Quellenangabe:
Deutschland Lagerland, alles muss weg! (vom 19.06.2009),
URL: http://no-racism.net/article/2987/,
besucht am 22.11.2024
[19. Jun 2009]
Ein Resümee der Lagerschluss- verkaufstage vom 11.-14. Juni 2009 in München.
Vier Tage lang protestierte das Netzwerk Deutschland Lagerland mit humorvollen und kämpferischen Aktionen gegen die Lagerunterbringung von Flüchtlingen und das Recht auf selbstbestimmtes Leben und Wohnen. Aus den Erfahrungen der Aktionstage lässt sich ein sehr positives Fazit ziehen: Der Aufwand lohnt sich!
Im Vorfeld der Aktionen mussten wir jedoch erst einmal eine böse Überraschung erleben: Auf Anweisung der Zentralen Rückführungsstelle Nord und gedeckt durch das bayerische Innenministerium verweigerten die Ausländerbehörden in Nordbayern den dort lebenden Flüchtlingen die Anreise nach München. Begründung: Eine Teilnahme an den Aktionen liege nicht im öffentlichen Interesse. 50 Personen allein aus Würzburg hatten sich für unsere Aktionen angemeldet und konnten nun nicht kommen. Weil sich die Flüchtlinge diese unverschämte Beschränkung ihrer Versammlungs- und Meinungsfreiheit nicht gefallen lassen wollten, organisierten sie kurzerhand eine eigene Demo - über 250 Menschen beteiligten sich daran.
Obwohl unsere FreundInnen aus Nordbayern fehlten, waren auch die Aktionen in München - vom Öffentlichen Hearing über das Rattentheater vorm Innenministerium bis zur bayernweiten Demonstration und dem antirassistischen Fußballturnier - sehr gut besucht. Bei der Demo am Samstag zählten wir über 500 Menschen! Die hohe Beteiligung von LagerbewohnerInnen an den Aktionen und an der parallel stattfindenden Demonstration in Würzburg zeigt uns: Die Flüchtlinge haben die Unterbringung in den Sammelunterkünften satt und sind bereit, für die Abschaffung des Lagerzwangs auf die Straße zu gehen!
Während der Dauerkundgebung am Stachus kamen auch viele Passanten zu uns ans Zelt, um sich über die Aktionstage zu informieren und sich die Ausstellung "Leben im Lager" anzusehen. Vielen war bisher nicht bewusst, unter welchen Bedingungen Flüchtlinge in Bayern untergebracht werden. Ihr Unwissen und ihre teils sehr emotionalen Reaktionen bestätigen uns, wie wichtig es ist, das Thema "Lagerunterbringung" durch Kampagnen wie den Lagerschlussverkauf öffentlich zu thematisieren und auf die politische Tagesordnung zu bringen.
Auch in der lokalen und überregionalen :: Presse stießen die Aktionstage auf große Resonanz. Dabei war die Berichterstattung durchweg positiv - die Medien berichteten sehr objektiv über die Aktionen.
Die Aktionstage dienten auch der intensiveren Vernetzung von Deutschland Lagerland; es entstanden viele neue Kontakte, die Zusammenarbeit zwischen Flüchtlingen und den anderen politischen AktivistInnen wurde verstärkt, zukünftige Aktionen besprochen und Besuche in verschiedenen Lagern vereinbart.
Mit großer Spannung sehen wir den parlamentarischen Beratungen entgegen, die diesen Donnerstag im bayerischen Landtag beginnen. Die Grünen haben ihren Entwurf für ein neues "Flüchtlingsaufnahmegesetz" eingebracht, das nun in einer 1. Lesung debattiert wird. Wir erwarten von allen Landtagsfraktionen eine ganz deutliche Richtungsänderung der bisherigen Politik der Flüchtlingsunterbringung, nämlich die völlige Abschaffung des Lagerzwangs für Flüchtlinge. Einen faulen Kompromiss wollen und werden wir nicht akzeptieren!
Der Lagerschlussverkauf war der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Aktionen gegen das Lagersystem in Bayern. Doch das ist noch längst nicht alles. Lagerzwang ist nur ein Übel von vielen. Deshalb demonstrieren wir am kommenden Samstag in :: Nürnberg gegen Abschiebungen, Migrationskontrollen und für das Recht auf Bewegungsfreiheit. Im August sind wir auf dem :: No Border Camp in Lesvos und im September geht"s weiter in :: Würzburg mit der Demo "Fight Fortress Europe, Abschiebungen verhindern! Gemeinschaftsunterkünfte schließen!".
Wir sehen uns dort!
Artikel übernommen von :: deutschland-lagerland.de