Quellenangabe:
Whiteness im Film (vom 09.02.2007),
URL: http://no-racism.net/article/1978/,
besucht am 21.11.2024
[09. Feb 2007]
Whiteness im Film
Dieser Text geht im Wesentlichen der Frage nach, in welcher Art und Weise sich die 'Weiße', abendländische geschlechtsspezifische Selbstkonstruktion im Medium der Hollywoodfilme durch die Re- und Misspräsentationen 'ethnisch Anderer' im Laufe der Filmgeschichte gewandelt hat.
Repräsentation von Differenz
Stereotypisierungen reduzieren Menschen auf ein paar, simplifizierende, wesentliche Charakteristika, die als von der Natur determiniert repräsentiert werden. Stereotypisieren als bedeutungsgebende Praxis ist zentral für die Repräsentation von Differenz. Dyer macht eine wichtige Unterscheidung zwischen Typisieren und Stereotypisieren [Vgl. Dyer 1977: 27ff.].
Er argumentiert, dass es ohne den Gebrauch von Typen schwierig wäre- wenn nicht sogar vollkommen unmöglich- die Welt zu begreifen. Wir verstehen die Welt durch die Bezugnahme von individuellen Objekten, Menschen oder Erlebnissen auf generelle Klassifizierungen, in die sie (unserer Kultur nach) passen. Demnach ist das Typisieren essentiell für die Erzeugung von Bedeutungen.
Dyer führt weiter aus, dass wir Dinge immer erst sinnvoll verstehen wenn wir sie in große Kategorien setzen. Demnach 'wissen' wir dann etwas über Personen, wenn wir an die Rollen denken, die sie spielen. Wir schreiben ihm oder ihr die Mitgliedschaft in verschiedenen Gruppen zu: nach Klasse, Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, 'Rasse', Sprachgruppe, sexuellen Vorlieben und immer so weiter. Wir ordnen Andere auch in Persönlichkeitstypen ein: ist er oder sie fröhlich, ernst, deprimiert, hyperaktiv, ängstlich oder sonst irgendwie? Unsere Vorstellung darüber wer eine Person ist, basiert auf der akkumulierten Information der Positionen, die wir der Person in unserem 'Typisierungsbaukasten' zuschreiben. Oder, wie Dyer es ausdrückt: 'a type is any simple, vivid, memorable, easily grasped and widely recognized characterization in which a few traits are foregrounded and change or 'development' is kept to a minimum' [S. ebd.: 28].
Stereotypisierungen reduzieren alles an einer Person auf diese Typisierungen, überspitzen und simplifizieren diese noch weiter, und fixieren diese ohne Chance auf Veränderung. Stereotypisierungen reduzieren, naturalisieren, determinieren und fixieren Differenz. Darüber hinaus trennt es das Normale und Akzeptable vom Abnormen und Inakzeptablen: Es exkludiert alles, dass nicht angepasst, das anders ist. Dyer meint dazu, 'a system of social- and stereo- types refers to what is, as it were, within and beyond the pale of normalcy' [S. ebd: 29]. In anderen Worten ist der Vorgang des Stereotypisierens also Teil der Erhaltung sozialer und symbolischer Ordnung. Es zieht eine symbolische Mauer zwischen dem Normalen und dem Devianten, dem Akzeptablem und dem Inakzeptablem, den In- und Outsidern, 'UNS' und 'DEN ANDEREN', auf. Weiters treten Stereotypisierungen besonders bei großen sozialen Machtgefällen auf. Macht wird üblicherweise gegen die untergeordnete oder exkludierte Gruppe ausgeübt. Ein Aspekt dieser Macht ist 'the application of the norms of one's own culture to that of others'[S. Brown 1965: 183].
Whitenesstheorie
Die Whitenesstheorie entsprang vor allem dem Unbehagen von Frauen aus nichtdominanten Gesellschaften angesichts des abendländischen Feminismus. Sie kritisierten die universalistische Idee einer 'gemeinsamen Unterdrückung' aller Frauen weltweit [Vgl. Fuchs/Habinger 1996: 7ff.]. Ausgangspunkt der Whitenesstheorie war also die 'Erkenntnis [...], dass die Beiträge 'Weißer' Frauen zur feministischen Theorie und Praxis durch jene privilegierten oder dominanten Positionen geformt und beschränkt sind, die sie in den [...] nationalen und globalen Beziehungen einnehmen' [S. Frankenberg 1996: 51].
Den abendländischen Feministinnen war ihre Vormachtstellung bis zu dem Zeitpunkt, da sie von anderen Frauen in Frage gestellt wurde, nicht bewusst, da sie ihre 'Privilegien als gegeben [hinnahmen], [indem ihre Vormachtstellung] durch Hegemonie [und nicht durch Zwang] aufrechterhalten [wurde]' [S. Ebd.: 55].
Dies führte zu der weitreichenden Erkenntnis, dass solange 'Rassenzugehörigkeit' nur 'Nicht- Weißen' zugeschrieben wird, 'Weiße' als Norm fungieren. Frankenberg definiert 'Weiß- Sein' unter anderem als einen Standpunkt 'von dem aus das Selbst, die anderen sowie nationale und globale Ordnungssysteme [betrachtet] werden, [als einen] Ort, an dem sich eine Reihe von kulturellen Handlungsweisen und Identitäten herausbildet; diese sind aber selten gekennzeichnet und benannt, sie werden [...] nicht als spezifisch 'rassisch' bezeichnet.' [S. Ebd.: 56]. Während Andere einer 'Rasse' angehören, sind 'Weiße' lediglich Menschen. Es gibt keine mächtigere Position als einfach Mensch zu sein: Ihr Machtanspruch bedeutet für alle Menschen sprechen zu können. 'Weiße' repräsentieren nicht die Interessen einer 'Rasse', sondern die der Menschen im Allgemeinen.
'Weiß- Sein ist [aber] kein absoluter Ort von Privilegien, [...] es wird von einer Reihe von anderen Achsen relativer Begünstigung oder Benachteiligung durchschnitten' [S. Ebd.: 56]. Die Norm zu sein, selbst innerhalb der Norm abzuweichen, das bedeutet folglich 'Weiß' zu sein. 'Weiße' werden in ihrer Whiteness als sehr unterschiedliche Individuen dargestellt. Stereotypisierungen charakterisieren die Repräsentationen 'untergeordneter' Sozialgruppen und sind ein Mittel, um diese zu kategorisieren und in Schacht zu halten, während hingegen 'Weißen' in einer 'Weiß' dominierten Kultur die Illusion der eigenen Vielfältigkeit gegeben wird. Sie begreifen sich nicht als 'Weiß', sondern als Menschen verschiedenen Geschlechts, unterschiedlicher Klasse und differenter Sexualität. Whiteness erschließt im Allgemeinen alle anderen sozialen Kategorien, außer 'Rassenzugehörigkeit'. Aber nicht jeder 'Weiße' ist gleich- 'Weiß' im Vergleich zu anderen 'Weißen'; es gibt auch interne Abstufungen von 'Weiße': Einige sind 'Weißer' (gleicher) als Andere. Iren, Juden und Hispano- AmerikanerInnen sind kulturhistorisch gesehen weniger 'Weiß' als 'Weiße' aus (nord-) europäischen Staaten und 'Weiße' US- AmerikanerInnen.
Filmische/Visuelle Whiteness
In einer visuellen Kultur müssen soziale Gruppen sichtbar, registrierbar und repräsentierbar sein, schließlich ist dies ein wichtiger Ausdruck von Macht. Das würde also eine Sichtbarkeit von 'Weiße' verlangen. Aber Whiteness benötigt, wie bereits erwähnt, eine gewisse Unsichtbarkeit. Dennoch sind diese beiden Prämissen vereinbar, denn die ultimative Position der Macht, in einer Gesellschaft die Menschen teilweise durch deren Sichtbarkeit kontrolliert, ist die der Unsichtbarkeit, der BeobachterIn. Ansehen und Angesehenwerden reproduzieren so 'rassische' Machtverhältnisse [Vgl. Dyer 1997]. 'Weiße' müssen als 'Weiße' erkannt werden, auch wenn Whiteness als 'Rasse' unsichtbare Merkmale verlangt und als Macht auf Unsichtbarkeit basiert. Whiteness ist das Zeichen, dass 'Weiße' sichtbar weiß macht, während sie gleichzeitig den wahren Charakter 'Weißer' kennzeichnet, welcher unsichtbar ist.
Hollywoods Filmgeschichte veranschaulicht die Darstellung von Whiteness, Klassenunterschied, Geschlechtsdifferenz und unzähliger weiterer Kategorien der Identitätskonstruktion besonders deutlich. In Anbetracht der Tatsache, dass 'Rasse' keine biologisch existente Kategorie, sondern ein gesellschaftliches Konstrukt ist, ist es erstaunlich dass die filmische Darstellung von Whiteness, um die 'Überlegenheit' der 'Weißen Rasse' zu demonstrierten, seit Anbeginn der Filmindustrie vollzogen wurde [Vgl. Foster 2003: 2ff.]. Das Kino war bemerkenswert erfolgreich bei der Etablierung von Whiteness als kulturelle Norm, selbst wenn es dadurch die, den binären Oppositionspaaren- wie männlich: weiblich, 'Weiß: Schwarz' und heterosexuell: homosexuell- innewohnende, Instabilität dem 'öffentlichen Blick' aussetzt. Es scheint fast so, als ob das Kino diese Kategorien durch die Definition von Körpern durch deren Zurschaustellung beibehalten könnte. Auch eine oberflächliche Betrachtung des gegenwärtigen Mainstream- Kinos gibt Aufschluss darüber, dass Hollywoods Filmwelt eine 'Weiße', heterosexuelle ist.
Ein gutes Beispiel für die inhärente Whiteness Hollywoods seit Anbeginn der Filmindustrie ist der Film Making an American Citizen (1912), in dem es um die Einbürgerung eines russischen Paares geht. Der Ehemann Ivan (Lee Beggs) ist durch seine Unzivilisiertheit und Opposition zur US-amerikanischen Männlichkeit gekennzeichnet [Vgl. Ebd.: 54ff.]. Seine (namenlose) Ehefrau muss lernen, was es heißt eine 'Weiße' US-Amerikanerin zu sein. Ivan wird während des gesamten Films gezwungen, die Leiter der US- amerikanischen Whiteness hinaufzusteigen: Zuerst verprügelt ihn ein Ire, um ihm beizubringen dass er seine Frau nicht schlagen darf, dann hält ihn ein Deutscher dazu an seiner Frau bei der Hausarbeit beizustehen. Schließlich wird Ivan von seinen Nachbarn, welche einem Ehestreit beiwohnen, angezeigt und folglich eingesperrt. Ivans Frau absorbiert die Rolle des 'Heimchens am Herd' deutlich schneller und 'erfolgreicher'; bald kann sie nicht mehr für sich selbst sprechen und muss durch die allgemeine 'Weiße' Männlichkeit (in Form der Nachbarn und der Polizei) verteidigt werden. Gegen Ende des Films wird Ivan durch die institutionalisierte 'Weiße' Männlichkeit, in Form der Polizei, von seiner Unzivilisiertheit 'geheilt'; er wird zum 'braven, US-amerikanischen Christen' und Ehemann.
"Weiße" Körperästhetik und Filmtechnologie
'To represent people is to represent bodies', erklärt Dyer [S. Dyer 1997: 14]. Die Körper und Körperausschnitte, die wir auf der Leinwand sehen, sind das Ergebnis einer bewussten Inszenierung: Mit Hilfe der filmischen Technologien- Licht, Kameraführung und Montage- werden Körper modelliert, positioniert, zerschnitten und wieder zusammengesetzt. Hollywoods Köperkonstrukte haben nur sehr indirekt etwas mit den SchauspielerInnenkörpern zu tun; sie sind mehr als schlichte Aufnahmen oder Repräsentationen vorhandener Körper, ihre scheinbare Natürlichkeit ist das Resultat einer elaborierten und kontrollierten Filmästhetik und -technologie. Durch das Zusammenwirken technischer, räumlich -physischer und psychosozialer Faktoren in der konkreten Rezeptionssituation werden im Kino Realitätseffekte, Illusionen von Räumlichkeit und visueller Kontinuität, erzeugt, und es wird darüber hinweg getäuscht, dass das Gesehene eine aus Einzelbildern zusammengefügte, diskontinuierliche und zweidimensionale Projektion ist.
Die Politik von Hollywoods Körperdarstellung ist heute nicht mehr explizit rassistisch, sondern manifestiert sich in naturalisierten Darstellungsmustern, deren 'rassische' Strukturen implizit und unauffällig sind. Hall unterscheidet zwischen overt racism und inferential racism medialer Repräsentationen und hält inferential racism für wesentlich wirksamer, da er auf scheinbar wertfreien Prämissen basiert. 'By inferential racism I mean those apparently naturalised representations of events and situations relating to race, whether 'factual' or 'fictual', which have racist premises and propositions inscribed in them as a set of unquestioned assumptions' [S. Hall 1990:13].
Körper im Hollywoodfilm differieren nicht nur durch ihre 'Hautfarben', sondern sind das Ergebnis einer Lichtästhetik, die Körper nach dem Grad ihrer Substanzlosigkeit unterscheidet. Diese Ästhetik der Substanzlosigkeit spielte schon in der frühen Portrait- Photographie eine entscheidende Rolle. Um die geistigen und charakterlichen Eigenschaften der aufzunehmenden Personen im Bild festzuhalten, wurden Gesichter durch eine leichte Unschärfe in ein weicheres Licht getaucht und harte Konturen diffundiert. Dieser Gegensatz zwischen Körperlichkeit einerseits und Körperlosigkeit andererseits spielt auch in der Ikonographie des Hollywoodfilms eine entscheidende Rolle und fungiert, wie in der Geschichte der Photographie, als Merkmal sozialer Differenz. Aber neben ihrer Bedeutung als 'ethnische' Kategorie bildet diese Ästhetik das weite und polyvalente Spektrum für die Repräsentation von Whiteness.
Hollywoods klassische Inszenierung von Whiteness lässt sich nach Foster folgendermaßen grob skizzieren. Während 'the white actors perform the central quest of the narrative, [and] their performances are marked by routine assumptions of white privilege and mistreatment of those who are forced to serve them, [...] the nonwhite other is included in the narrative to emphasize the bravery, intelligence, and effective heteroperformativity of the white female' [S. Foster 2003: 8f.].
Filmische Blackness
Morrison beschreibt geläufige linguistische Strategien, um die Bedeutung von 'Schwarz- Sein' zu fassen, welche ebenso auf filmische Texte zutreffen können. Darunter fallen die folgenden Strategien: '[...] [the] economy of stereotype, or the use of stereotypes; [...] displacement, which works to suggest much about a given character, delivers little, and counts on the readers complicity in the displacement; [...] metaphysical condensation, where a physical detail is presented as a universal trait; [...] fetishization, which works to delineate the civil/savage dichotomy [...] and the dehistoricization allegory, a story- telling strategy which leaves difficult or inconvenient history out of the text? [S. Morrison 1992: 67ff.].
Hall definiert Repräsentation als den Prozess durch den Mitglieder einer Kultur sowohl sprachliche als auch weitere Zeichensysteme dazu benutzen, Bedeutung zu produzieren. Repräsentationen sind ein unhintergehbarer Teil des Prozesses der soziokulturellen Konstruktion von Wirklichkeit, sie bilden ihn also nicht einfach nur ab [Vgl. Hepp 1990: 36].
'The aura surrounding the world 'entertainment' is important because it tends to lull critical faculties. This enables 'entertainment' to play a leading role in shaping attitudes and ideas, including political ones. The cinema does not exist in a sublime stat of innocence, untouched by the world; it also has a political content, whether conscious or unconscious, hidden or overt' [S. Barnouw 1978: 101].
Tischleder argumentiert, dass 'Schwarze' Körper, oder vielmehr die ästhetischen und narrativen Konstruktionen, die diese im Film repräsentieren, von Anfang an eine zentrale Rolle für die Identitätssuche und Selbstversicherung des 'Weißen' US- Amerika spielten [Vgl. Tischleder 2001: 111f.]. D.W. Griffiths Birth of a Nation (1915), im Hinblick auf seinen stilbildenden Einfluss und wegen seines eklatanten Rassismus ein master text US- amerikanischer Kinogeschichte, ist ein Paradebeispiel für Hollywoods symbolische Arbeitsteilung, nach der alles Unzivilisierte, Sexuelle, Anarchische und betont Körperliche mit einem blackface versehen wird, während das Bild der Nation in 'Weiß' gemalt wird.
Heimtückische Mulatten und lüsterne bucks, ihre dämonische Körperlichkeit, sind Ausdruck von Begehren und Ängsten des 'weißen' US- Amerika.
Die
Funktion von Blackness sei zweierlei:
- Sie ermöglicht es, dem 'Weißen' Subjekt seine Träume und Alpträume auf dem Terrain des Anderen zu beleben und
- Sie erlaubt die Zuschreibung, wie jede Projektion, die eigenen uneingestandenen Wünsche und Obsessionen zu verleugnen.
'Die offenkundigen Fiktionen des Weißen Selbst' können in den Bildern der Hollywoodfilme durch die Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts verfolgt werden. Diese Filme behandeln einen der kritischen Punkte der US- amerikanischen 'Rassenbeziehungen', die Ära des Bürgerkriegs und des Wiederaufbaus. Was in diesen Filmen zu finden ist, ist die Hartnäckigkeit mit der die Repräsentation des Ideals seines 'Weißen' US- amerikanischen Selbst, das als mächtig, tapfer, herzlich, liebenswürdig und großzügig, sprich als der ideale Führer, konstruiert wird. In diesen Filmen geht es weniger um 'Weiß' gegen 'Schwarz', sondern eher 'Weiß' gegen 'Weiß': Das wird beispielsweise in Birth of a Nation durch den Kampf der Süd- und Nordstaaten verdeutlicht; in Gone with the Wind (1939) durch den 'Vorkriegs-' Süden gegen den 'Nachbürgerkriegs-' Süden. Diese und ähnliche Filme erzielen am Ende eine Wiedervereinigung des gespaltenen 'Weißen' Selbst, durch eine Hochzeit oder eine Familienwiedersehensfeier. In jedem dieser Filme spielen 'Schwarze' eine untergeordnete Rolle, um gewisse Eigenschaften des 'Weißen' Selbst zu erhöhen.
Geänderte Verhältnisse?
Eine "normale", unauffällige Körperlichkeit, Mittelschichts- Merkmale, bilden immer häufiger Charakteristika und Setting von 'Nicht- Weißen' ProtagonistInnen, was nahe legt, dass die kontrastive Signifikanz von 'Hautfarben' im US- amerikanischen Film zunehmend aufweicht, so Tischleder.
Vera und Gordon hingegen verstehen beispielsweise die Anwendung der 'buddy-formula' als utopisches 'interrassisches' Konstrukt, das zwar durch männliche 'Schwarz-Weiße' Bündnisse gestärkt werden soll, in denen aber die Thematik der 'Rassendifferenz' totgeschwiegen wird [Vgl. Vera/Gordon 2003: 183]. Diese 'Farbenblindheit', oft als Mittel der 'political correctness' missverstanden, diene aber als Strategie zugunsten von Whiteness. Denn diese 'Blindheit' ist ein Privileg, das sich nur jene leisten können, die 'very secure in, and dysconscious of, their own racialized positions of whiteness and power' sind [S. Rains 1988: 93].
Die Science Fiction- Parodie Men in Black (1997) bringt jene weitere signifikante Verschiebung auf den Punkt, die Hollywood in den Neunzigern dominiert: Blackness ist nicht mehr erstrangig eine Markierung natürlich verstandener 'rassischer' Differenz. Was zählt sind vielmehr die gemeinsamen Merkmale: schwarze Anzüge, schwarze Sonnenbrillen, gigantische Schusswaffen, Coolness. Es ist eine von 'Rassenzugehörigkeit' fast unabhängige Ästhetik der "Schwarzen Männer", die Men in Black mit anderen Filmen teilt: Blues Brothers, Reservoir Dogs oder Pulp Fiction, so Tischleders Argumentation.
Tischleders sehr optimistischer Ansatz diese Veränderungen zu verstehen, lässt sich aber leicht widerlegen, denkt frau/man an die Funktion der 'Schwarzen' Masken in Birth of a Nation. All diese Symbole dienen möglicher Weise dazu, die eigenen 'Weißen' Phantasien in der Symbolik von Blackness auszuleben.
Ein weiterer Aspekt, der mit dieser 'Neutralisierung' der 'Hautfarben' in direktem Zusammenhang steht, ist die Körperinszenierung im Science- Fiction- Genre. Die erfolgreiche Alien- Reihe, Indipendence Day, The X- Files oder in persiflierender Weise Men in Black machen deutlich: Das körperlich Groteske, Dämonische, Primitive und Parasitäre wird in Hollywood in jüngerer Zeit verstärkt von außerirdischen Protagonisten präsentiert. Sie repräsentieren Qualitäten, die zuvor oftmals der Animalität und Triebhaftigkeit 'Nicht- Weißer' Anderer zugeschrieben wurden. Jedoch ist Vorsicht geboten, denn die Inszenierungen monströser Filmkörper sind weder im Hinblick auf 'Rasse' noch Geschlecht neutral.
In Men in Black geht die Hauptgefahr von einer gigantischen Schabe aus. Bemerkenswert ist hierbei, dass in den USA mexikanische EinwandererInnen häufig abfällig als 'Küchenschaben' bezeichnet werden, was den 'anti- einwanderungs'- Aspekt des Films verdeutlicht. Die MiB kontrollieren die neuen MigrantInnen aus Lateinamerika, indem sie die Spreu (nicht anpassungswillige MigratInnen, oder noch schlimmer: mögliche TerroristInnen) vom Weizen (anpassungsfähigen MigratInnen) trennen. Als die riesige Schabe versucht eine junge 'Weiße' Frau samt Mini- Universum zu entführen, wird das Gleichnis noch offensichtlicher, da Agent 'J' auf eine kleine Küchenschabe tritt um die Riesenschabe zu provozieren, und zu dieser (sinngemäß) meint: 'Oh, tut mir leid, war dass Deine Tante?...Ihr seht irgendwie alle gleich aus.' Durch diesen diskriminierenden Scherz 'qualifiziert' sich der 'Schwarze', Will Smith, als guter US- Bürger und setzt sich eine 'Weiße' Maske auf, indem er 'rassisch' Andere nicht nur ausschließt und als indifferent bezeichnet, sondern auch als nicht lebenswürdig präsentiert [Vgl. Vera/Gordon 2003: 181ff.].
Primärquelle: Rheindorf, Lena: Wer fürchtet sich vorm Weißen Mann? Eine Annäherung an Hollywoods Whiteness durch die Analyse der Inszenierungen des vermeintlich 'Anderen'. Diplomarbeit. Wien. 2006.