Quellenangabe:
Lagerschlussverkauf - Anti-Lager-Aktionstage in München (vom 11.05.2009),
URL: http://no-racism.net/article/2931/,
besucht am 24.11.2024
[11. May 2009]
Von 11. bis 14. Juni 2009: Dauer- kundgebung am Stachus, Aktionen, Partys und Antira Fussball. Selbstbestimmung statt Zwang! Für das Recht auf menschenwürdiges Leben!
Antirassistische Aktionstage in München
vom 11. bis 14. Juni 2009
- inklusive Dauerkundgebung am Stachus
:: genauer Aktionsfahrplan hier
Die langjährigen Kämpfe von antirassistischen Zusammenhängen in Bayern waren nicht umsonst.
Nach viel Druck durch Kampagnen und Aktionen kann der bayerische Landtag seit der Wahl 08 die Bedingungen in den Lagern nicht mehr ignorieren. Dass es zu einer Änderung des Gesetzes, das den Lagerzwang regelt, kommen wird, steht fest. Zu befürchten ist, dass es allerdings nur zu Detailverbesserungen kommen wird und der Lagerzwang nur für einzelne Gruppen, aber nicht generell, aufgehoben wird.
Es liegt an uns, wir wollen keine faulen Kompromisse! Wir wollen den ganzen Lagerzwang ein für alle Mal abschaffen!
In Bayern werden 7600 Menschen per Gesetz gezwungen, in Lagern zu leben. Nach dem Gesetz soll die zwangsweise Unterbringung die "Bereitschaft zur Rückkehr" fördern. In den Lagern gibt es keine Privatsphäre, bis zu 8 Personen müssen sich ein Zimmer teilen. Mitunter gibt es eine Toilette und eine Dusche für 20 Personen.
Die spärlichen Kochmöglichkeiten fallen fast nicht mehr auf, wenn der Blick auf die meistens verschimmelten Wände und verrotteten Rohre fällt.
Die Lager zeichnen sich oft durch ihre isolierte Lage aus. Mit EUR 40,- Taschengeld sind Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu teuer.
Durch die Residenzpflicht, die den Bewohner_innen untersagt, den Landkreis zu verlassen, werden die Menschen kriminalisiert. Leute kommen ins Gefängnis oder werden abgeschoben, weil sie die Landkreisgrenze überschreiten. Menschen leben bis zu 18 Jahren in Lagern, oft in ständiger Angst vor Abschiebung. Duldung ist kein Aufenthaltsstatus; sie steht für "vorübergehende Aussetzung der Abschiebung".
Arbeiten dürfen Geduldete nicht, allenfalls mit erheblichen Einschränkungen. Das Erlernen der deutschen Sprache wird nicht gefördert. Dadurch wird der Kontakt zur Außenwelt zusätzlich erschwert und eine Ohnmacht gegenüber den Behörden hergestellt.
Das Leben im Lager macht erwiesenermaßen physisch und psychisch krank. Durch all dies sollen Menschen zur "freiwilligen" Ausreise gedrängt werden.
Während die Bewohner_innen der Flüchtlingslager in jedem Detail ihres Lebens reglementiert werden, stellen die Lager potenziell rechtsfreie Räume dar. Gerade Frauen und Kinder sind immer wieder Übergriffen durch Personal oder andere Lagerbewohner_innen ausgesetzt.
Die Aktionstage richten sich konkret gegen den bayerischen Lagerzwang. Dieser ist aber nur ein Aspekt globaler sozialer Ungleichheit. Die Diskriminierung von Frauen, Migrant_innen, Flüchtlingen und People of Color zieht sich durch alle Bereiche des alltäglichen Lebens und gehört noch längst nicht zur Geschichte.
Die Grenzabschottung der EU wird inzwischen bis weit nach Afrika und Asien verlagert. Dortige Regierungen werden gezwungen, im Interesse der Europäer_innen ihre Grenzen dichtzumachen, Flüchtlinge in Internierungslager zu sperren und abzuschieben. Die inneren Grenzen drücken sich in Schleierfahndung, Datenspeicherung und Videoüberwachung aus. Menschen werden katalogisiert und mit Gewalt an der Einreise nach Deutschland gehindert.
Diejenigen, die schon in der BRD sind, werden durch Sondergesetze und Repressionsorgane drangsaliert und sind dem alltäglichen Rassismus ausgesetzt. Dadurch soll das Recht auf ein menschenwürdiges Leben einem kleinen Teil der Weltbevölkerung vorbehalten bleiben.
In einer gleichberechtigten Gesellschaft müssen Menschen als gleichberechtigt angesehen werden. Jede Person hat das Recht, selbst zu entscheiden, wo und wie sie leben will.
Migration ist kein subjektloser Prozess. Flüchtlinge und Migrant_innen sind keine Opfer, sondern bewusst handelnde Individuen. In vielen Orten kämpfen Flüchtlinge und Migrant_innen erfolgreich für ihre Rechte. Dadurch konnten Abschiebungen verhindert und Lager geschlossen werden. Durch Proteste und Widerstand von Lagerbewohner_innen konnten die Machtspielräume und die Willkür von Lagerpersonal und Behörden in einigen Bereichen eingeschränkt werden.
Das Vermitteln der eigenen Situation und von gemeinsamen Forderungen in die Öffentlichkeit war dabei stets ein wichtiges Mittel, um eigene Ziele zu erreichen.
Es geht uns nicht um die Schließung einzelner Lager. Wir wollen die Abschaffung des Lagerzwangs! Alle Lager sind menschenunwürdig. Jeder Mensch hat das Recht, selber zu bestimmen, wo sie/er leben möchte.
Wir fordern deshalb:
Das Deutschland Lagerland-Netzwerk kämpft seit 2002 mit seiner Kampagne gegen Flüchtlingslager, Abschiebungen und für ein Bleiberecht für Flüchtlinge. Die Kampagne wurde und wird getragen von über 70 Flüchtlingen aus mehreren Lagern in ganz Bayern, der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, dem Bayerischen Flüchtlingsrat, der Bürgerinitiative Asyl Regensburg, Jugendliche ohne Grenzen (JOG) Bayern und dem Regensburger Flüchtlingsforum.
Das Aktionsbündnis besteht zusätzlich noch aus der Schickeria München, Antifazusammenhängen, der SDAJ München, und Einzelpersonen.
:: Lagerschlussverkauf (pdf) Aktionstage-Aufruf zum Ausdrucken
:: Bayerische Lagerpflicht bröckelt! - Artikel mit Hintergrundinformationen vom 22. Dec 2008
Quelle und weitere Informationen :: deutschland-lagerland.de