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Quellenangabe:
Rollend holen wir uns die Stadt! (vom 21.06.2007),
URL: http://no-racism.net/article/2162/, besucht am 08.10.2024

[21. Jun 2007]

Rollend holen wir uns die Stadt!

Folgender Bericht von der Critical Mass - Fahrraddemo am 15. Juni 2007 in Wien wurde no-racism.net mit der Bitte um Veröffentlichung zugeschickt.

Jeden dritten Freitag im Monat heisst es in Wien Critical Mass: Reclaim the Streets! Das heisst sich auf den Straßen aufführen - den Raum einnehmen, um sie den Auspuffbüchsen weg zu nehmen - rollend auf Rädern Platz machen für eine kritische Masse jenseits des Alltags.

Am 15.06.07 war wieder ein dritter Freitag im Monat. An diesen Tagen trifft sich RebellIn, um auf Probleme der Fortbewegung aufmerksam zu machen. Es gilt gar, gesamtgesellschaftliche Probleme namentlich den Kapitalismus mit seiner Unfähigkeit ins Visier zu nehmen. Critical Mass, nur auf einen Fahrrad-Spaziergang zu reduzieren, versteht nicht das Ausmaß seiner Möglichkeit, versteht nicht jenen Willen der Revolution (genauer der Velorution), von dem es getrieben ist.

16:30 Uhr: erste BikerInnen versammeln sich am Magaretenplatz nähe Pilgramgasse, die Kleider werden ausgezogen, Fahrrad- und Anarchiesymbole auf die nackte Haut gemalen, das Soundsystem bike wird gepimpt.

17:30 Uhr: Es klingeln die Glocken. Nein, ausnahmsweise nicht von der Kirche. Es sind die Räder der Hoffnung, die laufen heiß, um Dampf abzulassen. Auf die Straße und los! Beamte der Staatssicherheit, die ihre Aufgabe als Überflüssige ernst nehmen, herumstänkern, von wegen es wäre unsittlich, sich in der Öffentlichkeit nackt zu präsentieren, werden rechts stehen gelassen. Stehend sehen sie zu, wie Hunderte Felgen auf Gummi, in Kraft gesetzt von der puren Natur des Menschen, beschallt von rhythmischen Klängen der Rebellion, sich davon machen, um die Blechbüchsen zu vertreiben, um Kritik an den herrschenden Zuständen zu äußern. Die Route bestimmt sich von selbst. Wie ein Schwarm von Fischen im Ozean, wie eine Schar von Vögeln am Himmel, bestimmt sich der Weg in der höchsten Form der Ordnung: dem Chaos.

Natürlich zieht es das Chaos zu seiner Negation - zur sich als Zentrale der Macht verkündetem Ort, zum Parlament. Auf der Rampe dessen, werden die Fahrräder als Zeichen des Aufstandes zur Sonne gestreckt.

In diesem Stil geht es weiter. Drei Begleitbullen tun sich schwer, trotz motorisiertem Untersatz, dem Ganzen zu folgen. Straßen werden von voreilenden BikerInnen abgesperrt, indem sie sich quer vor den Autoverkehr stellen, einen komplikationslosen Fluss der kritischen Masse ermöglichen. Damit ergibt sich nur eine Ampelfarbe: so oder so: wir reiten die grüne Welle. Die TeilnehmerInnen waren jedenfalls weniger grün. Sogar der berühmt berüchtigte, seit Rostock wieder neu entflammte Black Block war präsent.

Beim Campus angekommen, gibt es eine kurze Pause, bei der die Anliegen der Gruppe "Freiraum" zum Gehör kommen. Diese wollen mit einer Party ihre Forderungen, nach einem herrschafts-/konsumfreien Raum nochmals Nachdruck verleihen. Wie ihre Veranstaltung ausgegangen ist, mag vielleicht wer anderes berichten.

Zurück zur Fahrraddemo: Diese düst flyer-verteilend durch die City, in Richtung Donauinsel. Zweimal rund um den Praterkreisverkehr macht schwindlig und bringt Spass. Die Reichsbrücke wird kurzfristig besetzt. Erneut steigen Fahrräder empor, werden hoch in die Lüfte gehoben. Auf der Donauinsel angekommen zeigte sich die
anhaltende Solidarität der PassantInnen während der ganzen Fahrraddemo erneut, als eine Gruppe Badefreudiger kreischend uns empfängt.

Das war es von uns. Bis zum nächsten Mal, wenn es wieder heisst: Die Straße gehört uns - nieder mit den Bösen! Vive Velorution!