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Quellenangabe:
'Wir fordern sehr wohl eine Wiedergutmachung' (vom 11.12.2008),
URL: http://no-racism.net/article/2739/, besucht am 20.04.2024

[11. Dec 2008]

'Wir fordern sehr wohl eine Wiedergutmachung'

Presse Erklärung der African Black Community (ABC) im Andenken an Oury Jalloh vom 07. Dec 2008. Darin wird vor der Schaffung eines Präzedenzfall für tödliche Polizeigewalt gegen Menschen nichtdeutscher Herkunft gewarnt.

Wir, die betroffene und beunruhigte afrikanische Gemeinschaft in Deutschland, schließen uns mit der Oury Jalloh Initiative sowie anderen Freunden der Menschenwürde zusammen, um gemeinsam und nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass wir mit den anhaltenden Unstimmigkeiten des Landgerichts Dessau im Fall Oury Jalloh nicht einverstanden sind.

Wir hegen keinen Zweifel, dass das Gericht voreingenommen ist und bereit, mit seinem Urteil die beiden Polizeibeamten zu schützen, die angeklagt sind, den Tod Oury Jallohs am 07. Januar 2005 zu verantworten zu haben. Schließlich dämmert es uns, dass Richter Steinhoff weder fähig noch gewillt ist, der Wahrheit auf den Grund zu gehen und Gerechtiglkeit sprechen zu lassen. Es begann damit, dass die Hauptzeugin, die Polizeibeamtin Beate Höffner, ihre Aussage mehrmals geändert und im Gerichtssaal gelogen hat, um ihre Kollegen zu schützen.

Seit wir von dem grauenhaften Tod unseres Bruders erfuhren, sind wir überzeugt, dass es sich hierbei um Mord handelt. Wir haben seitdem diverse Proteste und Petitionen eingereicht, um den Fall vor Gericht zu bringen und Wahrheit, Gerechtigkeit und den Respekt vor der Menschenwürde zu ihrem Recht zu bringen. Nun müssen wir feststellen, dass das System von Hass und Rassismus sich bis in Institution der Wahrheit und Gerechtigkeit Einlass verschafft hat. Wir bleiben dabei, dass Oury Jalloh von der Dessauer Polizei absichtlich in Brand gesteckt worden ist.

Wir sind bereit, alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um Gerechtigkeit zu bekommen. Ferner haben wir beschlossen, die Verhandlung zu boykottieren, da Gerechtigkeit zu keinem Zeitpunkt des Prozesses geübt worden ist.

Über zwei Jahre nach Prozessbeginn und 58 Anhörungen später bleibt immer noch festzustellen, dass kein Schritt Richtung Gerechtigkeit unternommen wurde, wenn man einmal von der zynischen Bemerkung des Richters absieht, mit der er auf 'Murphy's Law' hinwies, also darauf, dass eine Reihe von Ereignissen an diesem Tage einfach schief gelaufen seien. 'Das Gericht muss sich entscheiden, sich entweder von dem rassistischen Verhalten der Polizei zu distanzieren und es zu verurteilen; oder es zu entschuldigen und damit zu unterstützen', sagt Mouctar Bar, der Gründer der African Initiative in Dessau. Unserer Meinung nach ist das für die Medien, die politischen Parteien und die Gesellschaft als Ganzes in unserem vermeintlich demokratischen System genauso gültig.

In den letzten Tagen der Anhörungen wurde die Sitzung zwei Mal unterbrochen, und der vorsitzende Richter Herr Steinhoff hat mit einem monetären Vergleichsangebot sowohl die Afrikanische Gemeinschaft als auch die Familie unseres verstorbenen Bruders Oury Jalloh aufs ärgste beleidigt. Dies zeigt deutlich, wie weit dieses rassistische System und seine Instrumente gehen können.
Ohne Gerechtigkeit und Wahrheit darf es auch keine Reparationen geben. Kein Geld der Welt kann Oury Jalloh zurück kaufen.

Wir fordern alle Afrikanischen Gemeinschaften in Deutschland und aus dem Ausland auf, uns bei unserer Forderung nach einer unabhängigen Verfolgung des Mordfalls an Oury Jalloh zu unterstützen. Alle sind aufgerufen, mit uns am 08. Dezember 2008 gegen das Verfahren in Dessau zu demonstrieren. Oury Jalloh und Láye Konde wurden beide am selben Tag in zwei verschiedenen deutschen Städten aus denselben, verachtenswürdigen Motiven umgebracht.

'Wir fordern sehr wohl eine Wiedergutmachung', sagt Regina Kiwanuka von ABC. 'Aber erst nachdem es Wahrheit und Gerechtigkeit in dieser Sache gibt.'

Wir fordern daher eine unabhängige Kommission, die die Ursachen für den Tod Oury Jallohs, für seine Haft und für die Kettung seines Körpers am Tag des 7. Januar 2005 wie auch das Gerichtsverfahrens unabhängig untersucht. Damit könnte ein Präzedenzfall geschaffen werden für andere Fälle von tödlicher Polizeigewalt gegen Menschen nichtdeutscher Herkunft, die bis heute ungeklärt sind.

Für mehr Information stehen wir selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.

African Black Community (ABC): Mouctar Bah: +49-(0)176-26565198