Quellenangabe:
Antifaschistische Aktions- und Infotage (vom 15.11.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1873/,
besucht am 23.11.2024
[15. Nov 2006]
Aufruf der Antifa Xi-Berg zu antifaschistischen Aktionstagen in Bregenz und Dornbirn / Vorarlberg von 25. - 26.11.2006.
Vor über 61 Jahren endete der von den deutschen und österreichischen VolksgenossInnen und deren GehilfInnen getragene Nationalsozialismus. Der systematische, von vielen "ganz einfachen" Deutschen und ÖsterreicherInnen (ÖsterreicherInnen waren überproportional am Massenmord in den Vernichtungslagern beteiligt) vorangetriebene Mord an den europäischen Juden und den Sinti, Roma, Homosexuellen oder Andersdenkenden konnte nur durch die Intervention der Alliierten beendet werden.
In Österreich stützte mensch sich nach der Zerschlagung des Nationalsozialismus auf die erste Zeile der Moskauer Deklaration, wonach Österreich und die ÖsterreicherInnen das erste Opfer des Nationalsozialismus seien. Dadurch entging mensch nach 1945 einer Aufarbeitung der eigenen Nazivergangenheit und machte größtenteils so weiter, als wäre nichts geschehen.
Wenn Parteien mit rassistischen Inhalten punkten können, muss es innerhalb der Bevölkerung eine Akzeptanz dieses Gedankengutes geben. Wenn Menschen in den sicheren Tod abgeschoben werden, MigrantInnen schikaniert und bedroht werden und es kaum Gegenwehr aus der Bevölkerung gibt, zeigt sich deutlich, dass rassistisches und faschistisches Gedankengut tief in unserer Gesellschaft verwurzelt sind.
Auf dieser Akzeptanz beruht die Ungeniertheit mit der Neonazischläger ihre Opfer angreifen. Gerade in den letzten Wochen und Monaten ist vermehrt auch in der Presse von gewalttätigen Übergriffen auf der Straße, bei Konzerten oder Fußballspielen zu lesen. Oftmals wird dabei ausgeklammert, dass es sich bei den TäterInnen keineswegs um "betrunkene Randalierer" handelt, sondern um bekennende Neonazis oder rechtsgerichtete Hooligans. Rund um den Bodensee häufen sich diese Ereignisse, deren Intensität enorm zunimmt. Gebrochene Knochen oder lebensgefährliche Schädelverletzungen sind dabei keine Seltenheit mehr (immer noch liegt ein Lindauer Punk im Koma, nachdem er vor ca. 6 Wochen von Vorarlberger Neonazis brutal verprügelt wurde). Vor allem Vorarlberg hat sich zum Sammelbecken der umliegenden Neonaziszenen entwickelt. Immer wieder finden Neonazikonzerte bzw. größere Veranstaltungen im Bodenseeraum statt. Diese Konzerte haben eine wichtige Funktion bei der Rekrutierung Jugendlicher, Vernetzung der Szene und Finanzierung "politischer" Aktivitäten. Dabei wird deutlich, dass es sich hier nicht nur um ein paar "Spinner" handelt, vielmehr trafen sich in Vorarlberg in den letzten 5 Jahren, bei weit über 50 Veranstaltungen, bis zu 1.300 Neonazis.
Während auf diesen meist konspirativ stattfindenden Konzerten vielfach Bands aus dem Ausland anreisen, finden sich ebenso in der heimischen Szene Neonazibands mit eindeutigen Texten. So sangen z.B. die Vorarlberger Band Stoneheads: "...born to hate fucking niggers, born to hate jewish bastards, born to hate the antifascist scum...", ein weiteres Lied endet mit einem eindeutigen "Sieg Heil". Bei einem Gerichtsverfahren 2005 wurden die Bandmitglieder allerdings nur wegen Verhetzung angeklagt und zu Geldstrafen verurteilt, obwohl die Verstöße gegen das schwerwiegendere NS-Verbotsgesetz offensichtlich waren. Zur Zeit spielen ehemalige Mitglieder der Band in einem neuen Projekt namens "Genocide".
Doch die Neonazis versuchen auch zunehmend in anderen Kreisen und Subkulturen Fuß zu fassen, Jugendliche zu rekrutieren und somit ihrer menschenverachtenden Ideologie ein festeres Standbein zu schaffen.
So wurden in einem Jugendzentrum in Dornbirn Metalveranstaltungen untersagt, da organisierte Neonazikader versuchten, Jugendlichen den braunen Sumpf schmackhaft zu machen. Auch fallen größere Gruppen von Neonazis wieder vermehrt auf verschiedensten Veranstaltungen auf, wie etwa in Dornbirn im Spielboden, als bei einem Metalkonzert etwa 20 Neonazis aufmarschierten und mehrere Schlägereien anzettelten oder auf der Dornbirner Messe, wo sich Neonazis jedes Jahr in großer Zahl mit szenetypischen rechtsextremen Klamotten tummeln und ohne Bedenken toleriert werden.
Die bekannteste einschlägig organisierte Gruppierung in Vorarlberg ist hierbei "Blood & Honour". Sie ist für einen Großteil der Rechtsrock-Konzerte verantwortlich und verfügt über enge Kontakte nach Deutschland und in die Schweiz. Ersichtlich wurde dies z.B. bei einem Nazikonzert in der Schweiz im September 2005: Auf der Bühne hing dabei ein Transparent von Blood & Honour Vorarlberg ...
Ein solch offensives Auftreten der extremen Rechten basiert auf einem starken Fundament: eine rassistische, auf Herrschaft aufbauende Gesellschaft. Wir dürfen nicht darauf vergessen, neben ihren Auswüchsen auch die Ursache selber zu bekämpfen!
Wenn ausländerInnenfeindliche, homophobe und frauenfeindliche Witze gerissen werden darf nicht weggesehen werden. Das Selbe gilt, wenn Menschen in Rassen eingeteilt werden, Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder Sprache diverse Charaktereigenschaften zugesprochen werden oder Menschen in "gute", für den Kapitalismus verwertbare, und "schlechte", z.B. Arbeitslose, "AusländerInnen" eingeteilt werden. Wenn Menschen in "gut" integrierte und "schlecht" bzw. nicht anpassungswillige "AusländerInnen" eingeteilt werden zeigt sich auch hier wieder deutlich, dass Rassismus schon längst gesellschaftsfähig geworden ist bzw. es schon immer war und es nur nicht schick war sich so offensichtlich wie heute darauf zu berufen. So offen wie z.B. österreichische Parteien rassistische Hetze in ihrem Wahlkampf betreiben, so äußert sich dies auch in ihrer Politik. Etwa mit der Verschärfung des Asylgesetzes oder des Sicherheits-Polizeigesetzes. So können Menschen, ohne den Tatbestand eines Verbrechens begangen zu haben, eingesperrt und abgeschoben werden.
Dass gewalttätige rassistische Praktiken den Alltag bei der österreichischen Polizei bestimmen ist auch nichts neues mehr.
Erinnern wir uns an Marcus Omufuma, der während seiner Abschiebung umgebracht wurde oder Bakary J., der im April dieses Jahres von WEGA-Beamten verschleppt und misshandelt wurde. Auch rassistische Kontrollen/Razzias in Zügen, U-Bahn, Bars, etc. sind an der Tagesordung. Diese Hetze führt so weit, dass sich Menschen mit dunkler Hautfarbe nicht mehr trauen, sich auf offener Straße die Hand zur Begrüßung zu reichen, weil sie befürchten, als Drogendealer diskriminiert und kontrolliert zu werden.
Schluss damit!
Wir wehren uns entschlossen gegen den zunehmenden Rechtsruck und setzen ein kraftvolles Zeichen gegen Faschismus, Rassismus, Sexismus, Gechichtsrevisionismus und Homophobie!
Unsere Antwort auf den von Politik und Staat getragenen Alltagsrassismus als Nährboden für rechtsextremes Gedankengut heißt Selbstorganisation.
Raus aus der Vereinzelung - vernetzen und organisieren wir einen breiten antifaschistischen Widerstand, der das Übel an der Wurzel packt!
Beteiligt euch an den "Antifaschistischen Aktions- und Informationstagen" in Bregenz und Dornbirn am 25. und 26. November 2006.
PROGRAMM:
Samstag 25.11. im JUZ/Between Bregenz
o 12:00 - doors open
o 14:00 - Turn it down - Kein Bock auf Nazis
o 16:00 - Werner Bundschuh - Widerstand in der NS-Zeit im Bodenseeraum
o 19:00 - Apabiz - Bunt und Braun?! Ideologien und Propaganda der Neonazis von heute
o Workshops
o Filme
o Vokü/Frühstück
o Pennplätze (bitte vorher melden!)
Den ganzen Tag gibts Raum und Equipment zum Transpimalen.
Sonntag 26.11.
14:00 Demonstation in DORNBIRN, Treffpunkt Bahnhof
Antifa Xi-Berg