Quellenangabe:
Das ist unser (deutsches?) Haus! (vom 26.10.2007),
URL: http://no-racism.net/article/2318/,
besucht am 21.11.2024
[26. Oct 2007]
Punks besetzten im September ein in Restitution befindliches Gebäude in Wien. Das Haus wurde 1938 durch die Nazis enteignet und seitdem als Arbeitsamt genutzt.
Im Jahr 1938 wurden Flora und Heinrich S. von den Nazis zum Verkauf ihres Hauses in der Weihburggasse 30 gezwungen. Der "Kaufpreis" war mit mit 250.000 Reichsmark sehr niedrig und wurde auch nur zum Teil ausbezahlt. Als Käufer trat das Deutsche Reich, genau genommen die "Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, Berlin" auf. Wie in vielen Fällen, gab es auch hier nach 1945 eine ungebrochene Kontinuität. Das Gebäude blieb im Besitz des Arbeitsamtes, nur eben jetzt nicht mehr des reichsdeutschen, sondern des österreichischen, das später in "Arbeitsmarktservice" (AMS) umbenannt wurde. Statt eine Rückerstattung des Gebäudes voran zu treiben, entschied sich die Republik Österreich 1957 dazu, Heinrich und Flora S. 618.000 Schilling (was etwa 10 Prozent des damaligen Marktwerts entsprach) auszuzahlen und das Verfahren damit für beendet zu erklären.
Erst im November 2003 entschied die Schiedsinstanz beim Allgemeinen Entschädigungsfonds, dass das Objekt in der Weihburggasse 30 seinen rechtmäßigen BesitzerInnen zurückzugeben ist. Damit wurde erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik einem Antrag auf Naturalrestitution entsprochen.
In den letzten Jahren wurde das Gebäude mehrmals - wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen - von linken AktivistInnen besetzt. Im April 2004 fand aufgrund geplanter Schlechterstellungen arbeitsloser KünstlerInnen eine symbolische Besetzung statt, die sich gegen das im Haus befindliche AMS richtete. Die BesetzerInnen stellten im Unterschied zu den AkteurInnen späterer Aktionen keinen Anspruch darauf, das Projekt bewohnen zu dürfen.
Das änderte sich im Mai 2005, als das Gebäude abermals besetzt wurde. Ausgangspunkt war eine Demonstration unter dem Motto "Eat the rich!", die im Umfeld des autonom/anarchistischen "Wiener Kongress" stattfand. Die BesetzerInnen forderten Verhandlungen mit AMS und Stadt Wien bezüglich des Objekts. Noch am gleichen Tag räumte die Polizei das Haus.
Zu einer weiteren Besetzung des Objekts durch linke AktivistInnen, kam es am am 19. September 2007 durch die "Initiative Pankahyttn". "Wir fordern ein Haus im Gemeindeigentum, in dem wir nach unseren Vorstellungen leben können", hieß es damals in einer Stellungnahme der BesetzerInnen und deshalb habe man dieses "schon seit Jahren leer stehende Haus friedlich und gewaltlos" besetzt.
Um was für ein Haus es sich dabei handelt, wurde in der Stellungnahme mit keinem Wort erwähnt. Allerdings ist davon auszugehen, dass zumindest einigen Beteiligten durchaus klar war, was sie taten. Denn es gab personelle Überscheidungen mit der Besetzung im Mai 2005, die - wenn auch nicht öffentlich - schon damals in der Szene kritisiert wurde.
Dass es sich bei Antisemitismus um kein ausschließlich rechtes Phänomen handelt, ist nichts Neues. Ebenso wenig, das jene Linken, die mit diesbezüglicher Kritik konfrontiert werden, entweder mit Abwehr oder mit vielsagendem Schweigen reagieren. So war man auch seitens der "Initiative Pankahyttn" trotz mehrmaliger Anfragen zu keiner Stellungnahme bereit.
Dieser Artikel erschien im Oktober 2006 in "UNIQUE - Magazin der ÖH Uni Wien".