Quellenangabe:
Anna und Arthur - eine wahre Geschichte (vom 27.01.2003),
URL: http://no-racism.net/article/246/,
besucht am 21.11.2024
[27. Jan 2003]
Da es bei der letztjährigen Opernballdemo mehrere Verhaftete gab - laut offizielle Angaben waren davon 42 Personen betroffen - hier ein kleiner Beitrag, der dazu anregen sollte sich ein wenig mit dem Thema Aussageverweigerung auseinanderzusetzen.
Etwas das letztes Jahr bei den meisten der Verhafteten wohl überhaupt nicht geklappt haben dürfte, uns alle aber betreffen sollte. Denn Aussageverweigerung ist unser aller Recht, von dem wir auch nach Möglichkeit gebrauch machen sollten. Dient sie doch einerseits dem juristischen Selbstschutz genauso wie andererseits der Verteidigung unserer politischer Strukturen.
Im folgenden also eine im grossen und ganzen wahre Geschichte in mehreren Akten, Rückblende und Moral.
Erster Akt
Anna und Arthur wohnen in einem politisch eher verschlafenen StÀdtchen. Doch auch dieses StÀdtchen hat seine Wirtschaftsbosse, seine faschistoiden PolitikerInnen, seine Militärs und selbstverständlich sind Anna und Arthur jederzeit bereit, gegen dieses Pack etwas zu unternehmen.
So waren sie sofort zur Stelle, als das Gesindel eines schönen Tages eine Party machen wollte, ein Grossveranstaltung die auch noch ganz gross und protzig im Fernsehn übertragen werden sollte. Anna, Arthur, Ayse und Agnes, Archibald und Andrea, sowie eine Menge Freundinnen und Freunde wollten sich das aber nicht bieten lassen. "Erst schmeissen sie Bomben und prügeln uns jeden Tag nieder und dann tanzen sie da blöd vor den Kameras rum", dachtren sie sich und standen daher pünktlich zu Beginn des Balles sTürend auf der Strasse herum und und zeigten den eintrudelnden Gästen und GÀstinnen die Zuge. Erst der geballten Gewalt des Staates in Form einer Horde ungehobelter Hooligans in Uniform mussten sie weichen.
Vorher waren sie noch schnell aufgefordert worden, eine Versammlungsleitung zu benennen; der Chef der anwesenden Staatsgewalt wandte sich zu diesem Zwecke an den ältesten der Runde, das war der Ali. Ali wies zwar alle Zuständigkeit von sich, schließlich war er ja auch nur zufÀllig vorbeigekommen, aber trotzdem, seitdem fungierte der Ali in den Hirnen der Staatsgewalt als `Versammlungsleiter". Schnell waren zahlreiche Personalien aufgenommen - und das war das fürs Erste...
Zweiter Akt
Ein wenig später bekommt Arthur eine Vorladung zu den ausführenden Organen der Staatsgewalt (Polizei). Er hätte wen beleidigt, hesst es. Arthur kennt zwar den Zettel von der Rechtshilfe wo drin steht, einfachen polizeilichen Vorladungen braucht mensch nicht Folge zu leisten, doch er fragt noch mal rum. Aber auch Anna meint gleich: "Da brauchst ja nicht hingehen, steht auch im Rechtshilfe-Manual. Gehste eh nicht hin, oder?" "Àhh," meint Arthur "Ja, ich denk mal nich." Na, dann ist ja alles klar, denkt Anna. Hat Anna sich gedacht.
Dritter Akt
Alle Beteiligten an der Demo haben nun nach Monaten ein Verfahren wegen NÃŒtigung am Hals. Alle Verfahren werden eingestellt. (Die Kameras der StapozistInnen war damals anderweitig im Einsatz, und so waren die Herren und Frauen PolizistInnen nicht in der Lage, genau anzugeben, wer denn nun wohl vor welcher Eingangstüre oder überhaupt da gestanden hat - nötigenderweise).
Tja, aber da blieb doch noch einer, dem schon immer mal ein kleiner DÀmpfer gegeben werden sollte: Ali, der von Staatsgewaltens Gnaden ernannte und im Protokoll vermerkte `Versammlungsleiter": "Nun ham wir ihn! Vorladen!"
Vierter Akt
Ali wird vorgeladen, gerichtlich, da muss er wohl hin. "Ich war gar nicht Versammlungsleiter", sagt er dann dort. "Was Sie nicht sagen", sagt die zuständige Richterin. "Steht aber hier im Protokoll: Versammlungsleiter einer nicht angemeldeten Kundgebung zum Zwecke einer NÃŒtigung. Kann ich somit wohl beweisen, denn ein Protokoll ist Beweis genug. Was sagen sie dazu?!" "Kann gar nicht sein, und überhaupt, das war eine spontane Versammlung!" sagt der Ali. Aber: "Das wissen sie genau?" fragt die Richterin. "Ganz genau weiss ich das," sagt der Ali.
"Und warum?" fragt da die Richterin. "Warum haben wir da eine Aussage, dass dazu auch aufgerufen wurde? Und zwar Tage vorher? Also kommen sie uns nicht mit spontan!"
Scheisse, da ist Ali der Angeschissene.
Eine Rückblende
Arthur war sich unschlüssig: Anna hat zwar sicher recht und so, aber trotzdem, kann doch eigentlich gar nix schaden, hinzugehen, und wer weiss, was sonst noch daraus wird, ist sicher nicht so schlimm, ich sag ja schon nix, ich werd nur mal so gucken, was die wirklich von mir wollen, vielleicht verplappern die sich ja auch und ich kann was weitersagen, und dann, ist doch nix Wichtiges eigentlich, und trotzdem, bevor noch was nachkommt und dann wird"s wohlmöglich dicke enden. Ach ich geh einfach mal hin und fertig.
Sechster Akt
Ali hat ein Verfahren, das steuert auf eine Verurteilung zu. Er erzählt etwas von einer ominÃŒsen Aussage von wegen einem Aushang wo die Demo drauf angekündigt war. "Weiss wer was davon?" Oh, denkt Anna, oh - oh. Sie geht zu Arthur: "Hey, Warste nun bei den Kieberern oder nich?!" "Doch", antwortet Arthur frühlich. "War gar nicht schlimm. Die haben mich nur gefragt, ob ich den Dings beleidigt habe, der hatte nämlich Anzeige gegen mich erstattet, wegen Beleidigung. Aber ich hab gesagt, den Dings kenn ich gar nicht, konnte ihn deshalb gar nicht beleidigen, und damit war das dann geklärt. Die haben dann nur noch gefragt, wieso ich überhaupt da war, da hab ich gesagt, wegen einem Plakat im Beisel. Sonst wollten die gar nichts weiter. Da konnte ich gleich wieder gehen."
Volltrottel, du Volltrottel, dass die Männer immer denken, sie wÃŒssten alles besser - Volltrottel blöder, denkt Anna. Und dann sagt sie ihm das auch. Und was denn damit wäre: mit Anna und Arthur halten das Maul, und weder Aussagen noch Unterschriften geben, und überhaupt. "Alles schon tausendmal gelesen und noch immer nix kapiert, nicht?!" Und: Was ihm einfiele, und dass er sich schon mal Gedanken machen solle, wie er das Geld für das Verfahren gegen Ali zusammenbekommen könnte. Und noch so einiges hatte Anna dem Artur zu sagen. Wir können nur hoffen, dass er mal gut zuhört - diesmal.
Und die Moral von der Geschicht: So was kommt von so was und nur nix sagen ist gut.
ANNA UND ARTHUR HALTEN"S MAUL - wenigstens ab jetzt?!
Diese wahre Geschichte (Namen + unwesentliches leicht geändert) hat sich tatsächlich so zugetragen und wurde von der Anna erzählt mit der Bitte, sie doch zur Erbauung und Belehrung eines geneigten Publikums zu veröffentlichen.
Dieser Text wurde zuerst auf at.indymedia.org veröffentlicht.