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Quellenangabe:
Bericht über die Feier anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Karawane (vom 13.12.2008),
URL: http://no-racism.net/article/2749/, besucht am 28.03.2024

[13. Dec 2008]

Bericht über die Feier anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Karawane

Die Feier zum 10-Jährigen Bestehen der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen von 02. - 05. Okt 2008 in Jena und Weimar hat ihr Ziel erfüllt: Gemeinsam mit interessierten Menschen wurden die letzten Jahre resümierend sowie diskutierend betrachtet.

An den vier Tagen nahmen mehrere 100 Menschen an den verschiedenen Veranstaltungen der Karawane teil.

Im Vorfeld der Veranstaltung wurde am 22.9.08 mit einer Presseerklärung als öffentliche Aktion die Außerkraftsetzung der Residenzpflicht angekündigt.

Hiermit sollte öffentlicher Druck gegen verschärfte Kontrollen im Zusammenhang mit dem 10 Jahres Aktivitäten geschaffen werden und zu Solidarität bei Kontrollen aufgerufen werden.

02. Oktober 2008: Auftakt in Weimar, Pressekonferenz, Demonstration und erstes Plenum

Um 11.00 Uhr wurden die Aktivitäten zum 10jährigen Bestehen der Karawane mit einer Pressekonferenz in Weimar eröffnet. Es sprachen VertreterInnen verschiedenerer Karawanelokalgruppen, von The Voice Refugee Forum und AGIF. Sie stellten die Aktivitäten der Karawane und ihre Slogans dar.

Danach kamen alle auf dem Goetheplatz zusammen. Es gab Redebeiträge von verschiedenen AktivstInnen, in denen die Karawane und die Gründe ihrer Entstehung vorgestellt wurden. Es wurden die immer schlechter werdende Situation von Flüchtlingen und die Forderungen nach gleichen Rechten für alle deutlich gemacht. Nach der Kundgebung fand dann eine lautstarke Demonstration durch die Weimarer Innenstadt mit einer Zwischenkundgebung vor der Ausländerbehörde statt, an der ca. 100 Menschen teilnahmen. Hierbei sollte speziell darauf hingewiesen werden, warum Thüringen als Ort für die 10 Jahres Aktivitäten gewählt wurde. Es wurde hingewiesen auf die Situation in den isolierten Flüchtlingslagern und -heimen und auf die vielen Kämpfe, die es ind en letzten Monaten gegeben hat. Parallel dazu war eine Delegation von AktivistInnen in das 150 km entfernte Reichenbach gefahren, um dort die Nigerianerin Claudia O. zu unterstützen, die dort für die Rückgabe ihrer Kinder gegen das Jugendamt und gegen die Ausländerbehörde kämpft.

Abends gab es ein erstes internes Plenum, bei dem die AktivistInnen "der ersten Stunde" noch einmal einen Überblick über die Anfänge der Karawane und ihre Entwicklung gaben. Danach hatten die einzelnen TeilnehmerInnen bzw. VertreterInnen aus den verschiedenen Vereinen die Möglichkeit, sich vorzustellen und Wünsche für die nächsten Tage zu formulieren. Zwischendurch gab es verschiedene Musikbeiträge und Filme und Fotos, die die Vielfalt der Aktionen aus 10 Jahren widerspiegelten.

03. Oktober 2008: Besuch verschiedener Flüchtlingsunterkünfte in Thüringen

Mit einem Bus und verschiedenen PKWs setzte sich die Karawane am frühen Morgen in Bewegung, um die Flüchtlingsunterkunft in Apolda zu besuchen und mit den dort lebenden Flüchtlingen zu sprechen.

Die folgenden Bilder versuchen die triste, isolierte und menschenunwürdige Situation in den Heimen darstellen, für die BesucherInnen der Karawane war der Eindruck vor Ort allerdings viel stärker.

Nach dem Besuch in Apolda wurde die Unterkunft in Katzhütte besucht. Hier leben viele Flüchtlinge zum Teil schon seit vielen Jahren weit abgeschieden in einem kleinen Dorf am Rande eines Waldgebietes. Sie bekommen Einkaufsgutscheine, die sie nur in einem überteuerten Geschäft in Katzhütte einlösen dürfen. Die Menschen leben in verschiedenen Baracken, eine Dusche gibt es in einer separaten Baracke, die teilweise 500 Meter von den Unterkünften entfernt liegt. Einige der dort lebenden Menschen berichten, dass das Duschen besonders im Winter bei Minustemperaturen eine gesundheitsgefährdende Notwendigkeit ist.

Ein Mann, mit dem wir in Kontakt kamen, sprach von seiner Angst, sich einer Gruppe anzuschließen, um für bessere Bedingungen zu kämpfen. Er lebt seit Jahren alleine in Katzhütte, hat keine Verwandten in Deutschland und ist völlig isoliert.

Nach dem Besuch in Katzhütte fuhr der Bus weiter nach Gehlberg. Hier leben Flüchtlingsfamilien am Rande des kleinen Dorfes Gehlberg in einem ehemaligen - zu DDR-Zeiten genutzten - ADGB-Feriendorf. Die Familien berichteten von den Schneidungen der DorfbewohnerInnen Gehlbergs, dem Zustand; keinen Arzt bzw. Ärztin in Gehlberg zu haben, die Kosten für die Fahrt in die nächst größere Stadt schwer aufbringen zu können sowie nur einmal wöchentlich einen Arztbesuch im Lager zu haben.

Im Anschluss an die Besuche in den verschiedenen Flüchtlingslagern kamen einige Flüchtlinge mit nach Jena, wo es abends noch zu einigen Diskussionen über die Zustände in den Unterkünften kam.

04. Oktober 2008: Veranstaltungen in der Universität Jena; Kulturfest

Morgens trafen sich innerhalb der Jenaer Universität ungefähr 80 Menschen zu einem gemeinsamen Frühstück, um anschließend an einer Auftaktveranstaltung zum Thema: "Fluchtgründe - Warum sind wir hier" teilzunehmen. Zwei Referenten berichteten von ihren Erfahrungen aus dem Iran und aus Nigeria und beleuchteten die wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge, die Menschen dazu veranlassen, aus ihren Ländern zu fliehen. Dabei ging es sowohl bei der Situation in der Krisenregion des Nahen und Mittleren Ostens, wie bei der Frage der wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Verwicklungen in Nigeria und weiteren afrikanischen Ländern um die Einflussnahme der westlichen Länder und der globalisierten kapitalistischen Weltwirtschaft.

Im Anschluss daran fanden drei verschiedene Workshops zu den Themen "Selbstorganisation", "Kampagnenarbeit" und "Die Rolle Deutschlands im europäischen Krieg gegen Flüchtlinge" statt. In dem Workshop "Kampagnenarbeit" stellten zwei Aktivisten die Kampagnen vor, die die Karawane für ihr Bleiberecht durchgeführt hatte. Gleichzeitig wurde die Erfahrung der Oury Jalloh Initiative durch einige Mitglieder der Initiative mit in die Diskussion eingebracht. Hierbei zeigte sich genauso wie in dem Workshop "Selbstorganisation" einmal mehr, wie wichtig für die Karawane die Tatsache ist, dass sie ein Zusammenschluss auch aus mehreren unterschiedlichen Initiativen und MigrantInnengruppen ist. So können Erfahrungen ausgetauscht und voneinander gelernt werden. Indem Workshop "Die Rolle Deutschlands im europäischen Krieg gegen Flüchtlinge" wurden die Erfahrungen mit der europäischen Asylrechtsprechung und den Verschärfungen an den europäischen Außengrenzen thematisiert.

Anschließend an die verschiedenen Workshops wurde im Plenum von den aktuellen bundesweiten Aktionen der Karawane berichtet.

Abends wurde in der Jenaer Mensa gemeinsam mit einer Reggae-Band das 10-Jährige Bestehen musikalisch gefeiert.

05. Oktober 2008: gemeinsames Frühstück, Abschlussplenum

Bei dem abschließenden gemeinsamen Frühstück und anschließender Abschlussrunde wurde reflektierend gesagt, wie wichtig eine unabhängige Organisation wie die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen ist. Die Karawane machte in den letzten Jahren auf Missstände aufmerksam, protestierte gegen die unmenschliche Behandlung vieler Flüchtlinge und unterstützte viele Menschen bei ihren Protesten.

Alle RednerInnen betonten die Bedeutung der gemeinsamen Arbeit, die Vernetzung innerhalb der verschiedenen Gruppen sowie die Arbeit mit vielen UnterstützerInnen.

Bielefeld, den 12.12.2008

Quelle Text übernommen von :: thecaravan.org