Quellenangabe:
Nein zu Abschiebungen nach Äthiopien! (vom 18.10.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1845/,
besucht am 21.11.2024
[18. Oct 2006]
Pro Asyl und der Bayerische Flüchtlingsrat fragen in einer Presseaussendung vom 5. Oktober 2006: Betätigen sich Deutsche Behörden als Helfershelfer des äthiopischen Regimes?
Das äthiopische Regime unter Meles Zenawi hat im Sommer dieses Jahres seine Haltung gegenüber äthiopischen Flüchtlingen grundlegend geändert. Bisher konnten abgelehnte Asylbewerber weder zurückkehren noch abgeschoben werden. Äthiopien stellte allenfalls dann Pässe aus, wenn glaubhaft gemacht worden war, dass die Betroffenen in Deutschland bleiben konnten. Jetzt ist das Regime an der Rückführung bestimmter Personen interessiert.
PRO ASYL und dem Bayerischen Flüchtlingsrat liegen Dokumente vor, aus denen hervorgeht, dass es den äthiopischen Behörden ein Anliegen ist, gerade regimekritische Exiloppositionelle in die Hände zu bekommen. Ein Strategiepapier des Amts für Diaspora-Angelegenheiten (beim äthiopischen Außenministerium) weist die äthiopischen Botschaften an, verstärkt die im Ausland lebenden Äthiopier an sich zu binden und Maßnahmen zu fördern, um Auslandsüberweisungen und Investitionen in Äthiopien zu kanalisieren.
Zugleich sollen aktive Oppositionelle identifiziert, bekämpft und in ihrem Aktionsradius eingeschränkt werden. Über sie sollen Namenlisten erstellt und an die Behörden in Addis Abeba geschickt werden. Allen Äthiopiern, die exilpolitisch oppositionell tätig waren oder auch nur dessen beschuldigt werden, droht im Falle der Rückkehr Haft und Verfolgung.
Die Oppositionellen sollen nicht nur "bloßgestellt" und in der Heimat vor Gericht gestellt werden, vielmehr soll auch auf die Gastgeberländer eingewirkt werden. Unter anderem sollen die Polizei und Verwaltungsbehörden informiert werden, wenn Asylsuchende unerlaubt ihren Landkreis verlassen, um an Veranstaltungen der Exilopposition teilzunehmen. Hierzu soll eine Vereinbarung mit den deutschen Behörden getroffen werden, um eine gute Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Aus der Sicht von PRO ASYL und des Bayerischen Flüchtlingsrats scheint diese "gute Zusammenarbeit" Früchte zu tragen in Form der bereitwilligen Ausstellung von laissez-passer Papieren. Denn den Personen, die für eine Rückführung vorgesehen sind, wird kein äthiopischer Pass mehr ausgestellt. Sie erhalten nur noch Heimreisescheine zur Rückführung nach Äthiopien.
Die fatale Konsequenz dieser Zusammenarbeit zwischen deutschen und äthiopischen Behörden ist, dass gerade aktive Regimegegner, die allen Grund hätten, in Deutschland Schutz zu finden, Opfer dieser Zusammenarbeit werden.
"Während dem äthiopischen Regime wohlgesonnene Exiläthiopier sich auch weiterhin der schützenden Hand des Diktators Zenawi sicher sein können, werden die deutschen Ausländerämter eifrig die aktiven politischen Flüchtlinge dem äthiopischen Regime überstellen", befürchtet Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.
"Wir fordern dringlich eine Untersuchung dieser Zusammenhänge und einen Abschiebestopp für äthiopische Flüchtlinge, bis definitiv ausgeschlossen werden kann, dass verfolgungsgefährdete Flüchtlinge dem äthiopischen Regime ausgeliefert werden" sagte Rechtsanwalt Hubert Heinhold, stellvertretender Vorsitzender von PRO ASYL.
PRO ASYL und der Bayerische Flüchtlingsrat fordern angesichts dieser Sachlage das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf, umgehend Folgeverfahren für äthiopische Flüchtlinge, die sich in Deutschland exilpolitisch betätigt haben, durchzuführen.