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Quellenangabe:
Protest gegen die Kriminalisierung von Humanitärer Hilfe (vom 11.05.2009),
URL: http://no-racism.net/article/2935/, besucht am 14.12.2024

[11. May 2009]

Protest gegen die Kriminalisierung von Humanitärer Hilfe

Unterstützung der Angeklagten im Cap Anamur Prozess und Veranstaltung mit dem angeklagten Elias Bierdel am 18. Mai 2009 in Wien und am 19. Mai in Oberpullendorf.

Fast fünf Jahre ist es her, seit die Cap Anamur weltweit für Schlagzeilen sorgte. Das deutsche Schiff hatte auf seiner Fahrt im Mittelmeer rettete im Juni 2004 37 Menschen aus Seenot. Doch niemand wollte die Schiffbrüchigen aufnehmen. Der wochenlange Streit von damals hallt noch heute nach - denn Stefan Schmidt, Kapitän des Schiffes und Elias Bierdel, ehemaliger Cap Anamur-Chef müssen sich in Italien noch immer vor Gericht dafür verantworten.

Staatsanwalt will vier Jahre unbedingt


Der Cap Anamur-Prozess, der nun schon vier Jahre dauert, geht in die entscheidende Phase. Am 20. Mai 2009 könnte die Urteilsverkündung erfolgen. Die Staatsanwaltschaft in Agrigento/Italien forderte in ihrem Plädoyer am 22. April 2009 vier Jahre unbedingte Haft und jeweils 400.000 Euro Geldstrafe für die Angeklagten.

Elias Bierdel war der Leiter des Komitees Cap Anamur und damit Verantwortlicher für die Aktionen des Schiffes, Stefan Schmidt war seinerzeit Kapitän der Cap Anamur. Der Erste Offizier des Schiffes, der ebenfalls der Beihilfe zur illegalen Einreise angeklagt wurde, soll laut Staatsanwaltschaft nicht schuldig sein, da er "mit dem Fall nicht als Verantwortlicher zu tun habe."

Auffällig ist, dass sich die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht auf den eigentlichen Anklagepunkt "Beihilfe zur illegalen Einreise im besonders schweren Fall" ausgelassen hat, sondern Bierdel und Schmidt nur vorwirft, sie haben die Flüchtlinge zu eigenen Werbezwecken des Komitees Cap Anamur so lange an Bord gelassen. Der Staatsanwalt spricht von "paternalistischer Form der Hilfe".

Siehe dazu die Prozessbeobachtung beim :: Flüchtlingsrat Brandenburg.


Verteidigung am Zug


Am 20. Mai 2009 sollte die Verteidigung versuchen zu zeigen, dass die Vorgehensweise auf sachlichen Entscheidungsgrundlagen und unabhängig von der enormen Medienpräsenz erfolgte. Die Verhandlung wird jedoch vorauss. am 3. Juni 2009 stattfinden. Ein Urteil wird jedenfalls an diesem letzten Prozesstag erwartet.

Kurz vor dem entscheidenden Prozesstermin im sizilianischen Agrigento kommt Elias Bierdel zu einem von :: SOS Mitmensch organisierten Infoabend in Bild und Ton nach Wien. Er berichtet über die tödlichen Folgen der Abschottung Europas und seinem Kampf gegen die Kriminalisierung durch die italienische Justiz.

Haft für Lebensretter?
Bild-Vortrag und anschließende Diskussion mit Elias Bierdel
Moderation: Corinna Milborn
Montag, den 18. Mai 2009, 19:30 Uhr
Albert Schweitzer Haus, Schwarzspanierstraße 13, 1090 Wien


Am 20. Mai spricht Elias Bierdel im Rahmen einer Veranstaltung von :: Grüner Bildungswerkstatt Burgenland und :: borderline-europe:

Festung Europa. Das unmenschliche Gesicht eines privilegierten Kontinents
Referent: Elias Bierdel
Mittwoch, 20. Mai 2009, 20:00 Uhr
Haus St. Stephan, Schlossplatz 4, Oberpullendorf, Burgenland



Solidaritätsaktion


In Rahmen einer Solidaritätsaktion von PRO ASYL und die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche können Postkarten versendet und eine Erklärung unterstützt werden. In einem dazugehörigen Text heißt es:

Der Versuch, die Lebensrettung von Flüchtlingen zu kriminalisieren, hat eine sehr weitreichende Bedeutung. Eine breite internationale Unterstützung für Elias Bierdel und Kapitän Stefan Schmidt ist nötig. Wir müssen ein deutliches Signal aussenden: Diese Anklage hätte nie erhoben werden dürfen. Der eigentliche Skandal ist, dass das Sterben vor den Toren Europas weiter geht. Humanitäre Hilfe ist kein Verbrechen.

Der Prozess, die mögliche Verurteilung und die Aussicht auf einen weiteren langwierigen Prozess stellen eine massive Belastung für unsere beiden Freunde und Kollegen dar und droht ihre soziale Existenz zu zerstören.

Wir bitten Sie/Euch diesen Appell (Rückmeldung per Mail an info(at)proasyl.de) sowie die anstehende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen und eigene Solidaritätsaktivitäten zu entwickeln.

Wir werden den Aufruf am Montag, den 18. Mai 2009, mit möglichst vielen Erstunterzeichnern veröffentlichen.



Aufruftext


Solidarität mit Elias Bierdel und Kapitän Stefan Schmidt

Das deutsche Schiff Cap Anamur rettete im Juni 2004 37 Menschen aus Seenot. Für diese Rettungstat stehen Kapitän Stefan Schmidt und Elias Bierdel in Italien vor Gericht. Den beiden Lebensrettern drohen Haft, exorbitante Geldstrafen und weitere zermürbende Jahre in der nächsten Gerichtsinstanz.

Wir sind empört über den Versuch, couragiertes Handeln zu kriminalisieren und die Existenz von Elias Bierdel und Stefan Schmidt zu zerstören Wir fordern ihre umfassende Rehabilitierung. Humanitäre Hilfe ist kein Verbrechen.


Unterstützungserklärungen bis 17. Mai 2009 senden an: proasyl (at) proasyl.de

Weitere Informationen und Postkarten zum Ausdrucken auf :: proasyl.de und :: borderline-europe.de