Quellenangabe:
Rashid Sbaai (vom 30.08.1999),
URL: http://no-racism.net/article/2047/,
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[30. Aug 1999]
Gestorben am 30. August 1999 in der Arrestzelle des Abschiebeknastes Büren/Stöckerbusch
Am 30. August 1999 starb der Marokkaner Rashid Sbaai 19jährig in einer Arrestzelle des Abschiebeknastes in Büren. Fassungslos und wütend reagierten nicht nur seine Angehörigen, auch seine Freunde und Mithäftlinge und viele andere Menschen auf den tragischen Tod. Die rassistischen und menschenfeindlichen Sondergesetze der BRD, die Ausländergesetze, die ihre Tradition der "Gefahrenabwehr" nicht verschweigen können, haben wieder einmal ihren barbarischen Charakter offenbart. Auch wenn die genauen Umstände des Todes wohl nie geklärt werden können (oder sollen?!), der Tod dieses jungen Menschen, der in der BRD Schutz und Zuflucht suchte und Hass und Tod fand, wird uns eine Mahnung sein. Der Kampf für eine bessere, eine menschenwürdige, eine Zukunft in Freiheit und Gleichheit wird auch in seinem Namen geführt werden.
Rashid war bereits 1997 in die BRD eingereist, sein Asylantrag wurde am 21. Januar 1998 abgelehnt. Zu diesem Zeitpunkt lebte er in einer Asylunterkunft in einem Industriegebiet in Beleke, nahe Warstein. Nachdem ihn die Staatsanwaltschaft eines Diebstahls beschuldigte, kam er in die Untersuchungshaft nach Iserlohn. Von dort aus wurde er am 9. März 1999 in die Abschiebehaftanstalt Büren verlegt. Bei seinen Mithäftlingen galt er als ruhiger Mensch. Am Freitag, den 27. August 1999 kam es bei einem Fußballspiel im Hof der JVA zu einem Foulspiel, an dem er beteiligt war. Anschließend kam es zu einer Rangelei zwischen vier Häftlingen. Ein Beamter wurde beim Versuch, den Streit zu schlichten, versehentlich geschlagen. Drei Tage später wurde Rashid nach einem Disziplinarverfahren zu einer Strafe von sieben Tagen Arrest verurteilt. Arrest bedeutet für die Häftlinge: totale Isolierung, d.h. Rashid standen sieben Tage in einer 8,5 qm großen Zelle bevor, sieben Tage 23 Stunden Einschluss ohne Fernsehen, Radio, Kontakt nach außen, Bücher, Zeitungen und persönliche Dinge.
Schon die "normalen" Zustände in der Haft werden von den Gefangenen als psychisch stark belastend wahrgenommen. In einem offenen Brief schreiben einige von ihnen: "Wir sind durch die Dauer der Abschiebungshaft, die Ungewissheit und die Angst davor, was uns in unseren Heimatländern erwartet, psychisch sehr stark belastet. Gleichzeitig fühlen wir eine große Hilflosigkeit in der Haft, weil wir uns häufig von den Behörden nicht verstanden oder falsch behandelt fühlen." Diese Ohnmacht führt zu einem "Gefühl von Ausweglosigkeit, (...) Leere, bis hin zu Wut." Fast sechs Monate lang war Rashid bereits inhaftiert.
Am 31. August 1999 legte Rashid Sbaai ein Feuer in der Zelle und erstickte qualvoll. Wie er ein Feuerzeug in den Haftraum einschmuggeln konnte, ist unklar. Außerdem ist bislang nicht geklärt, warum das Personal auf den ausgelösten Alarm von Rashid und eines Freundes aus der Nachbarzelle nicht bzw. erst (zu) spät reagierte. Der Tod hätte vielleicht so noch verhindert werden können.
Die Staatsanwaltschaft Paderborn hat am 01. Sep 2000 das Verfahren gegen die Beamten eingestellt. Viele Sachverhalte ließen sich nicht mehr klären. Teilweise kam dieses durch unzureichende und schlampige Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft zu Stande, teilweise verließ sich die Polizei und die Staatsanwaltschaft auf Ermittlungen von Bediensteten der JVA, ohne selber zu ermitteln. So ist "ein strafbares Verschulden Dritter am Tod des Rachid Sba[a]i [...] nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen." (Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 1.9.00).
Die Anstaltleitung hat nie ihr Bedauern über den Tod von Rashid ausgedrückt. Im Gegenteil, der Leiter der JVA, Peter Möller, verhöhnte den Toten indem er ihn als Kriminellen und das Feuer als "Zündelei" und "Trotzreaktion" auf die Strafe hinstellte. Die Stadt Paderborn, die im Besitz eines muslimischen Friedhof ist, verweigerte die Beerdigung auf ihrem Grundstück aus Kostengründen, ebenso die Stadt Büren. Rashid wurde schließlich in Warstein beigesetzt. Der behördliche und institutionelle Rassismus lief reibungslos weiter, als wäre nichts geschehen. Und das soll auch weiter so bleiben: Rashid soll möglichst schnell aus dem Gedächtnis der Menschen verschwinden und vergessen werden.
Wir werden jedoch nicht zulassen, dass Rashid vergessen wird, genauso wenig wie der Tod duzend anderer Flüchtlinge, sei es an den hochgerüsteten Grenzen Europas, sei es in den Abschiebknästen, während der Abschiebung oder anschließend in ihren Heimatländern! Aus diesem Grund wird jedes Jahr am 30. August vor dem Abschiebeknast in Büren eine Mahnwache für Rashid Sbaai stattfinden.
Quelle :: Büren-Gruppe Paderborn