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Quellenangabe:
Offenen AntisemitInnen keinen Raum geben - Palästina-Ausstellung im Schweitzer Haus absagen! (vom 20.04.2008),
URL: http://no-racism.net/article/2523/, besucht am 29.03.2024

[20. Apr 2008]

Offenen AntisemitInnen keinen Raum geben - Palästina-Ausstellung im Schweitzer Haus absagen!

In den Räumlichkeiten des Albert Schweitzer Hauses soll vom 24.-27. April 2008 die bereits seit mehreren Wochen beworbene Ausstellung "Palästina - Kultur im Exil" des islamistischen Vereins Dar al Janub stattfinden.

Die AutonomeUniAntifa (AuA!) kritisiert, dass Dar al Janub - die Nachfolgeorganisation der Splittergruppe "Sedunia", welche mit israelfeindlichen Parolen 2003 eine Gedenkkundgebung anlässlich der Novemberpogrome störte - ein öffentlicher Raum gegeben wird. In einem offenen Brief fordert die AuA! die Albert Schweitzer Haus BetriebsgesmbH auf, die Veranstaltung abzusagen.


Offener Brief an die Albert Schweitzer Haus BetriebsgesmbH


Sehr geehrte Damen und Herren!


In Ihren Räumlichkeiten soll vom 24.-27. April 2008 die bereits seit mehreren Wochen beworbene Ausstellung "Palästina- Kultur im Exil" des Vereins Dar al Janub stattfinden. Auf der RednerInnnenliste der Eröffnungsveranstaltung befinden sich prominente Gäste wie Ao. Univ. Prof.in Dr.in Andrea Komlosy oder auch der Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen (GÖAB) Fritz Edlinger. Wir können Ihnen nur unsere vollste Empörung darüber aussprechen, welcher Organisation bzw. welchen Personen Sie mit dieser Veranstaltung einen öffentlichen Raum bieten. Mit den folgenden
Informationen zu Dar al Janub und den angesprochenen Personen wollen wir Sie zu einer Absage der Ausstellung, als auch der Eröffnungsveranstaltung auffordern.

Dar al Janub


Dar al Janub gilt als Tarn- und Nachfolgeorganisation von Sedunia, einer islamistischen Splittergruppe mit guten Kontakten zum internationalem Islamismus(1). Die sich selbst als "links" deklarierende Organisation Sedunia setzte sich aus muslimischen AktivistInnen des Nahen Ostens und österreichischen KonvertitInnen zum Islam zusammen(2). In die breite Öffentlichkeit geriet Sedunia am 9.November 2003, als eine Gedenkkundgebung in der Zirkusgasse/ Ecke Schmelzgasse anlässlich des Novemberpogroms von propalästinensischen AktivistInnen angegriffen wurde.(3)

In einem offenen Brief der Sedunia war zur Gedenkkundgebung Folgendes zu lesen:
"Wieder wollte sich der Zionismus hinter dem Judentum verstecken, glaubte sich vor einer Synagoge an einem 9. November verkleiden zu können, sich mit dem Judentum gleichsetzen zu können. Die arabische und islamische Antwort war klar und eindeutig: IHR MÖRDER!"(4)

Auch im Internet Forum der Sedunia waren im Vorfeld des antisemitisch motivierten Angriffs, mit dem Einverständnis der BetreiberInnen der Website, ähnliche hetzerische Worte zu finden:
"Nieder mit den politisch Korrekten! Nieder mit den Israelapologeten und Schuldpriestern! Nieder mit den Selbstgeißlern! [...] Es wird Zeit, die Tempel des Holocaust niederzureißen, die Legende der historischen Verantwortung zu Grabe zu legen und endlich auch Israel als einen gewöhnlichen Staat zu betrachten - und daraus die Konsequenzen zu ziehen. [...] Israel betreibt seit einem halben Jahrhundert einen ununterbrochenen Genozid am palästinensischen Volk. Lasst die UNO Israel besetzen, Sharon und seine Kumpels des Shabra und Shatila Massakers vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen und dem zionistischen Größenwahn ein Ende setzen!"(5)

In der von der Sedunia herausgegebenen Zeitschrift "Perspektive Süd - Zeitschrift für eine internationale Diskussion" finden sich AutorInnen, die durch antisemitische Polemik und ihren verkürzten und manichäischen Darstellungen des Nahostkonflikts auf sich Rede machten - so heißt es in einem Artikel von Muhammad Abu Nasr:

"Der Kampf gegen den Zionismus ist eine der wichtigsten Kämpfe gegen die Globalisierung. Der Zionismus ist seit 1948 nicht nur eine reaktionäre Theorie oder eine rassistische Bewegung. Er hat 1948 Gestalt angenommen in der zionistischen, jüdischen Kolonie, die sich selbst als "Israel" bezeichnet, die sich auf palästinensischer Erde mit grausamer Gewalt und der Zustimmung der imperialen Mächte etabliert hat. Die Bezeichnung "besetztes Palästina" bezieht sich nicht auf die von den Zionisten 1967 oder in späteren Jahren eroberten Gebiete, es bezieht sich auf das Land, das die Zionisten 1948 geraubt haben, das sie heute als ihren Staat "Israel" erklären, und auch auf alle Gebiete, von denen sie im Weiteren Besitz ergriffen haben."(6)

In weiterer Instrumentalisierung des politischen Kampfbegriffs der Globalisierung wird fortgefahren:
"Die zionistisch-jüdische Kolonie, die sich selbst "Israel" nennt, ist die vergiftete Frucht einer rassistisch-zionistischen Bewegung. Sowohl die zionistische Sache als auch der Zionismus generell sind ein integraler und entscheidender Teil des globalisierten Angriffs. Es kann keine Ablehnung der Globalisierung ohne eine Ablehnung des Zionismus geben. Genau so wenig wie es eine Ablehnung der Globalisierung geben kann, ohne jegliche Form kolonialer Herrschaft abzulehnen." Und: "Die rassistische, koloniale Siedlerbewegung des Zionismus hat es sich selbst zum Ziel gesetzt, das Arabische Palästina durch eine Kolonie jüdischer Eindringlinge zu ersetzen."(7)

In der für sie typischen Schwarz-Weiß-Malerei wird auch gegen die Jüdinnen und Juden agiert, die sich für einen Dialog beider Seiten einsetzen:
"Aber so wie es keinen 'fortschrittlichen Kolonialismus' und keinen 'fortschrittlichen Imperialismus' gibt, gibt es auch keine 'fortschrittliche 'israelische' Meinung'. 'Israel' ist ein kolonialer Staat von Beginn an, und jeder Zentimeter 'seines' Territoriums ist
palästinensisch. Jeder 'israelische' Jude lebt im besetzten Palästina. Jeder 'israelische' Jude, unabhängig von seiner persönlichen Meinung, ist Teil der kolonialistischen Besatzung in Palästina. Jeder 'israelische' Jude dient der Besatzung. Der Großteil der Männer und Frauen dient dem rassistisch- zionistischen Kolonialismus als aktive oder passive Reservisten. Der Versuch eines Dialoges mit den sogenannten 'fortschrittlichen 'Israelis'' kommt der Anerkennung der zionistischen Kolonie und des zionistisch-kolonialen Projektes als einen weiteren Staat in der arabischen Region gleich."
(8)

Diese Polemik richtet sich nicht nur gegen das Existenzrecht Israels, vielmehr kommt sie einer Aufforderung gleich, im Kampf gegen Kolonialismus und Imperialismus gegen Israel einzutreten und es in weiterer Konsequenz zu vernichten. Kein Wunder, dass der oben genannte Angriff auf die Gedenkkundgebung auch im Neonazi-Milieu wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde. So las sich auf der bekannten rechtsextremistischen Homepage "stoertebeker" folgende Stellungnahme:
"Während der Rede des jüdischen 'Psychologen' Alexander Friedmann, Mitglied des Vorstandes der Israelitischen Kultusgemeinde, stürmten etwa 10 Personen mit palästinensischen Fahnen in die Zirkusgasse und störten das Gedenken an die Opfer mit Parolen gegen Israel und die USA."(9)

Weiter wurde in Bezugnahme auf den österreichischen Journalisten Karl Pfeifer, der einen Redebeitrag bei der besagten Gedenkveranstaltung beisteuerte, folgendes geschrieben:
"[...] dass Herr Pfeiffer [sic!] und Co. sich an Dinge wie diese mit der Zeit gewöhnen werden, ist die Zahl derer, die in Hinblick auf die tagesaktuelle Politik Israels und seiner Diaspora bedauern, dass in der Reichskristallnacht hauptsächlich 'nur' Schaufensterglas zerkloppt wurde, weltweit am Wachsen".(10)

Fritz Edlinger


Aber auch Fritz Edlinger ist im antiimperialistischen Milieu kein Unbekannter mehr:
Das wohl breiteste Medienecho erhielt das von Edlinger herausgegebene Buch "Die Blumen von Galiläa" des israelischen Antisemiten Israel Shamir alias Jöran Jermas, das laut dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands "zu den antisemitischsten Hetzschriften, die nach 1945 in Österreich veröffentlicht wurden"(11) zählt. In Frankreich wurde der Verleger des im Promedia-Verlag publizierten Buch zu einer dreimonatigen bedingten Haftstrafe verurteilt, doch das schien Fritz Edlinger und den Verleger des Promedia Verlags Hannes Hofbauer nicht zu stören. Da erstaunt es auch kaum, dass Edlinger nach Interventionen antifaschistischer Gruppen und kritischen Zeitungsberichten zu dem antisemitischen Machwerk folgende Worte findet:
"Zunächst einmal ist festzustellen, dass ich noch selten eine derartig massive und hysterische Kampagne erlebt habe, wie jene gegen Israel Shamir und seine Schriften. Offensichtlich trifft er mit seiner Kritik einige für die Zionisten ganz besonders heikle Punkte. Shamir ist ein äußerst kritischer und scharfzüngiger Mann, der sicherlich sehr provokant, da und dort vielleicht sogar zu provokant, formuliert."(12)

Weiters ließen die genannten Umstände die GÖAB nicht daran hindern, in einem online abrufbaren Bulletin "Die Blumen aus Galiläa" weiterhin zu bewerben.(13) Auch Promedia bewirbt das Buch weiterhin in seinem Verlagsprogramm.(14)

Andrea Komlosy


Auch die stellvertretende Vorständin des Instituts für Wirtschafts- und Sozialgeschichte befindet sich im engeren personellen Umkreis der "propalästinensischen Fraktion".

Aufsehen erregte Komlosy mit einem Artikel in der Wochenendbeilage der Presse vom 27.7.2002(15), in dem sie ihre unvermittelte Ablehnung des Zionismus und des Staates Israel zum Ausdruck brachte. Angesichts des kausalen Entstehungszusammenhangs des Staates Israel mit der massenhaften Vernichtung des europäischen Judentums im Zuge des Holocausts, klingen Komlosys Worte wie purer Zynismus:
"Freilich war es ein Pyrrhussieg, den die Juden mit der zionistischen Staatsgründung erreicht hatten, ein Mißbrauch ihrer Notlage durch die Großmächte."(16)

Der Zeithistoriker Wolfgang Neugebauer fasst die manichäisch gehaltene Einschätzung der Universitätsprofessorin wie folgt zusammen:
"Israel sei ein von den Großmächten instrumentalisierter 'Brückenkopf', 'ein geopolitisches Instrument für die politische, wirtschaftliche und militärische Kontrolle von Westasien, Nordostafrika und der Golfregion', ein Fremdkörper, der auch durch den
Holocaust keine Daseinsberechtigung bekomme. Allen Ernstes wird der Plan des deutschen Philosophen Wolfgang Harich von 1970, die Juden 'beiderseits der ohnehin entvölkerten Zonengrenze' (zwischen BRD und DDR) anzusiedeln, aus der Versenkung geholt und Israel in die Nähe von Nazimethoden gerückt ('Hitlers ethnische Neuordnungspläne nahmen posthum Gestalt an')."
(17)

Aber auch der Zeithistoriker Dr. Robert Holzbauer, der den Inhalt des Artikels pointiert zusammenfasste zeigte sich verwundert über Komlosys vermeintliche "Sachverhaltsdarstellung":
"Die Imperialisten hätten den Staat Israel errichtet, um die 'Judenfrage' auszulagern; damit hätten sie die Ideen Hitlers verwirklicht und ein 'unlösbares Dauerproblem' geschaffen."(18)

Dass die Ideen des nationalsozialistischen Regimes in seiner Spätphase aber nicht die Auslagerung, sondern die Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden war, wird hier völlig negiert. Es ließe sich nun argumentieren, dass dieser Artikel Komlosys beinahe sechs Jahre zurückliegt, doch auch in den vergangenen Jahren hat Komlosys politische Agitation sogar im universitären Raum Empörung und Kritik hervorgerufen. Jüngstes Beispiel hierfür war die von ihr und Joachim Becker organisierte Ringvorlesung "Grenzen im globalen Vergleich"(19), im Zuge derer ein Vortrag von Viktoria Waltz - einer Architektin aus Dortmund - auf vehemente Ablehnung stieß. Eine Gruppe kritischer Studierender richtete aus diesem Grund eine eigene Website ein, in der sie die Vorlesung und den dementsprechenden Buchbeitrag der begleitenden Publikation zur Ringvorlesung thematisierten.(20) Die Buchrezension von Johannes Pfau zum angesprochenen Beitrag von Waltz in dem von Komlosy und Becker herausgegebenen Buch fällt ebenfalls deutlich in ihrer Einschätzung aus:
"Ebenfalls unter dem Paradigma des Kolonialismus durch Siedlung und Grenzbildung brandmarkt Victoria Waltz ausgesprochen einseitig den Prozess der israelischen Staatswerdung und die nachfolgende Politik. Ausgehend von einer scheinbar überzeitlichen palästinensischen Entität beschreibt sie diese als Opfer imperialer Strategien erst britischer dann jüdischer Eroberung. Der Krieg von 1948 gerät ihr zu einem reinen israelischen Vertreibungsfeldzug, durchgeführt durch eine angeblich bestens ausgerüstete imperiale Eroberungsarmee. In ihrer Chronologie von moralisch illegitimer Landnahme durch Gewalt oder raumplanerische Winkelzüge, können schließlich Mauer/Zaun des aktuellen Konfliktes nicht auch als Schutz der Israelis vor Attentaten und Anschlägen gesehen werden, sondern ausschließlich als Instrument totaler Unterwerfung."(21)

Forderung


Wir finden, dass die hier besprochenen Personen und Gruppen nicht nur das Maß an legitimer Israelkritik überschreiten, sondern im Rahmen einseitiger Analysen und Positionierungen offen (wie Dar al Janub) bzw. in latenter Form antisemitisch agieren. Dies ist vor allem in Zeiten, wo sich sekundärer Antisemitismus häufig im Gewand des Antizionismus artikuliert, eine nicht akzeptable Position, weder im öffentlichen, noch im privaten Raum. Wir fordern Sie daher vehement auf, die Veranstaltung "Palästina - Kultur im Exil" abzusagen. Eine Durchführung derselbigen wäre vor allem auch im Kontext der österreichischen aktiven Mitverantwortung am Holocaust, dessen Konsequenz Israel ist, eine Unzumutbarkeit. Gerade ob der Notwendigkeit einer aktuellen Schutzfunktion des israelischen Staates - angesichts der Bedrohung durch die benachbarten arabischen Staaten und vor allem jener des Irans - sind Positionen, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen bzw. ganz ablehnen, nicht tolerierbar. Solche Positionen sind doppelt gefährlich, einerseits wegen der historischen Schuld Österreichs, andererseits aufgrund des aktuellen antizionistischen Konsens, den es zu kritisieren und bekämpfen gilt, anstatt ihn zu hofieren.

Quellen:
(1) :: Extremisten-Werbung im Kurier (DÖW)
(2) :: Sedunia:
Zweierlei "Recht auf Rückkehr"
(Karl Pfeifer)
(3) :: Neonazis über Störversuch bei Gedenkkundgebung (DÖW)
(4) :: Sedunia: Zweierlei "Recht auf Rückkehr" (Karl Pfeifer)
(5) :: Neonazis über Störversuch bei Gedenkkundgebung (DÖW)
(6) :: Sedunia:
Zweierlei "Recht auf Rückkehr"
(Karl Pfeifer)
(7) ebenda
(8) ebenda
(9) :: Neonazis über Störversuch bei Gedenkkundgebung (DÖW)
(10) ebenda
(11) :: Antisemitische Blüten: Fritz Edlinger und Hannes Hofbauer (Karl Pfeifer)
(12) :: Muslim-Markt interviewt Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen
(13) :: Bulletin (PDF)
(14) :: Shamir, Israel - BLUMEN AUS GALILÄA
(15) Online abrufbar unter :: Muslim-Markt
(16) :: Muslim-Markt
(17) http://www.doew.at/aktuell/aktion/wn.html
(18) http://members.aon.at/robert.holzbauer/notiz.htm
(19) :: Ringvorlesung "Grenzen im globalen Vergleich"
(20) :: Aktionsplattform für eine ausgewogene Darstellung des Nahostkonflikts in der Lehre - Eine Initiative von Studierenden der Internationalen Entwicklung
(21) ebenda