Quellenangabe:
Freie Kunst- und Kulturinitiative gegen antifaschistische Kunst (vom 24.04.2007),
URL: http://no-racism.net/article/2058/,
besucht am 22.12.2024
[24. Apr 2007]
Auf die symbolischen Verhüllung einer nach einem antisemitischen Hetzprediger benannten Straße in Wien Leopoldstadt folgte für die verantwortliche Künstlerin der Rauswurf aus der vermeintlich freien Kunst- und Kulturinitiative Q202.
"Politische Kunst, nein Danke und antifaschistische Kunst schon gar nicht", könnte das neu Motto der Kulturinitative Q202 und ihrem Organisator Hans Heisz werden. In etwa so reagierte selbiger, als er von dem im Rahmen von Q202 veranstalteten Straßenumbenennungsfest (siehe :: "Eine Widerstandskämpferin ehren - einem antisemitischen Hetzprediger die Ehre verwehren") erfuhr. Scheinbar fühlt sich Hans Heisz mit einem antisemitischen Hetzprediger stärker Verbunden als mit jenen, die sich mit künstlerischen Mitteln für eine Aufarbeitung der Geschichte einsetzen.
In diesem Zusammenhang wollen wir einen offenen Brief, den Tanja Boukal u.a. an die Q202-Liste richtete dokumentieren. Die einzige Reaktion von Q202 war ein maschinengeneriertes Mail. "Sie haben sich erfolgreich aus der Q202-Liste ausgetragen" stand dort zu lesen. Eine zweifellos interessante Antwort auf Zensurvorwürfe.
Ganz unten findet sich aus Dokumentationsgründen das ursprüngliche E-Mail von Hans Heisz, auf das sich der folgende offene Brief bezieht.
Liebe Q202Liste! Liebe Stuwerliste!
Nach einer wirklich gelungenen Aktion gestern erreichte mich heute das untenstehende Mail von Hans Heisz. Ich möchte dieses, sowie meine Stellungnahme dazu über die beiden betroffenen Listen veröffentlichen, da es - wie ich hoffe- für beide Listen von Interesse ist. Sollte diese Mail nicht über die Q202Liste gesendet werden, möchte ich Euch bitten, es an möglichst viele der teilnehmenden Q202-Ateliers weiterzuleiten.
Für mich stellt sich Q202 als offene Plattform und Präsentationsmöglichkeit für Kunst- und Kulturschaffende dar. Hans Heisz hat bei dem Vorbereitungstreffen im Sperlhof gesagt, er wünsche sich unkonventionelle, auch öffentliche, Kunst. Daher wollte ich bei dem Atelierrundgang - neben meiner Atelierausstellung - auch einen weiteren Teil meiner Tätigkeit präsentieren - die künstlerische Intervention. Die Aktion " Eatablierung einer temporären Verhüllung" wurde konzipiert. Gemeinsam mit Kunst- und Kulturschaffenden sowie Anrainern wurde kurzfristig eine Aktionsgruppe - das Stuwerkomitee - ins Leben gerufen. Wir wollen die Arnezhoferstraße, benannt nach dem Organisator eines Judenprogroms im 17. Jahrhundert in Selma-Steinmetz-Straße, eine Widerstandskämpferin, umbenennen. Dazu planten wir ein Fest sowie die Anbringen alternativer Straßenschilder. Näheres dazu unter http://www.boukal.at
Diese Initiative wird von Bewohnern und Kulturschaffenden des Stuwerviertels getragen, versteht sich als streng überparteilich und wird auch von keiner Partei finanziert. Da ich die Aktion als Teil des Atelierrundganges angemeldet habe, wurde in den Presseaussendungen sowie auf den Plakaten selbstverständlich - wie in den Aussendungen von Q202 gewünscht - auf Q202 hingewiesen.
Bereits im Vorfeld gab es Probleme mit Hans Heisz. ich wollte - wie das viele teilnehmende KünstlerInnen tun - die Veranstaltung über die Q202-Liste ankündigen. Darauf erhielt ich einen Anruf von Hans Heisz, der mir mitteilte, das ich den Text ändern müßte, sonst könne er das Mail nicht senden (!). Ich nahm daraufhin den Erklärungsteil aus dem Mail und beschränkte mich auf das Programm und eine 5-zeilige Erklärung, dass die Straßenumbenennung seit vielen Jahren ein Anliegen vieler Bewohner ist und bereits 3 Anträge in der Bezirksvertretung abgelehnt wurden. Das Mail wurde zensuriert und ohne den Satz "Alle drei wurden jedoch von Gerhard Kubik, dem Bezirksvorsteher, und der Bezirkskulturkommission ohne Benennung von Gründen abgewiesen." weitergeleitet.
Radio Orange wollte über die Aktion im Rahmen einer Sendung über Q202 berichten. Am Nachmittag erhielt ich einen Anruf des Moderators, dass ihn Hans Heisz gewarnt hätte, ich wolle nur politische Propaganda verbreiten und Q202 damit schaden.
Gestern fand das Fest gemeinsam mit Irma Schwager (Widerstandskämpferin) sowie diversen Beiträgen von Kunst- und Kulturschaffenden statt. Wir hatten über 300 Besucher und zahlreiche interessante Diskussionen.
Heute kam nun das untenstehende Mail und ich kann und will nicht darüber schweigen. Für mich stellt sich die Frage nach der Legitimation. Ist Kunst nicht per se schon Konfrontation? Konfrontation mit gesellschaftlichen Prozesses und Gegebenheiten? Erfüllt nicht künstlerischer Ausdruck an sich schon den Tatbestand der Konfrontation?
Wendet sich Kunst nicht ausschließlich an "dritte", oder dürfen nur eingetragene Mitglieder die Ausstellungen besuchen? Werden auch die Ausstellungen auf "politische Propaganda" untersucht? Kleben bald schwarze Balken auf meinen Werken, weil da Bush- und Rumsfeld-Zitate zu lesen sind?
Was soll das? Definiert eine Person höchstselbst, welche Kunst an Q202 teilnehmen darf? Definiert eine Person gar, was Kunst ist? Definiert eine Person, wer kritisiert, angesprochen und zur Auseinandersetzung aufgefordert werden darf? Warum wird eine Bezug zur Bezirksvorstehung wegzensuriert? Versteckt sich da etwea parteipolitische Einflussnahme? Oder schlägt hier die Angst um Subventionen durch?
Sorry Hans, deine Intervention gleitet ins Lächerliche ab. Was heißt "Stück für Stück erfahre ich, dass die Aktion von politischen Interessen stark überlagert ist - und von der Einvernahme dafür des Q202-Rundganges, ja sogar der Definition Q202 selbst"?
Natürlich ist das Anliegen politisch. Natürlich habe ich - und die anderen Beteiligten - ein Interesse an der Durchsetzung dieses Anliegens. Ist das ruchbar? Ist das Anliegen selbst nicht unterstützenswert? Was ist das Problem?
Niemand hat Q202 widerrechtlich "entführt". Die Aktion wurde angekündigt und ist im Rundgangprogramm aufgelistet. Wer bemächtigt sich da Q202 persönlich. Ich, die alle Informationen auf der Homepage offen stehen hat oder du, der einfach Einladungs-E-Mails zurückhält und zensuriert?
Ängstlichkeit und vorauseilender Gehorsam sind keine guten Ratgeber für KünstlerInnen. Kunst soll anecken (dürfen). Das sollte in Q202 diskutiert werden, das ist keine private Frage zwischen dir und mir, das geht alle teilnehmenden KünstlerInnen an. Es muss klar sein, welche Regeln gelten und wer diese Regeln macht. Eine Diskussion in einem Q202-Treffen zu diesem Thema wäre ein geeigneter Rahmen, um diese Fragen zu klären.
Kollegiale Grüße,
Tanja Boukal
Hallo Tanja Boukal,
Stück für Stück erfahre ich das diese Aktion von politischen Interessen stark überlagert ist - und von der Einvernahme dafür des Q202- Rundganges, ja sogar der Definition Q202 selbst.
Q202, damit meine ich die Arbeit der Gruppe die Q202 auf den Beinen hält, die aus freien Stücken, ohne Gewinn-, Politik- und Religionsinteressen agiert und dem Kulturschaffen dieses Bezirks gerade deswegen dienlich ist, weil sie in dieser Vielfalt Kommunikation und nicht Konfrontation anbietet.
Zur Klarstellung
1). "Q202 feiert......" - ja, aber was ausschließlich Q202 organisiert und das ist z.B. das Herbstfest (Bezug, euer Folder)
2). Auch tote dritte Personen sind dritte Personen, die im Q202 Verteiler nichts verloren haben, seien sie auch die bösesten der Welt. Beides sind üblicherweise rückfragelose Austragungsgründe.
Sollte dir an der Begegnung mit Q202 was liegen, ersuche ich dich, die in "Willkommen bei Q202" aus unserer Webseite angeführten Parameter auch nicht unter dem Mantel der Kunstaktion zu umgehen.
Zu einem Gespräch bin ich nach dem Rundgang gerne bereit.
Liebe Grüße
Hans Heisz
Proteste gegen das Vorgehen von Q202 bzw. Hans Heisz können (und sollen) an info (at) q202.at sowie hans.heisz (at) utanet.at gerichtet werden.