no-racism.net Druckversion

Quellenangabe:
EU-Grundrechteagentur: Hohe Dunkelziffer bei rassistischen Diskriminierungen (vom 23.04.2009),
URL: http://no-racism.net/article/2924/, besucht am 18.04.2024

[23. Apr 2009]

EU-Grundrechteagentur: Hohe Dunkelziffer bei rassistischen Diskriminierungen

Die Europäische Agentur für Grundrechte (FRA) in Brüssel hat einen Bericht über eine EU-weit durchgeführte Umfrage zu Diskriminierungserfahrungen von Minderheitenangehörigen und MigrantInnen veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen, dass das Ausmaß rassistischer Diskriminierungen, Belästigungen und rassistisch motivierter Gewalt weitaus größer ist, als dies offizielle Statistiken suggerieren.

Roma sind am häufigsten Diskriminierungen ausgesetzt: Die Hälfte der Befragten berichtete von eigenen Erfahrungen. Sehr stark betroffen sind auch Personen aus Nord- und Subsahara-Afrika.

Darüber hinaus fehlt Minderheitsangehörigen und MigrantInnen das Vertrauen in Mechanismen des Opferschutzes: 12 Prozent der Befragten wurden in den vergangenen 12 Monaten Opfer eines rassistisch motivierten Verbrechens, jedoch 80 Prozent der Betroffenen meldeten dieses nicht bei der Polizei.

Der Bericht macht deutlich, so FRA-Chef Morten Kjaerum, wie hoch die Dunkelziffer im Bereich rassistischer Verbrechen und Diskriminierungen tatsächlich ist: 'Offizielle Zahlen zeigen hier nur die Spitze des Eisberges.'

Kein Grund zur Zufriedenheit - Stellungnahme ZARA


Wien, 22. April 2009

Der heute von der Europäischen Agentur für Grundrechte in Brüssel präsentierte Bericht über eine EU-weit durchgeführte Umfrage zu Diskriminierungserfahrungen von Minderheitenangehörigen verdeutlicht, dass Roma und Personen aus Subsahara-Afrika am häufigsten Diskriminierungen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen ausgesetzt sind.

Die überwiegende Mehrheit hat diese Diskriminierungserfahrungen für sich behalten und nicht gemeldet. Die meisten sahen keinen Sinn darin, da sich dadurch für sie nichts ändern würde. Nachdenklich stimmen auch die Angaben, dass das alltägliche Erfahrungen und
somit nichts besonderes sei bzw. dass die Betroffenen nicht wissen, wo und wie sie solche Vorfälle melden können. Bis zu einem Drittel der befragten Roma bzw. Personen aus Subsahara-Afrika gaben an, dass sie bestimmte Plätze meiden würden, um gravierenden Belästigungen aus dem Weg zu gehen.

In Österreich wurden Personen MigrantInnen aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien befragt, da sie die beiden größten Gruppen an Drittstaatsangehörigen bilden.
Fast ein Drittel der türkischen MigrantInnen und etwa ein Fünftel der Befragten aus dem ehemaligen Jugoslawien gaben an, dass Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit oder des Migrationshintergrunds ein weit verbreitetes Phänomen in Österreich seien. Das sind zwar niedrigere Werte im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsländern, aber mehr als 80 Prozent beider Gruppen kannten keine Organisation, bei der sie Diskrimnierungsfälle melden und auf Unterstützung hoffen konnten. Es wurden keine Personen aus Subsahara-Afrika und keine Roma in Österreich befragt, daher gibt es von diesen sichtbaren Minderheiten keine Angaben zu ihren Diskriminierungserfahrungen.

Diese Umfrage macht deutlich, dass Menschen, die sichtbar anders sind oder als anders wahrgenommen werden, besonders häufig Diskriminierungen ausgesetzt sind. Leider spart der Bericht der EU Grundrechteagentur gerade diese beiden Gruppen aus. Die Diskriminierungserfahrungen von türkischen MigrantInnen und MigrantInnen aus dem ehemaligen Jugoslawien fallen im europäischen Vergleich geringer aus, müssen aber dennoch ernst genommen werden.

Die Zahlen belegen, dass Diskriminierung ein Phänomen ist mit dem viele Angehörige ethnischer Minderheiten in ihrem alltäglichen Leben zu kämpfen haben. Diese Situation sollte von der österreichischen Politik ernst genommen werden. Wir appellieren an die relevanten EntscheidungsträgerInnen sich des Phänomens Diskriminierung zu stellen, ernsthafte Bewusstseinsbildungs- und Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung insgesamt zu leisten ebenso wie strukturelle Maßnahmen für mehr Chancengleichheit zu setzen.