Quellenangabe:
Griechenland: Flüchtlinge, Misshandlungen und Rechtlosigkeit (vom 10.11.2007),
URL: http://no-racism.net/article/2345/,
besucht am 24.11.2024
[10. Nov 2007]
Zurückweisung von Flüchtlingen auf See, systematische Misshandlungen und unmenschliche Haftbedingungen - PRO ASYL und griechische AnwältInnenvereinigung dokumentieren schwere Menschenrechtsverletzungen in Griechenland.
Am Montag, den 29. Oktober 2007 wurde in Brüssel eine ausführliche Dokumentation unter dem Titel "The truth may be bitter, but it must be told" der Öffentlichkeit vorgestellt (Presseerklärung von Pro Asyl weiter unten). Der Bericht löste eine heftige Debatte im Parlament und in den griechischen Medien aus.
Am 06. Nov 2007 berichtete Pro Asyl in einer :: weiteren Pressererklärung, dass die griechische Regierung die Vorwürfe nun schonungslos aufklären wolle. Doch die Misshandlungen gehen weiter, wie die Vorfälle am Morgen des 08. Nov 2007 im Hafen von Patras zeigen:
Ein 14 jähriger Flüchtling aus Afghansitan hatte sich in den frühen Morgenstunden des 08. Nov 2007 unter einem LKW versteckt, um so heimlich mit dem Schiff nach Italien einzureisen. Während einer Routinekontrolle der Hafenpolizei entdeckte ein Beamter in Uniform den Jungen und stach mehrmals mit dem Messer auf seinen Körper ein. (siehe :: Polizeigewalt im Hafen von Patras)
Griechenland: Flüchtlinge werden Opfer von Misshandlungen und Rechtlosigkeit
PRO ASYL und griechische Rechtsanwaltsvereinigung dokumentieren systematische Menschenrechtsverletzungen in der Ägäis. PRO ASYL fordert EU zur Reaktion auf.
Bei zwei Recherchemissionen im Juli/August und im Oktober 2007 haben Vertreter von PRO ASYL und der griechischen Vereinigung der Rechtsanwälte für die Verteidigung der Menschenrechte von Flüchtlingen und Migranten die Situation an der EU-Außengrenze in der Ägäis untersucht. Der Schwerpunkt der Recherche lag beim Umgang griechischer Behörden mit Flüchtlingen vor und auf den ostägäischen Inseln Lesbos, Chios und Samos. Die Rechercheure sprachen mit mehr als 100 Flüchtlingen, Vertretern der griechischen Küstenwache und der Behörden.
Das Ergebnis der Recherche ist höchst schockierend. Systematische Menschenrechtsverletzungen finden statt:
"Mit unserem Schlauchboot hatten wir fast die vor uns liegende griechische Insel Lesbos erreicht. Plötzlich tauchte ein Boot der griechischen Küstenwache auf. Die Beamten schlugen uns. Dann fuhren sie mit uns zurück auf das offene Meer. Wir mussten unsere Gürtel und Schuhe ausziehen und wurden ohne Wasser und Nahrung auf einer unbewohnten Insel ausgesetzt.(...)"
"Die griechische Küstenwache zwang uns auf hoher See, wieder in unsere Schlauchboote zu steigen. Vorher machten sie mit Messern kleine Löcher hinein. Jede Gruppe bekam nur ein Paddel ausgehändigt. Unsere Schuhe wurden einfach ins Meer geworfen. Es war sehr schwer für uns, mit den beschädigten Booten und nur einem Paddel an die Küste zurückzukommen.(...)"[/i]
"Wir waren eine Gruppe von 22 Leuten. Die griechische Küstenwache kam, als wir mitten auf dem Meer waren.(...) Dann haben sie uns rausgezogen und schon ging es los mit den Schlägen und Schüssen ... mich haben sie zusammengeschlagen, dabei ist eine Rippe gebrochen. Wir mussten uns flach hinlegen, dann sind sie auf uns draufgestiegen. Das ist alles auf dem Schiff der Küstenwache passiert.(...)"[/i]
"Sie haben unser Schlauchboot gestoppt und uns an Bord genommen. Sofort begannen sie uns zu schlagen. Sie haben mir das Handy weggenommen und mir in den Mund geschaut, sogar in intime Körperöffnungen. Alles Geld, was ich bei mir hatte, wurde mir abgenommen. Vor meinen Augen wurde das Heilige Buch (Anmerkung: Der Koran) ins Meer geworfen. Dann fuhren sie mit uns in Richtung Türkei und setzten uns auf einer Insel ab.(...)"[/i]
"Ich war bereits in Mitilini , drei Stunden lang. Dann kamen andere Polizisten. Ich musste dann in ein Auto einsteigen und wir fuhren los, durch die Berge bis zu einer anderen Küste. Von dort aus wurde ich mit einem kleinen Boot wieder in die Türkei gebracht."[/i]
Chios: Folter bei der Vernehmung
"Ich musste niederknien. Ein Polizist stand hinter mir und zwei standen vor mir. Der hinter mir schlug mir gezielt und fest mit einem Stock von oben herunter auf den Kopf. Er schlug mir mit dem Ende des Stockes immer wieder auf den Scheitel (Anmerkung: Stock im 90 Grad Winkel). Ich versuchte, mich mit meinen Armen zu schützen. Er schlug mir auf die Arme. Ich versuchte, hinter mich zu schauen und er schlug weiter auf mich ein. Die zwei Polizisten, die vor mir standen, trugen Waffen und sie zeigten sie mir demonstrativ, während ich misshandelt wurde. Sie schauten mich sehr ernst an. Sie sagten zu mir: 'Wir werden dich töten.' Ihr Gesichtsausdruck war erschreckend. Ich war völlig verängstigt. Ein anderer Polizist , ein Dicker , kam und sagte mir ins Ohr: 'Sag die Wahrheit. Diese beiden Polizisten sind sehr gefährlich. Sie werden dich töten.' (...) Dann wurde ein mit Wasser gefüllter Plastikeimer gebracht. Ich kniete die ganze Zeit. 'Siehst du das Wasser?' Meine Arme wurden von einem Polizisten hinter meinem Rücken zusammengepresst. Der andere drückte meinen Kopf mit einem Nackengriff nach unten ins Wasser. Ich konnte nicht mehr atmen. Ich wurde erst nach einiger Zeit hochgezogen. 'Weißt du nun die Farbe und den Namen des Schiffes?' , Ich sagte: 'Nein'. Er schlug mir zweimal ins Gesicht. Der Polizist hinter mir griff erneut nach meinen Armen. Ich wollte noch einmal tief Luft holen. Der Polizist vor mir fragte: 'Erinnerst du dich jetzt, oder nicht?' , Ich verneinte erneut. Und sofort packte er meinen Kopf und drückte ihn wieder in den Wassereimer. Ich hatte Todesangst. Ich dachte, dass ich das nicht überleben werde. Als ich wieder hoch kam, fragte mich der Polizist wieder: 'Du erinnerst dich also nicht?' , Ich wiederholte: 'Nein'. Er drückte mich noch einmal in den Wassereimer. Der Polizist holte dann eine Plastiktüte und zog sie mir über den Kopf. Er presste diese Tüte mit einer Hand um meinen Hals zusammen. Ich konnte nicht mehr atmen. Diese Prozedur mit der Plastiktüte haben sie mit mir dreimal gemacht , und immer stellten sie mir die gleichen Fragen. Ein Polizist machte dann ein Zeichen mit der Hand: Es ist genug."
Quelle :: proasyl.de, 29. Okt 2007