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Quellenangabe:
Denkmalschändung in Villach (vom 01.08.2007),
URL: http://no-racism.net/article/2224/, besucht am 18.04.2024

[01. Aug 2007]

Denkmalschändung in Villach

Das Denkmal der Namen in der Widmanngasse in Villach ist wiederum von unbekannten TäterInnen geschändet worden.

Es ist das Monument gegenüber dem Stadtmuseum, auf dem jene Menschen dieser Stadt - Frauen, Männer und Kinder - vermerkt sind, die vom nationalsozialistischen Terrorregime ermordet wurden.

Seit der Eröffnung um Jahre 1999 ist das Denkmal schon mehrmals verwüstet worden. Allein im Monat Juli 2007 ist es dreimal geschändet worden. Dabei wurden insgesamt sieben Glastafeln, auf denen jeweils vier Namen eingeätzt sind, zertrümmert. Der materielle Schaden beträgt ungefähr 1200,- Euro. Die Polizei kann bis heute keine Fahndungserfolge vorweisen.

Anscheinend gibt es in Villach eine Anzahl von Menschen, die dieses Denkmal - die Erinnerung an die Nazi-Verbrechen - nicht ertragen können. Was soll sonst ihre Motivation sein?

Auf diesem Denkmal stehen die Namen und Lebensdaten von Menschen, die in unserer Stadt gelebt haben und die aus den verschiedensten Gründen von den Nazis verfolgt und ermordet wurden: Jüdinnen, Juden und Sinti
aus rassistischen Gründen, Zeugen Jehovas wegen ihrer religiösen Überzeugung, behinderte Menschen, weil sie den "gesunden Volkskörper" schädigten, Slowenen, weil die Nazis das Land "Deutsch" machen wollten, Menschen die im Gasthaus nach einem Bier die große Lippe riskierten wie der Villacher Josef Erian, Zwangsarbeiter, die es wagten die Arbeit zu verweigern, wie der Pole Lew Demianczuk, der auf dem Gutshof Kaufmann in St. Ruprecht eingesetzt war, und Menschen, die aus politischer Überzeugung bewusst Widerstand leisteten und sei es auch nur, dass sie einem russischen Zwangsarbeiter ein Stück Brot gaben, wie Josefine Kofler aus Villach-Lind, oder dass sie den polnischen Zwangsarbeitern die Teilnahme an der Messe gestatteten, wie der Pfarrer Anton Koperek aus der Kreuzen.

Für fast alle diese Menschen gibt es nirgendwo sonst ein Zeichen der Erinnerung. Deshalb hat das Denkmal der Namen für die Angehörigen auch den Charakter eines Grabes. Wir entschieden uns damals bei der Errichtung des Denkmals ganz bewusst für Namen statt allgemeiner Gedenkformeln, denn einer der ersten Schritte zur Erniedrigung und Entmenschlichung der Häftlinge bestand im Raub ihrer Namen und in der Vergabe von Nummern, die in den Unterarm eintätowiert wurden. Diese Nummern mussten die Häftlinge in den ersten Tagen auswendig lernen und auf Anhieb sagen können; sonst gab es Prügel, Folter oder Totschlag.

Die Rückgabe des Namens erschien uns als wichtiger Schritt zur Wiederherstellung von menschlicher Würde und Identität. Dieses Denkmal und alle Namen, die auf ihm eingraviert sind, geben dieser Stadt ein Stück Würde und Menschlichkeit zurück - zwei Eigenschaften, die Villach in den Jahren 1938 bis 1945 so gnadenlos vermissen ließ.

Wir dürfen es nicht zulassen, dass diese Namen ein zweites Mal
ausgelöscht werden!

Wie jedes Jahr werden wir auch heuer am 25. Oktober, einen Tag vor
dem Nationalfeiertag, beim Denkmal zusammenkommen und dieser Menschen gedenken. Die zerschlagenen Glastafeln werden wir ersetzen und acht neue Namen werden wir hinzufügen, so dass dann 132 Namen auf dem Mahnmal vermerkt sein werden.

Dieser Text wurde im Juli 2007 von Hans Haider, dem Obmann des Vereins "Erinnern" verfasst.