Quellenangabe:
Italien: Warnschüsse bei MigrantInnenrevolte (vom 01.04.2010),
URL: http://no-racism.net/article/3309/,
besucht am 21.11.2024
[01. Apr 2010]
In der Nacht zum 30. März 2010 ist es im Identifi- kations- und Abschiebe- zentrum (CIE) in Ponte Galeria bei Rom gegen halb eins zu einer Revolte gekommen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Polizei unter anderem mit Warnschüssen reagierte.
Das sagte ein Migrant, der mit einem freien Radio kommunizierte. Am darauf folgenden Morgen waren die MigrantInnen nicht mehr telefonisch erreichbar. Im vergangenen Monat ist es in zahlreichen Identifikations- und Abschiebezentren zu Protesten und auch zu Aufständen gekommen. Mithilfe der Aufzeichnungen der Überwachungskameras wurden etwa 15 Migranten identifiziert, die nun offenbar von den anderen getrennt wurden.
Die Frauen haben trotz des Lärms nichts gemerkt. So stark sind wohl die Beruhigungsmittel, die ihnen einem Bericht auf Indymedia Italia zufolge verabreicht werden. Es heißt, dass sie die Tage schlafend oder weinend verbringen. Am Späten Abend war es zu einem Aufstand gekommen. MigrantInnen berichteten, dass es Probleme mit der Polizei gab, weil diese nicht erlaubt haben soll, dass ein Migrant sich Schmerzmittel aus der Ambulanz holt.
Dass die Lebensumstände unerträglich sind, das sagen die MigrantInnen immer wieder. Die Regionalstadträtin Anna Pizzo hatte nach einer weiteren :: Revolte am 13. März 2010 die Anstalt besucht und unter anderem berichtet, ein junger Migrant habe jeden Tag in der Ambulanz vorgesprochen, um seine Finger- und Zehennägel schneiden zu können. Dies habe man ihm verweigert, weil man dafür nicht ausgestattet sei und ihm unmöglich eine Nagelschere geben könne. Anna Pizzo berichtete, dass der Anstaltsleiter, den sie herzu befragt hatte antwortete, man habe an alles gedacht, aber nicht an die Nagelscheren. Dies kann nur bedeuten, wie Recht die Migranten haben, die sagen, dass sie sich wie Tiere behandelt fühlen.
Am heutigen Vormittag versuchte die Regionalrätin, die MigrantInnen in der Anstalt zu besuchen. Dies wurde ihr nicht gestattet. Bei einem Gespräch mit dem Anstaltsleiter erfuhr sie, die MigrantInnen seien zur Stunde ohne Wasser und Strom. Dass in der Nacht Warnschüsse in die Luft abgegeben worden seien, verneinte der Anstaltsleiter. Allerdings sind im Audiomitschnitt der telefonischen Korrespondenz eines sehr verzweifelt klingenden Migranten deutliche Knallgeräusche im Hintergrund zu hören.
Die Aufzeichnung ist hier zu finden:
http://www.autistici.org/ondarossa/archivio/silenzioassordante/100330_pontegaleria_h.02.10.mp3
Ein früherer Bericht eines anderen Migranten hier:
http://www.autistici.org/ondarossa/archivio/silenzioassordante/100330_pontegaleria_h.01.10.mp3
Der Migrant betonte mehrmals, es werde nur in die Luft geschossen. Die Knallgeräusche waren über länger Zeit im Hintergrund hörbar, während der Mann versuchte, zu erzählen, warum sie revoltierten und was gerade im Geschehen war. Selbst befand er sich während dessem mit anderen Migranten auf dem Dach der Anstalt. Im Gebäude brannten derweil Matratzen und andere Gegenstände. 15 Migranten, die nach einer Auswertung der Aufzeichnungen der Überwachungskameras von den anderen getrennt wurden, sollen in Gewahrsam sein.
Am 31. März konnte ein Migrant wieder kommunizieren. Er wurde auch zur Identifizierung der Akteure der Revolte "überprüft", weshalb er persönlich erleben konnte, wie etliche Mitinsassen nach Regina Coeli gebracht wurden. Ihn selbst hat man nicht mitgenommen. Frühstück und Mittagessen fielen in der Anstalt aus. Die MigrantInnen, die zumindest theoretisch keine Häftlinge sind, waren am Abend des 31. März noch in ihren Zimmern eingeschlossen, bewacht von Carabinieri, Polizia und Finanzpolizei. Er berichtete von ausgiebigem Gebrauch von Schlagstöcken und von Beleidigungen wärend der "Überprüfungen".
Artikel übernommen von :: de.indymedia.org, 30. Mar 2010 und Ergänzung vom 31. Mar 2010.