Quellenangabe:
Eine Widerstandskämpferin ehren - einem antisemitischen Hetzprediger die Ehre verwehren (vom 12.04.2007),
URL: http://no-racism.net/article/2049/,
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[12. Apr 2007]
Das Stuwerkomitee möchte die Arnezhoferstraße im Wien Leopoldstadt in Selma Steinmetz Straße umbenennen. Aus diesem Grund findet am 20.4. ab 17.00 Uhr ein Straßenumbenennungsfest statt.
Johann Arnezhofer war im 17. Jahrhundert Pfarrer und Kommissär, zur Ordnung der Israelitischen Angelegenheiten. Er war ein antisemitischer Hassprediger und organisierte 1670 im Auftrag von Leopold I die Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Stadtviertel "Unteres Werd", wie die Leopoldstadt damals hieß. 1906 ließ dann der damalige antisemitische Wiener Bürgermeister Lueger die Straße nach Arnezhofer benennen.
Es ist eine Schande, dass heute, nachdem von den NationalsozialistInnen 200.000 Juden und Jüdinnen aus Wien vertrieben und mehr als 60.000 von ihnen ermordet wurden, immer noch ein Straßenname einem Vorläufer dieser unmenschlichen Politik Anerkennung zollt. Als deutliches Zeichen gegen alle Formen von Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit soll endlich die die Arnezhoferstraße umbenannt werden!
Das Stuwerkomitee schlägt die Umbenennung in Selma-Steinmetz-Straße vor. Selma Steinmetz wurde geboren 1907 in Wien als Tochter einer kleinen jüdischen Kaufmannsfamilie. Sie studierte Geschichte und Germanistik und wurde Lehrerin. Als jüdische Sozialdemokratin fand sie nach 1934 unter den Austrofaschisten keine Anstellung mehr und ging nach Paris, wo sie sich 1939 den kommunistischen Widerstandsgruppen österreichischer EmigrantInnen anschloß. Sie engagierte sich im "Travail Antiallemand", der "Antideutschen Arbeit" , die unter deutschen und österreichischen Soldaten Aufklärung über die Verbrechen des Nationalsozialismus betrieb. 1944 wurde sie von der Gestapo verhaftet, gefoltert, zum Glück aber von der französischen Resistance wieder befreit. Sie kehrte nach Wien zurück, wo sie wesentlich am Aufbau des DÖW (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands) beteiligt war. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1979 war sie engagiert bei der Erforschung und Aufklärung der Verbrechen des Nationalsozialismus. Sie war die erste, die über die Verfolgung von Roma und Sinti im Nationalsozialismus publizierte.
In den letzten Jahren gab von BewohnerInnen und KünstlerInnen, die im Stuwerviertel arbeiten, drei Anträge zur Umbenennung der Arnezhoferstrasse. Alle drei wurden jedoch von Gerhard Kubik, dem Bezirksvorsteher, und der Bezirkskulturkommission ohne Benennung von Gründen abgewiesen.
Straßennamen sind symbolische Zeichen unserer Gesellschaftsverhältnisse. Der öffentliche Raum als Raum, der uns allen gehört, wird zum Ort durch gelebte Symbiose aus unserer Erinnerung und konkreten materiellen „Dingen“. Insofern sind auch Straßennamen in vieler Hinsicht prägend für die Konstruktion von Gesellschaftsverhältnissen. So auch z.B. Straßennamen, die überwiegend männlich sind und dadurch nur die der Gesellschaft immanente und von sich selbst überzeugte Struktur widerspiegeln. Und so wird die weiblich geschriebene Geschichte ausgeblendet und unsichtbar. Das wollen wir ändern.
Das Stuwerkomitee ladet hiermit herzlich ein, am 20. April ab 17.00 Uhr bei einem Straßenfest über die Umbennung der Arnezhoferstraße zu
diskutieren. Musik gibt's vom Chor "Gegenstimmen" und den Trommlerinnen von "RambaSamba", Essen und Getränke an den Standln der Lokale aus dem Viertel. Alle Reden werden in 4 Sprachen übersetzt.
Dieser "Festakt zur Etablierung der temporären Verhüllung im öffentlichen Raum" ist eine Aktion im Rahmen der Kunst-Aktionstage Q202, die heuer bereits zum 4. Mal vom 20. - 22. April in den Bezirken Leopoldstadt und Brigittenau stattfinden.
Quelle: Stuwerkomitee