Quellenangabe:
Nazitube, BurschiVZ und FaschoFM? (vom 06.05.2007),
URL: http://no-racism.net/article/2075/,
besucht am 22.12.2024
[06. May 2007]
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage wie Youtube, StudiVZ, Myspace & Co mit rechtsextremen UserInnen und Inhalten umgehen.
Ein Gespenst namens "Web 2.0" geht um im World Wide Web. Die Interaktivität ist es, die das althergebrachte Web vom "Web 2.0" unterscheiden soll. Content produzierenden UserInnen stehen omnipräsente Kommentarfunktionen, Bewertungsmöglichkeiten und direkte Ansprechbarkeit anderer Personen zur Verfügung - und nebenher wird möglichst viel von sich selbst Preis gegeben. Das Private wird ins Öffentliche gezerrt, etwa durch Gruppendruck, doch auch endlich präsent zu sein. Der Umgang mit eigenen Daten, Vorlieben und dem Konsumverhalten ist sehr freizügig. Allerdings spielt sich diese Freizügigkeit in virtuellen Räumen ab, die auch von rechtsextreme Gruppen und Einzelpersonen genutzt werden.
Die deutsche StudentInnen-Plattform StudiVZ erfreut sich wegen der Möglichkeit sich mit anderen Studierenden nach Interessen zu vernetzen oder alte SchulfreundInnen aufzuspüren wachsender Beliebtheit. Doch auch Rechtsextreme nutzen StudiVZ als Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeit. Die Betreiber der Seite scheinen in diesem Zusammenhang mehr um ihren guten Ruf besorgt zu sein, als dass sie wirklich konkrete Schritte setzen möchten. Zu einer Stellungnahme war man uns gegenüber nicht bereit. Von den beanstandeten Gruppen wurde aber wenigstens die "Gruppe Deutsches Reich" gelöscht.
Neben virtuellen Nachbildungen realer deutschnationaler Burschenschaften, machen sich auch radikale AbtreibungsgegnerInnen im StudiVZ breit und sammeln sich unter dem Slogan "Gegen Abtreibung - Für das Recht auf Leben". Mit Gruppen wie "Deutschland in den Grenzen von 1914", der Gruppe der "Hitler-Lustigfinder" oder der "Gesichter mit Kerbe" scheinen die Betreiber kein Problem zu haben. Das ist nicht verwunderlich, bezeichnet sich StudiVZ-Gründer Ehssan Darianis in seinem Profil doch als "konservativer rebell", "volksnah" sowie als "non-pc-aktivist". Großeres mediales Aufsehen erregte er zuletzt durch den Erwerb der Internetadresse "voelkischer-beobachter.de", die er derzeit zum Verkauf anbietet.
Eine andere Dimension nimmt das Problem Rechtsextremismus bei der Videoplattform Youtube an. Einschlägige Suchabfragen beweisen, dass via Youtube nationalsozialistische Propagandafilme einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Sowohl Parteitagsfilme von NDP und NSDAP als auch Musikvideos von rechtsextremen Bands scheinen auf Youtube einen festen Platz - und was noch viel erschreckender ist - eine dankbare Fangemeinde zu haben.
Ganze Bereiche der Videoplattform müssen quasi als "national befreite Zone" bezeichnet werden. Dies geht nicht zuletzt aus den sehr positiven Kommentaren und Bewertungen der Videos hervor. Hitlers Anschluss-Rede auf dem Heldenplatz bekommt mit 5 Sternen die Höchstbewertung. Ein Horst Wessel gewidmeter Videoclip, schrammt nur knapp an der Bestwertung vorbei. "We do not control the content on our site", lautet die schlichte Stellungnahme eines Youtube-Pressesprechers zu den Unmengen an Nazi-Propagandamaterial (ganze Stellungnahme, siehe unten). Dafür seien nicht die BetreiberInnen, sondern die Community zuständig, heißt es weiter.
Die BetreiberInnen von Last.fm, einer auf Musik spezialisierten Plattform, sind scheinbar lange Zeit von der Annahme ausgegangen, dass Musik nicht politisch ist. Last.fm ermöglicht es am PC angehörte Musik in real time zu übertragen. Auf der Seite werden dann Charts, NachbarInnen mit ähnlichem Musikgeschmack und passende Konzerttermine generiert. Die Vernetzungsmöglichkeiten wurde von Neonazis und RechtsextremistInnen genutzt um Gruppen wie "RACISM", "Blood & Honour" oder "Proud to be White" zu gründen. Selbige konnten über einen langen Zeitraum unbehelligt existieren.
Durch Protest innerhalb der Plattform ist derzeit ein Einlenken zu beobachten. In den letzten Wochen wurden Gruppen mit besonders neonazistisch-rechtsextremen Zielsetzungen gelöscht. Auf unsere Anfrage, die auf die Problematik hinwies und nach Lösungsmöglichkeiten fragte, wurde jedoch nicht geantwortet.
Bei der derzeit sowohl an UserInnen als auch verfügbarer Musik umfangreichsten Plattform myspace.com wird recht rigoros und schnell gegen rechtsextreme Bands vorgegangen. Kleinere Rechtsrock- und NSBM-Bands sind vereinzelt zu finden - bekanntere Projekte werden schnell gelöscht. Allerdings sieht sich myspace zunehmend mit Kritik wegen seiner Löschpraxis konfrontiert, da ohne genaue Angabe von Gründen verschiedenste Seiten, etwa von politischen Bands aus dem queeren Umfeld, gelöscht wurden.
Die Möglichkeiten der Intervention und der Grad an Sensibilisierung der BetreiberInnen variieren von Plattform zu Plattform. In den meisten Projekten gibt es durchaus progressive NutzerInnen, die sich kritisch mit den Vorgängen beschäftigen. Es macht Sinn nicht einfach wegzuschauen, sondern seine Plattformen aktiv emanzipatorisch zu gestalten.
"Hi XXX -
Thanks for the email. Please attribute the following statement to a YouTube spokesperson (not me).
We do not comment on individual videos, but let me explain our policy to you. We do not control the content on our site. Our community polices the site and this has proven very effective. YouTube users flag content that is inappropriate and once it is flagged, YouTube promptly reviews the content and removes it from the system if it is in violation of our Terms of Use. Please see our community guidelines: http://www.youtube.com/t/community_guidelines for additional information.
Best, XXX Allison & Partners for YouTube"
Dieser Artikel erschien erstmals in "UNIQUE - Magazin der ÖH Uni Wien" (April 2007) und wurde von uns mit freundlicher Genehmigung der Autoren übernommen.