Quellenangabe:
Keine Ehrung für Jahn! - Demontiert den Turnvater (vom 10.11.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1870/,
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[10. Nov 2006]
Nach der temporären Umbenennung der Jahngasse durch antifaschistische AktivistInnen, diskutiert nun auch die offizielle Grazer Politik die Änderung historisch belasteter Straßennamen.
In der Nacht auf den 6. November wurde die Jahngasse von der "Initiative für antifaschistische Selbsthilfe" temporär in "Straße des 8. Mai" umbenannt.
"Mit dem verharmlosend als Turnvater bezeichneten Jahn wird in Wirklichkeit ein Ideologe des Rassismus und der nationalistischen Kriegstreiberei geehrt. Mit dem verharmlosend als Turnvater bezeichneten Jahn wird in Wirklichkeit ein Ideologe des Rassismus und der nationalistischen Kriegstreiberei geehrt.
Seine Verherrlichung von Krieg und "Volksgemeinschaft", seine hasserfüllte Hetze gegen "Giftbücher", "Rassenmischung" und "Ausländerei" waren eine tödliche Saat, die schon zu seinen Lebzeiten aufging und im deutschen Faschismus, im Massenmord an den Juden und Jüdinnen, ihre mörderischsten Wirkungen zeigte.
Er war einer von vielen, die bis heute geehrt werden, als angeblich unpolitische Dichter und Denker, die, so die mehrheitliche Auffassung, wohl nie meinten, was sie schrieben und sagten. Jahn steht auch für eine verschleiernde und verlogene Gedenkkultur, die in Wirklichkeit ein Vergessen ist - ein Vergessen dessen, wofür ein Turnvater Jahn stand, eine Gedenkunkultur, die den Umgang mit Rassismus und Antisemitismus bis heute prägt.
Der Glaube, dass Worte nicht töten können, ist spätestens seit dem Holocaust nicht nur ein Irrglaube, sondern eine gefährliche Naivität. Wir fordern die Stadt Graz auf, ihre Ehrenbezeugung denen zu entziehen, deren Ehrbegriff zur Grundlage von völkischem Ausschluss und Rassenwahn wurde. Wir fordern die Stadt Graz auf, die "Jahngasse" umzubenennen und das Jahn-Denkmal in ein Mahnmal umzugestalten, das an die Opfer des Rassismus erinnert, wie ihm auch dieser Turnvater den Weg bereitet hat.
Der 8. Mai 1945 steht für die Kapitulation des Systems des Massenmordes und erinnert an jene, die zur Niederlage des NS-Regimes beigetragen und oft genug mit ihrem Leben bezahlt haben. Ihnen Denkmäler zu setzen, heißt auch mit der Normalität zu brechen, die bis heute Rassismus und Antisemitismus einschließt.
Um der Stadt Graz die Entscheidung für eine Umbenennung zu erleichtern, haben wir vorübergehend das ursprüngliche Straßenschild in Verwahrung genommen und eine alternative Tafel angebracht.
Die Aktion führte in Graz zu einer Debatte über historisch belastete Straßennamen. Grünen-Klubchefin Sigi Binder will nun die legale Demontage Jahns vorbereiten: "Wir beantragen im Gemeinderat die Umbenennung der Gasse. Auch alle übrigen belasteten Straßennamen sollen geändert werden."
SPÖ und ÖVP stiegen prompt auf die Bremse. Für einen "Schnellschuss" seien die Klubchefs von SP und VP, Karl-Heinz Herper und Peter Piffl-Percevic, laut Kleine Zeitung nicht zu haben. Stattdessen setzen sie auf Verzögerung: "Es soll alles, auch die Jahngasse, auf den Tisch und wenn nötig - von Historikern bewertet - umbenannt werden."
Eine Sammlung rassistischer, antisemitischer und völkischer Zitate aus den Schriften Friedrich Ludwig Jahns:
"Aber das weiß ich, dass im langen Frieden von außen innerliche Streitigkeiten, Hader und Zwietracht zum Zeitvertreib ausgebrütet werden, um die Staatskraft zu vergiften. Uns fehlt des Krieges Eisenband und der Waffen Stahlkur."
"Wer die Edelsvölker der Erde in eine einzige Herde zu bringen trachtet, ist in Gefahr, bald über den verächtlichsten Kehrricht des Menschengeschlechts zu herrschen."
"...nichts ist ein Volk ohne Staat, ein leibloser, luftiger Schemen, wie die weltflüchtigen Zigeuner und Juden."
"Wer aber seinen Töchtern französisch lehren lässt, ist das ebenso gut, als wenn er ihnen Hurerei lehren lässt."
"Es ist ein langersehnter Schöpfungsbeginn, wenn ein Volk, nach dem Verlauf schrecklicher Jahre, sich selbst … frei und ohne Rückhalt offenbaren darf, in welche entwürdigende Dienstbarkeit es durch Ausländerei geraten war."
"Ein Name aus fremder Sprache macht den Namensinhaber zum volksfremden Bastard. Einen Hochverrat wider das Volk und ein Verbrechen gegen die Heiligkeit der Muttersprache begehen die Eltern, die schon bei der Wiege den Säugling ... mit fremden Tönen umschwirren."
"Verflucht der Schriftsteller, der sein Volkstum ... schmäht."
"Wer was auf sich hält, geht Mistpfützen, Stinklachen und Schindangern gern aus dem Wege. Wer sie aber in Büchern aufsucht, ist eine lesende Aasfliege. Giftbücher! Eine Schande der Schriftsteller, ein Fluch der Buchdrucker, ein Verbrechen die Staatsaufsicht."
Quellen: Kleine Zeitung, Initiative für antifaschistische Selbsthilfe