Quellenangabe:
Folterpolizisten wieder im Dienst (vom 18.12.2006),
URL: http://no-racism.net/article/1916/,
besucht am 22.12.2024
[18. Dec 2006]
Jene Beamte der WEGA die Bakary J. im April 2006 misshandelt und gefoltert hatten sind wieder im Dienst. Die Disziplinarkommission der Wiener Polizei verhängte Geldstrafen über sie.
Die vier Beamten der WEGA (Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung), die Ende August 2006 wegen schwerer Misshandlung von Bakary J. im April 2006 in einer Lagerhalle in Wien-Leopoldstadt zu mehrmonatigen bedingten Haftstrafen rechtskräftig verurteilt worden sind, dürfen wieder Polizeidienst verrichten, im Innendienst. Sie erhielten am Freitag, 15.12.2006, von der Disziplinarkommission der Wiener Polizei Geldstrafen. Ihre Suspendierung wurde aufgehoben.
Der Entscheid ist noch nicht rechtkräftig, da der Disziplinaranwalt auf Anweisung des Innenministeriums als auch die Verteidigung der Beamten berufen haben. Jetzt geht das Verfahren an die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt. Dort könnte es in ungefähr zwei Monaten eine weitere Entscheidung geben. Dritte Instanz wäre der Verwaltungsgerichtshof.
Für die Beamten, die Bakary J. verprügelt und schwer verletzt hatten, hatte es in dem Gerichtsprozess in drei Fällen jeweils acht Monate bedingter Haftstrafe gegeben, für den vierten Polizisten sechs Monate bedingt. Bakary J. erhielt 3.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. In der Folge kam es zu dem Disziplinarverfahren gegen die Beamten. Drei der Beamten bekamen eine Geldstrafe zu je fünf Monatsbezügen, der vierte eine in der Höhe von einem Monatsbezug.
"Die Beamten werden auf Grund der aufgehobenen Suspendierung durch das Landespolizeikommando Wien ab sofort im Innendienst und ohne Kontakt mit Parteien verwendet", hieß es in einer Aussendung der Wiener Polizei. Generalmajor Karl Mahrer, Landespolizeikommandant-Stellvertreter für Wien, sagte gegenüber JournalistInnen: "Für uns sind die Vorfälle nicht zu tolerieren. Wir wollen nicht, dass die Beamten dienstlich in Kontakt mit Bürgern kommen. Das ist auf Grund der Schwere der Ereignisse nicht zu verantworten."
Zu dem Spruch der Disziplinarkommission der Wiener Polizei gibt es mehrere kritische Stellungnahmen. "Es ist erkennbar, dass diese Art von Selbstreinigung nicht funktioniert", sagte der Generalsekretär von amnesty international Österreich, Heinz Patzelt. Er kritisierte weiters, dass in der Disziplinarkommission "zwei Kollegen und ein Gewerkschaftsmitglied" über den "Umgang mit menschenrechtskonformer Arbeit" zu urteilen hatten. Man erwarte sich vom Gesetzgeber schärfere Regelungen im Beamtendienstrecht.
"Das ist eine Verharmlosung des Vorfalls", erklärte Wilfried Embacher, Anwalt von Bakary J. Schließlich werde von so einer Kommission beurteilt, ob ein Beamter "tragbar oder untragbar" sei. Es stelle sich die Frage, nach welchen Maßstäben in diesem Fall gemessen werde. Die Entscheidung sei eine Fortsetzung der Verniedlichungen, die schon in den "bedingten Haftstrafen" ihren Ausdruck gefunden hätten. Es handle sich um einen "Folterfall".
Als "Freibrief zur Folter" bezeichneten die Grünen den Spruch der Disziplinarkommission. "Als unfassbar und völlig unverständlich", bezeichnete die Menschenrechtssprecherin der Partei, Terezija Stoisits, die Vorgangsweise. Die Nationalratsabgeordnete weiter: "Erstmals wurde in Österreich ein Fall von Folter gerichtlich dokumentiert. Die Entscheidung der Disziplinarkommission ist jetzt endgültig ein Freibrief für die Folter. Ab heute kann dies jedem passieren. Niemand ist vor Folter geschützt. Egal, welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion."
Quelle: afrikanet.info