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Quellenangabe:
Österreichischer Rassismusbericht 2007 erschienen (vom 25.03.2008),
URL: http://no-racism.net/article/2487/, besucht am 26.04.2024

[25. Mar 2008]

Österreichischer Rassismusbericht 2007 erschienen

831 rassistisch motivierte Ereignisse wurden 2007 dokumentiert: Weniger Zivilcourage, mehr Angriffe auf Kinder, Erfolg bei diskriminierenden Inseraten

Bei der Anti-Rassismus-Initiative ZARA sind im vergangenen Jahr 831 rassistische Vorkommnisse gemeldet und dokumentiert worden. Das sind deutlich weniger als 2006 mit 1.504 Fällen.
Auch wenn die Anti-Rassismus-Initiative ZARA 2007 damit um fast 700 rassistischen Vorfällen weniger als 2006 gezählt hat: Diskriminierungen wegen der Hautfarbe stehen in Österreich dennoch an der Tagesordnung. In der achten Auflage des Jahresberichts fällt vor allem auf, dass vermehrt afro-österreichische Kinder Zielscheibe von Angriffen werden, so ZARA-Geschäftsführerin Barbara Liegl bei der Präsentation des Reports.

Nur ein Teil der Realität


Der Rassismus Report ist seit nunmehr acht Jahren die einzige jährlich erscheinende qualitative Datenquelle über Struktur und Ausmaß von Rassismus in Österreich. Er zeigt, wie und in welchem Ausmaß sich rassistische Diskriminierung durch alle Lebenslagen zieht: Im Alltag, bei der Arbeit, bei der Wohnungssuche usw. Ebenso belegt er, dass rassistische Übergriffe in Österreich keine Einzelfälle darstellen, sondern dass Rassismus Tradition und Struktur hat.

Allerdings zeigt er nur einen Teil der Realität in Österreich. Wie immer machten die AutorInnen des Rassismusberichts darauf aufmerksam, dass der Report keinerlei Aussagen darüber tätigen könne, ob Rassismus in Österreich zu- oder abgenommen habe. Liegl: "Viele rassistische Vorfälle bleiben uns vollkommen verborgen." Zara-Obmann Dieter Schindlauer gab zu, dass die Rolle seiner Organisation durchaus problematisch sei. Man wolle keine Feigenblattfunktion erfüllen und "Buchhalter des Rassismus" sein - in der Art: "Zara kümmert sich eh darum." Für ein "ernsthaftes Monitoring" würde ein ganzes Netzwerk von staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen gebraucht werden. Durch das Aufzeigen von Einzelfällen wolle man aber nach wie vor ein Abnehmen des Rassismus in Österreich bewirken.

Ein Vorteil, der sich durch die Struktur von ZARA ergebe, sei, dass wesentlich breiter dokumentiert werden kann, so Liegl. Sie spricht von Fällen, die gesetzlich nicht eingestuft seien. Die ZARA-Verantwortlichen wünschen sich von den politischen Entscheidungsträgern, den alljährlichen Report als Ideengeber in der Rassismusbekämpfung zu nutzen und die Notwendigkeit neuer Gesetze zu prüfen.

Wenig Zivilcourage


Wenig Optimismus vermittelte Wolfgang Zimmer, Leiter der ZARA-Beratungsstelle. So sei "eines der erschreckendsten Ergebnisse" des Berichts, dass auf Gewalt im öffentlichen Raum nur mit wenig Zivilcourage geantwortet werde.
Ein Beispiel: Eine Afrikanerin wurde in einem voll besetzten Straßenbahnwaggon am Südbahnhof von einem Mann beschimpft und verprügelt. Niemand kam ihr zu Hilfe. Zimmer: "Keine andere Person aus der Straßenbahn, auch nicht der Fahrer, setzen irgendeinen Schritt oder rufen die Polizei. " Die Frau musste dem flüchtenden Täter selbst nachlaufen und dabei die Polizei alarmieren. Als diese eintraf, war der Täter verschwunden.

Eine zweite Tendenz: Die Schilderungen von Aggression gegen Kinder . Auffallend ist, dass es offenbar mehr rassistische Übergriffe gegen Frauen und gegen Kinder aus gemischt-nationalen Ehen gegeben hat. Besonders häufig attackiert werden demnach Frauen mit Kopftuch und afro-öterreichische Kinder. Dabei blieb es nicht immer "nur" bei Verbal-Attacken. Von "an den Haaren ziehen" über Messer-Drohungen bis hin zu Kiefer- und Jochbeinbruch reichen dabei die Fälle.

Aber auch die Anti-Rassismus-Initiative selbst werde zur Zielscheibe rassistischer Angriffe. So spielten die ZARA-Verantwortlichen Schimpftiraden einer Dame via Telefon vor: "Ihr gehört ja genau so angespuckt wie diese Parasiten."

Erfolg bei diskriminierenden Inseraten


Ein kleiner Erfolg von Zara ist, dass die Behörden auf eine Beschwerde gegen diskriminierende Stelleninserate reagiert haben. Der Bund und die Stadt Wien haben einen Erlass herausgegeben, wonach Rassismus nicht als Kavaliersdelikt betrachtet werden darf. Anzeigen müsse ernsthaft nachgegangen werden.