Quellenangabe:
Demonstration 'Bleibrecht jetzt!' in der Schweiz (vom 08.04.2008),
URL: http://no-racism.net/article/2501/,
besucht am 22.12.2024
[08. Apr 2008]
Das Zürcher Bleiberechts Kollektiv lädt zu einer Demonstration am 19. April 2008, 13.30 Uhr, beim Landesmuseum Zürich (neben dem Hauptbahnhof)
Mit 1. Jänner 2008 trat in der Schweiz die :: Verschärfung des Asyl- und AusländerInnengesetzes in Kraft. Dadurch wurden/werden viele MigrantInnen als "illegal" deklariert und durch bewusste Taktiken mürbe gemacht, damit sie die Schweiz verlassen (Stichwort: "freiwillige Rückkehr").
Dies betrifft vor allem abgewiesene Asylsuchende und solche, auf deren Asylgesuch nicht eingetreten wurde. Sie bekommen mit dem neuen Asylgesetz nur noch eine minimale Nothilfe. Im Kanton Zürich wird diese lediglich in Form von 10.- Franken Gutscheinen von Migros ausgehändigt. Damit können den Menschen nicht mal selbst entscheiden, wo sie einkaufen wollen.
Ausserdem erhalten sie eine Ausreisefrist, müssen sukzessive ihre Wohnungen verlassen und Notunterkünfte beziehen.
Auch Menschen mit F-Status (bedeutet eine vorläufige Aufnahme) benötigen unbedingt die Öffentlichkeit, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, denn sie leben in einem Dauerprovisorium ohne Perspektiven und werden aufgrund ihrer temporären Bewilligung vom Arbeitsmarkt ausgegrenzt.
Ein Schattendasein ohne jegleichen Rechtsschutz führen auch die die rund 90.000 Sans-Papiers in der Schweiz, die gezwungen sind, jederzeit für Billiglohnarbeit abrufbar zu sein. Sie leben in der ständigen Angst, ausgeschafft (der schweizerische Ausdruck für abgeschoben, Anm) zu werden.
Die Forderungen der Demonstration lauten:
Die Kampagne startete am 19. Dezember 2007 mit einer vorübergehenden Besetzung des Grossmünster (siehe Foto), einer Kirche in Zürich. Anschliessend fand ein Protestmarsch somalischen Flüchtlinge nach Bern statt.
Mit der Kampagne wollen die AktivistInnen "Raus aus der Defensive": Wir befinden uns, nach dem migrationpolitischen Frühling, welchen die Sans-Papiers Bewegung vor ein paar Jahren in der Schweiz bewirkt hatte, längst wieder in der Defensive und lassen uns von der SVP und anderen Kreisen diktieren, was wir denken sollen und was nicht. Abstimmung um Abstimmung geht verloren und rechtspopulistische Kreise setzen ganz auf die Karte «Ausländer raus» und auf weitere Verschärfungen des Ausländer- und Asylrechts. Sie wissen geschickt tief verankerte Ressentiments gegenüber allem «Fremden» zu bedienen. Wir wollen dem eine breite und starke Bewegung entgegensetzen, in der verschiedenste gesellschaftliche Akteure jeglicher Couleur Platz haben und die von den Betroffenen selbst mitgetragen wird. Gerade mit unserer Forderung nach einem kollektiven «Bleiberecht für alle» wollen wir wieder aktiver werden und verstehen das als einen ersten Schritt aus der momentanen Defensive heraus. Wir sind gekommen um zu bleiben!
Die KampagnistInnen sind sich bewusst, dass die Realisierung eines Bleiberechts für «Gestrandete» ein langer und steiniger Weg sein wird. Deshalb wurde von Anfang an eine langfristige Kampagne ins Auge gefasst.
Grundsätzlich hätten die die Behörden die Möglichkeit, ein "humanitäres Bleiberecht" auszusprechen, jedoch wurde in vielen Kantonen darauf verzichtet, entsprechende Härtefallkommissionen ins Leben zu rufen. Die Kampagne macht auf die unterschiedliche Auslegung in den Kantonen aufmerksam: Während in einigen Kantonen ein Härtefallgesuch aussichtslos ist, sind die Chancen in anderen Kantonen durchaus gegeben. In Zürich zeigen jedoch die Erfahrungen aus der Praxis, dass die Chancen mittels eines Härtefallgesuchs ein Bleiberecht zu erhalten, gegen null tendieren. Gerade in den Kantonen aber, wo eine starke Asylbewegung existiert, sind die Chancen mittels eines Härtefallgesuchs ein Bleiberecht zu erhalten, durchaus gegeben. Das zeigt, dass das Sich-Engagieren durchaus Früchte tragen kann.
Dei einzige Lösung sieht die Kampagne in einem generellen Bleiberecht für alle:
Wir fordern ein kollektives Bleiberecht für alle, welche hier leben. Wer hier ist, der soll auch bleiben dürfen. Abgewiesene Flüchtlinge und Menschen, welche mit einem «F» (vorläufige Aufnahme) seit Jahren in einem Dauerprovisorium unter krankmachenden Bedingungen in der Schweiz leben, sollen kollektiv und ohne bürokratische Hürden die Niederlassungsbewilligung C erhalten. Menschen, welche ohne Papiere hier sind und oft unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten, sollen ebenso «legalisiert» werden. Sie sind die Opfer einer diskriminierenden Migrationspolitik, welche ArbeitsmigrantInnen in zwei Gruppen teilt. Die einen aus Ländern, wo man eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung erhält und die anderen aus Ländern, deren Staatsangehörige höchstens als Privatkontobesitzer, talentierter Fussballer oder gut betuchter Tourist willkommen sind. Durch diese Politik des Aussortierens nach Nationen und Kontinenten werden die Menschen in die Illegalität gezwungen und es wird ihnen keine Möglichkeit gelassen «legal» in der Schweiz zu arbeiten. So sind sie schutzlos Lohndumping und Ausbeutung ausgeliefert. Die Schweiz ist dringend auf Arbeitsmigration angewiesen. Nun gilt es für diese Realität die entsprechenden Gesetze zu schaffen.
Die Bleiberechtskampagne in der Schweiz verfolgt die Ziele, Bleiberecht zum Thema zu machen, die defensive Haltung abzulegen und offensiv eine andere Migrationspolitik einfordern sowie Flüchtlinge und Papierlose zu motivieren, sich selber zu organisieren und aktiv ihre Rechte einzufordern.
Quelle und weitere Informationen :: bleiberecht.ch