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Quellenangabe:
Burschenschafterkommers 2009? Alpenfestung schleifen! (vom 31.05.2009),
URL: http://no-racism.net/article/2962/, besucht am 28.12.2024

[31. May 2009]

Burschenschafterkommers 2009? Alpenfestung schleifen!

Vom 19. bis 21. Juni 2009 soll in Innsbruck/Tirol der Festkommers der Burschenschaften abgehalten werden. Aktueller Anlass dafür ist, dass sich 2009 zum 200. Mal die Schlacht am Bergisel jährt.
Ein antifaschistisches Bündnis ruft zu Gegenaktion auf.

Text der autonomen Antifa Innsbruck


Die deutsch-völkische Szene Österreichs organisiert sich maßgeblich im Männerbund Burschenschaft, mit Netzwerkstrukturen zur FPÖ, deren Vorfeldorganisationen Ring freiheitlicher Jugend (RFJ), Ring freiheitlicher Studenten (RFS) und den Freiheitlichen Akademikerverbänden (FAV) sowie mit personellen Überschneidungen zum neonazistischen Kameradschafts-Umfeld. Mit den Umstrukturierungsprozessen im österreichischen Rechtsextremismus der 1990er Jahre, kommt den deutschnationalen Korporationen ein hoher Stellenwert zu. Die Verhaftung und langjährige Inhaftierung von Neonazi Kadern der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO), bereitete den eher im Verborgenen werkelnden Burschen das Feld.

Gesamtdeutscher Burschenschafterkommers
Vom 19. bis 21. Juni rauft sich der elitäre Haufen zu einem Kommers in Innsbruck zusammen, es wird mit etwa 1000 Anreisenden aus Österreich und Deutschland gerechnet. Das Treffen wird im Rahmen der Feierlichkeiten anlässlich des 200. Jahrestages der so genannten Befreiungkriege rund um den Lokalmatador Andreas Hofer, abgehalten, zu denen das offizielle Tirol lädt. Was dem Land (lokal-) patriotischer Aufputz ist, dient dem "gesamtdeutschen Kommers" (!) unter dem selben Motto "200 Jahre Tiroler Freiheitskampf", zur Heroisierung des so genannten "Grenzlandtums". Im Geschichtsverständnis der Burschen, ist das "Deutschtum" in Südtirol seit dem Kampf von Tiroler Bauern gegen französische Truppen und die Aufklärung, über den Südtirolterrorismus der 1950er und 60er Jahre bis zum heutigen Ringen um die "deutsche Kulturnation", mit der nationale Zugehörigkeit auch jenseits von Staatsgrenzen verortet werden kann, kontinuierlich bedroht. Dabei scheint sich das offizielle Tiroler Verständnis, trotz Distanzierungen, durchaus in gedanklicher Nachbarschaft zu befinden. So sagte Andreas Khol, ehem. Nationalratspräsident der ÖVP und Organisator des offiziellen Tiroler Gedenkfestumzugs im September 2009, in einem Interview im November 2008, dass dieses Gedenkjahr die "große Chance, die Einheit Tirols im Kopf zu verankern" biete.

What the fuck ...?
Ein Kommers ist die burschenschaftliche Antwort auf die Frage nach der Verbindung von Öffentlichkeitsarbeit, der Lancierung eigener politischer Inhalte in der öffentlichen Wahrnehmung mit inoffiziellen Vernetzungsaktivitäten. Dabei geht es leider nicht nur um das symptomatische akademische Besäufnis, sondern auch um die gegenseitige Absicherung des eigenen Status als männerbündlerische Elite. In der Uniformierung und stolzen Zurschaustellung von Säbeln und Schmissen, liegt das Versprechen, sich von der "breiten studentischen Masse" absetzen zu können. Die letzte Großveranstaltung dieser Art fand in Innsbruck 2000 statt, damals sprach - trotz breiter zivilgesellschaftlicher Proteste - der damalige Innsbrucker Bürgermeister Herwig van Staa, heuer wird ein wesentlicher höherer Staatsfunktionär den Ehrenschutz übernehmen, Martin Graf, dritter Nationalratspräsident und Alter Herr der rechtsextremen Wiener Burschenschaft Olympia, empfindet es als Auszeichnung, das versammelte deutschnationale Lager zu vertreten.

Wer genau
Die Organisation des Kommerses wird von einer interkorporativen Arbeitsgruppe geleitet. Die Direktive hat Christoph Mösenbacher inne. Er ist gleichzeitig der Vorsitzende des Rings freiheitlicher Studenten für Tirol und Mitglied der Burschenschaft Brixia. Weiters mit im Boot sind die Burschenschaft Suevia, die Corps Athesia und Gothia, die Sängerschaft Skalden, die Landsmannschaft Tirol und die akademische Turnverbindung. Die Brixen und Sueven gehören zum rechten Flügel, des an sich schon dezidiert rechten Dachverbands Deutsche Burschenschaft (DB), der mit ca. 15 000 Mitgliedern, die größte deutschnationale Vereinigung in Österreich und Deutschland ist. Als sich 1996 die Olympia aus Wien anschickte, erneut den (rotierenden) Vorsitz der DB zu übernehmen, traten gemäßigte deutsche Verbindungen aus dem Verband aus. Auf der anderen Seite trat die Sängerschaft Skalden, das prominentestes Mitglied ist Ewald Stadler, EU-Spitzenkandidat des BZÖ, 1992 aus der Deutsche(n) Sängerschaft (DS) aus, weil dieser Dachverband es erlaube, dass "auch ein Chinese, falls er sich zur Pflege deutschen Kulturgutes verpflichtet" , in eine DS-Verbindung aufgenommen werden kann. Damit entsprechen die Skalden dem deutschnationalen Abstammungsprinzip, das Nationalität dort verortet, wo eine deutsche "Bluterbschaft" und völkische "Abstammungsgemeinschaft" konstatiert, oder besser: konstruiert, wird.
Entgegen aller korporierten Legenden war der Antisemitismus von Anfang an fixer Bestandteil burschenschaftlichen Lebens. Bereits die "Urburschenschaft" bestimmte, dass "nur ein Deutscher und Christ" Mitglied werden dürfe. Bei der Vereinigung der bereits bestehenden Burschenschaften zur Allgemeinen Deutschen Burschenschaft (1818) stritt man um den "Arierparagraphen", der mit der gesamtgesellschaftlichen Konjunktur des Antisemitismus ab ca. 1870, in beinahe allen Burschenschaften implementiert wurde.
Auch ein Blick auf die Lebensbündler und Alten Herren der Brixia macht deutlich, welche politische Zielsetzungen in den Verbindungen konserviert und propagiert werden. Herwig Nachtmann, Mitglied der Burschenschaft Brixia, wurde 1995 nach dem NS Verbotsgesetz verurteilt. Seine Verurteilung hatte keine weiteren Auswirkungen auf seine Mitgliedschaft. In derselben Korporation findet sich auch Erhard Hartung, verurteilter vierfacher Mörder und Südtirolterrorist, der jedoch nie an Italien ausgeliefert wurde.

Und was
Das Programm des Kommers sieht für den Abend des 19. Junis eine "Bergsonnenwendfeier" am Bergisel vor. Dort brennen alljährlich in der erzkatholischen Ausrichtung der "Herzjesu Feiern" Gipfelfeuer, die auch als Symbol für die geforderte "Wiedervereinigung" mit Südtirol zu verstehen sind. Am Samstagabend findet ein Festkommers statt, das korporierte Wochenende schließt letztlich mit dem "Traditionellen Sonnwendfrühschoppen der Innsbrucker wehrhaften Korporationen" ab. Die antifaschistischen Proteste, die sich gegen den Burschenschafter Kommers formieren, werden dieser rassistischen, sexistischen, antisemitischen und nationalistischen "Wehrhaftigkeit" den gebührenden Widerstand verschaffen.

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