Quellenangabe:
Tod eines 17-jährigen Abschiebegefangenen in Hamburg am 07.03.2010 (vom 09.03.2010),
URL: http://no-racism.net/article/3278/,
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[09. Mar 2010]
Der 17-jährige David M. starb am Sonntag im Hamburger Gefängnis- krankenhaus. Nachdem er bereits tagelang jegliche Nahrung verweigert hatte, wurde er dort "tot aufgefunden". Er hatte sich erhängt.
Der aus Georgien stammende David war ohne seine Erziehungsberechtigten eingereist und saß bereits seit Februar 2010 in Abschiebehaft, in die er als Jugendlicher eigentlich nicht gehörte. In den Tagen vor seinem Tod befand er sich in Hungerstreik.
Suizid eines Jugendlichen in Abschiebehaft
Aufruf zur Demonstration am 9.3.2010, um 18.00 Uhr am Bahnhof Sternschanze
Nach Angaben der Hamburger Justizbehörde wurde am Sonntagnachmittag der 17jährige David erhängt im Gefängniskrankenhaus aufgefunden. Der aus Georgien stammende Flüchtling hatte in Deutschland um Asyl nachgesucht, das abgelehnt wurde. Obwohl minderjährig saß er seit Februar in Abschiebehaft. Er hatte schon seit längerer Zeit Essen verweigert.
Soweit die dürren Fakten, hinter denen ein weiteres Leben steht, das durch die rassistische Ausländergesetzgebung endgültig zerstört wurde.
Davids Tod reiht sich in eine menschenverachtende Flüchtlingspolitik ein. Gegenüber Minderjährigen Unbegleiteten Flüchtlingen zeichnet sich gerade Hamburg durch eine besonders schlimme Vorgehensweise aus: Statt die Rechte und das besondere Schutzbedürfnis der Jugendlichen zu bedenken, sie von der Jugendbehörde in Obhut zu nehmen, wie es Minderjährigen Unbegleiteten Flüchtlingen gesetzlich zusteht, werden sie ohne Dolmetscher[_innen] isoliert, zurückgeschoben oder gleich mit einem fiktiven Geburtsdatum für erwachsen erklärt.
Abschiebehaft ist eine staatliche Zwangsmaßnahme, die willkürlich verhängt wird. Sie gehört ersatzlos abgeschafft, und Jugendliche dort unterzubringen, ist eine krasse Verletzung der Kinderrechte!
Wir sind traurig und wütend über den Tod von David M. Deshalb finden wir es wichtig uns spontan zu versammeln und gegen diese mörderisch rassistische Politik zu protestieren.
Wir rufen daher auf zur Demonstration, morgen am 9.3.2010, um 18.00 Uhr am Bahnhof Sternschanze.
Die Abschlusskundgebung ist um 19.00 Uhr vor dem Untersuchungsgefängnis, in dessen Haftkrankenhaus David M. gestorben ist.
Hermann Hardt
Flüchtlingsrat Hamburg
Für Nachfragen: 0152-22482297
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
c/o Werkstatt 3, Nernstweg 32-34 3. Stock, 22765 Hamburg
Tel: 040-431587 Fax 040-4304490
info (at) fluechtlingsrat-hamburg.de
http://www.fluechtlingsrat-hamburg.de
Der 17-jährige David starb am Sonntag im Hamburger Gefängniskrankenhaus.
Nachdem er bereits tagelang jegliche Nahrung verweigert hatte, wurde er dort "tot aufgefunden". Er hatte sich erhängt. Der aus Georgien stammende David war ohne seine Erziehungsberechtigten eingereist und saß bereits seit Februar in Abschiebehaft, in die er als Jugendlicher eigentlich nicht gehörte.
Es gibt keinen Freitod hinter Gittern!
+ Wir fordern die sofortige Abschaffung von Abschiebehaft.
+ Wir fordern ein sicheres Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis für alle Menschen, die in Deutschland leben.
+ Wir fordern die Abschaffung aller Sondergesetze für Nichtdeutsche, vor allem die Residenzpflicht für Flüchtlinge und das Asylbewerberleistungsgesetz.
+ Gerade Minderjährige Unbegleitete Flüchtlinge brauchen besonderen Schutz. Der Umgang mit ihnen soll sich an Kinderrechten und dem Kindswohl orientieren und nicht an rassistischen Ausländergesetzen
Make Borders History!
Es rufen auf: Flüchtlingsrat Hamburg, Café Exil, Sportallee-Infomobil, Avanti - Projekt undogmatische Linke, GEW-Studis, Anti Atom Büro HH
Demonstration
Dienstag, 09.03.2010, 18:00
S-Sternschanze, Hamburg
Pressemitteilung des Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V., München, 09.03.2010
Ein Toter mit Ansage - Abschiebehaft als tödliche Falle
Wer die Hamburger Ausländerpolitik kennt, hat es kommen sehen. Nun hat sich der schlimmste Fall von amtlicher Kindesvernachlässigung seit vielen Jahren in der Bundesrepublik ereignet. Am Sonntag, den 07. März hat sich David M., ein 17-jähriger unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, im Zentralkrankenhaus der Untersuchungshaftanstalt Hamburg erhängt, nachdem er über mehrere Wochen die Nahrung verweigert hatte.
Dies hätte nie passieren dürfen! Unbegleitete Minderjährige sind besonders schutzbedürftige Personen, die nicht in Abschiebehaft zu nehmen sind, sondern in Obhut durch das Jugendamt. Dies ignoriert der Senat jedoch und hat noch die Dreistigkeit in einer kürzlich gestellten Anfrage nach den Abschiebebedingungen zu antworten:
"Die näheren Modalitäten der Begleitung und des Empfangs der Minderjährigen in den wiederaufnehmenden Mitgliedstaaten in diesen Fällen [...] sind Hamburger Behörden nicht bekannt".
Drucksache 19/5214 der Bürgerschaft vom 05.02.2010
Jetzt kennen alle die näheren Modalitäten: Hier wurde in eklatanter Weise die staatliche Garantenpflicht für das Kindeswohl verletzt. Die Freie und Hansestadt Hamburg muss alles dafür tun, dass die grundgesetzlich verankerten Kinderrechte auch für junge Flüchtlinge gelten.
Alle Kinderschutzmechanismen haben in Hamburg versagt und einem jungen Menschen das Leben gekostet. Wir fordern den Senat auf, diesen Fall lückenlos aufzudecken und nicht nur personelle Konsequenzen zu ziehen. Das System der Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen muss sich in Hamburg grundlegend ändern. Sonst werden weitere Tote einer verfehlten Kinderschutzpolitik zu beklagen sein.
Wir betrauern den 17-Jährigen David M.
Unsere Gedanken sind bei seinen Angehörigen und Freunden.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen zur Verfügung.
Kontakt: Niels Espenhorst, 089/20244013 und 0176/64101726
Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V.
Nymphenburger Str. 47, 80335 München
Fon 089 / 20 24 40 13
Fax 089 / 20244015
info (at) b-umf.de
http://www.b-umf.de
Presse-Mitteilung vom 08.03.2010 von Pastorin Fanny Dethloff, NEK-Flüchtlingsbeauftragt
Fatale Folgen der Abschiebehaft für Minderjährige
Abschiebepolitik im Rahmen der Dublin II-Verordnung gehört auf den Prüfstand
Gerade hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verkündet, dass eine neuerliche Anhörung bei sogenannten Dublin-II-Fällen entfallen soll. Allein die Frage sei zu klären, welches Land für das Asylverfahren zuständig ist, in das die Flüchtlinge dann zurückgeschoben werden.
In Helsinki haben vor etwa zwei Jahren Studentinnen und Studenten in einem großen Käfig vor einer Hauptpost versucht zu verdeutlichen, wie Dublin II funktioniert: ein Herumschieben von Flüchtlingen in Europa. "Wie Pakete" werden Menschen ihrem Fluchtweg folgend zurück verfrachtet. Oft ist damit Abschiebungshaft verbunden. Keine Anhörung, keine Aufklärung, keine Beratung, kein Rechtsbeistand. Schon für Erwachsene ist das schwer aushaltbar.
Minderjährige brauchen etwas anderes als eine Abschiebungszelle!
Die Nordelbische Ev.-Luth. Kirche hat bereits 2002 festgehalten, dass schwangere, physisch und psychisch erkrankte und minderjährige Flüchtlinge nicht in Haft genommen werden sollten.
Ein solcher Todesfall wie aktuell in Hamburg (siehe Anlage: PE der FHH vom 8.3.2010) sollte verantwortliche Politikerinnen und Politiker aufrütteln.
Flüchtlinge brauchen Aufnahme und Schutz, Verständnis für ihre Lage,
Begleitung, Beratung und einen Rechtsbeistand. Minderjährige Unbegleitete Flüchtlinge brauchen Verständnis und Aufmerksamkeit - keine Haft.
Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche
Die Flüchtlingsbeauftragte
Pastorin Fanny Dethloff
Königstr. 54
22767 Hamburg
Tel.: 040-30620 364
Fax: 040-30620 339
dethloff (at) diakonie-hamburg.de
http://www.hamburgasyl.de
Aussendung von Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.
Hamburg - Am Sonntag wurde der 17jährige David M. tot im Justizkrankenhaus der Stadt Hamburg aufgefunden. Der junge Georgier war kurz zuvor Aufgegriffen worden und anstatt ihn durch das Jugendamt Inobhut nehmen zu lassen, kam er in Abschiebehaft.
Der 17jährige David M. kam aus Georgien. Bevor er einen Asylantrag stellen konnte, wurde er von den Behörden ohne gültige Papiere aufgegriffen. Das Gesetz schreibt in diesen Fällen eigentlich eine Inobhutmaßnahme, also die Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung, vor. Doch die Ausländerbehörden halten sich nicht an dieses Gesetz, sondern bringen, wie auch in diesem Fall, die Betroffenen lieber zum Haftrichter.
Das Amtsgericht Hamburg fällte am 9.2.10 den Beschluss, den Jugendlichen in Abschiebehaft zu nehmen, um ihn anschließend nach Polen abzuschieben. Aus lauter Verzweiflung verweigerte David M. die Nahrungsaufnahme. Am 25.2.10 wurde er in das Justizvollzugskrankenhaus überstellt, wo er wohl einen Tag vor seinen Tod wieder mit der Nahrungsaufnahme begonnen hatte.
"Unsere ganzes Mitgefühl gilt der Familie und den Freunden von David M.", so Frank Gockel, Vorsitzender des Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren. Gockel erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden, die David M. nicht Inobhut, sondern in Haft genommen haben. "Aus vielen Kontakten mit Kindern und Jugendlichen in der Abschiebehaftanstalt Büren weiß ich, wie gerade die jungen Menschen systematisch durch die Haft zerstört werden."
Auch in NRW befinden sich immer wieder Kinder und Jugendliche in Abschiebehaft. Die genaue Zahl lässt sich seit letztem Jahr nicht mehr ermitteln. Das Innenministerium des Landes NRW hat den Ausländerbehörden erlaubt, das Alter der Kinder und Jugendlichen frei zu schätzen und seit dem wird jeder noch so jung aussehende Mensch auf mindestens 18 Jahre geschätzt. "Wir gehen von 20 bis 40 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren pro Jahr allein in der JVA Büren aus. Der jüngste, den ich besucht hatte, war gerade 15 Jahre geworden", so Gockel, "Wir fordern endlich die UN-Kinderrechtskonvention vorbehaltlos anzuerkennen, die die Inhaftierung von Kindern und Jugendlichen in Abschiebehaft verbietet."
Büren, 8. März 2010
Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.
Pressesprecher: Frank Gockel
Pöppinghauser Str. 20, 32756 Detmold
Tel.: 07 00-22 99 77 11
Handy: 01 71-47 59 240
E-Mail: Presse (at) hfmia.de
http://www.gegenAbschiebehaft.de
Quellen :: thecaravan.org, 09. Mar 2010, :: avanti-projekt.de, 08. Mar 2010, :: fluechtlingsrat-hamburg.de, 08. Mar 2010