Quellenangabe:
Seibane Wague: Berufungsverhandlung ab 15. März 2007 (vom 20.01.2007),
URL: http://no-racism.net/article/1969/,
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[20. Jan 2007]
16 Monate nach dem Prozess um den Tod von Seibane Wague werden die milden Schuldsprüche für einen Polizisten und den Notarzt neu verhandelt.
Über 16 Monate nach dem Prozess um den Tod des bei einer "Amtshandlung" durch Polizei und Rettung im Wiener Stadtpark ums Leben gekommenen Seibane Wague wird sich ein Berufungssenat des Wiener Oberlandesgerichts (OLG) mit den Rechtsmitteln gegen die erstinstanzliche Entscheidung auseinander setzen. Die Berufungsverhandlung wird am 15. März 2007 beginnen.
Ein dreiköpfiger Richtersenat muss entscheiden, ob es bei den Schuldsprüchen für den an der gewaltsamen Amtshandlung beteiligten Notarzt sowie einen der involvierten Polizisten bleibt. Der 58-jährige Arzt sowie der 34-jährige Polizist waren im November 2005 wegen fahrlässiger Tötung zu jeweils sieben Monaten bedingter Haft verurteilt worden.
Fünf weitere, ebenfalls angeklagte PolizeibeamtInnen und drei Sanitäter wurden damals freigesprochen. Dagegen legte Staatsanwältin Sabine Rudas-Tschinkel umfangreiche Nichtigkeitsbeschwerden ein. Die beiden Verurteilten meldeten ebenfalls jeweils Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.
Für die Staatsanwaltschaft steht fest, dass alle beteiligten Einsatzkräfte ein Mitverschulden am Tod von Seibane Wague traf, indem sie an seiner Fixierung am Boden mitwirkten, die einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge den Tod bewirkt habt. Der Notarzt habe es demgegenüber unterlassen, rechtzeitig lebensrettende Maßnahmen zu ergreifen.
Das Erstgericht (Landesgericht für Strafsachen Wien) sah das differenzierter: Es wurde nur ein Polizist schuldig erkannt, obwohl der Gerichtsmediziner Daniele Risser das Verhalten jener drei Beamten als kausal für den Todeseintritt bezeichnet hatte, die Wague im Bereich des Oberkörpers, der Schulter und der Arme fixiert hatten.
Dennoch blieben zwei Polizisten unbehelligt, weil ihnen der Richter "Ausbildungsmängel" zubilligte: Sie hätten Seibane Wague im Bereich der Schulter und der Lenden so fixiert, wie man es ihnen im Rahmen ihrer Ausbildung beigebracht habe. "Daraus, dass die Beamten schlecht ausgebildet sind, kann man ihnen keinen Vorwurf machen", hieß es in der Urteilsbegründung.
Schuldig erkannt wurde damit nur jener Beamte, der Wague mit seinem eigenen Körpergewicht von 85 Kilogramm zu Boden gedrückt hatte, wobei er zusätzlich das linke Knie in Seibane Wagues Rücken presste und diesem damit das Atmen verunmöglichte.
Im Unterschied zu den Sanitätern wurde auch der Arzt verurteilt. Ihm legte das Gericht zur Last, die gebotenen Maßnahmen - Zuruf an die Beamten, die Fixierung zu beenden, Prüfung von Wagues Vitalfunktionen und unverzügliche Erste Hilfe-Leistung - unterlassen zu haben, obwohl er den lebensbedrohlichen Zustand von Seibane Wague erkennen hätte müssen.
Quelle: APA