann hatte es zumindest eine positive Auswirkung. Wir sehen darin einen kleinen Fortschritt, auch wenn die Stammtische gegen das Flüchtlingsquartier vermutlich weitergehen und Menschen, die es ohnehin schon schwer genug haben, noch länger in einem Klima der Ablehnung leben müssen.
In Puntigam zeigte sich, wozu Rassismus führt, wenn jene, die anders denken, zu wenige oder zu still sind, um dem entgegenzutreten.
mayday 2000 graz, 27.8.2006