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Quellenangabe:
Abschiebung abgesagt: Über die Wirkung von Vulkanausbrüchen und Protesten (vom 21.04.2010),
URL: http://no-racism.net/article/3339/, besucht am 29.03.2024

[21. Apr 2010]

Abschiebung abgesagt: Über die Wirkung von Vulkanausbrüchen und Protesten

In Deutschland, Großbritannien und wohl auch in anderen Ländern haben Flugverbote und Proteste in den letzten Tagen dazu geführt, dass mehrere Abschiebungen abgesagt werden mussten. Die Proteste gehen weiter. Im folgenden ein paar bekannt gewordene Beispiele.


Deutschland: Vorübergehender keine Flugabschiebungen von Berlin


Der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull in Island und die damit verbundenen Sperren des Luftraumes haben ihre positiven Nebenwirkungen. Die Abschiebebehörden sind bei der Durchführung ihrer rassistischen Jobs eingeschränkt. :: Neues Deutschland berichtete am 20. April 2010 von fünf Fällen in Brandenburg und mindestens einem in Berlin, bei denen die bereits festgesetzten Abschiebeflüge nicht statt gefunden haben. In wie vielen Fälle es insgesamt zum Ausfall der geplanten Abschiebung mittels Flugzeug kam, ist nicht bekannt.

In den meisten Fällen handelt es sich für die betreffenden Personen leider nur um einen Aufschub. Ob einzelne Abschiebungen komplett gescheitert sind, ist nicht bekannt. Die Personen, die nicht abgeschoben werden konnten, wurden wieder zurück in die jeweiligen Abschiebehafteinrichtung gebracht. Überfüllungen der Gefängnisse sind laut Behördenangaben vorerst nicht zu erwarten.

Neues Deutschland schrieb: "Die Ausländer[_innen]behörden beantragen Haftverlängerung, wenn Flüge ausfallen. Die wird vom Gericht geprüft, aber sicher nur abgelehnt, wenn die höchstmögliche Haftdauer überschritten ist. Diese beträgt in der Regel sechs Monate, in Ausnahmen 18 Monate. So ein Fall ist bisher nicht eingetreten. (...) Auch wenn der Flugraum über Berlin wieder geöffnet wird, werden Abschiebungen so bald nicht stattfinden. Tourist[_inn]en und Geschäftsreisende, die auf Wartelisten stehen, können ihren Flug lautstärker einfordern als Flüchtlinge, die in der Regel gar nicht freiwillig Deutschland verlassen wollen."

Das Flugverbot hat aber auch Einfluss Personen, die sich mit Visa in Deutschland aufhalten. Laut einer Berliner Behördensprecherin werden bei Drittstaatsangehörige, die wegen des Flugverbotes nicht ausreisen können, abgelaufene Visa automatisch verlängert. Ein abgelaufenes Visum gelte "in diesem Fall schon vom Gesetz wegen als fortbestehend" und es sei keine eigene Beantragung erforderlich.


GB: Abschiebungen abgesagt


In Großbritannien wurden mehrere Abschiebungen abgesagt. So eine für 15. April geplante Charterabschiebung nach Nigeria(1) und eine für 21. April geplante Charterabschiebung nach Cameroon(2). Die National Coalition of Anti-Deportation Campaigns (NCADC) weist darauf hin, dass die Gefangenen den Abschiebebeamt_innen der UK Border Agency (UKBA) und ihren brutalen Übergriffen ausgeliefert bleiben. Einige der Gefangenen ersuchen um Unterstützung. Informationen dazu finden sich auf :: ncadc.org.uk.

Ebenfalls abgesagt wurde die Abschiebung von Bita Ghaedi in den Iran. Sie floh 2007 vor häuslicher Gewalt und Missbrauch in der Ehe. Seither lebte sie in GB und setzte sich dort gegen die andauernden Menschenrechtsverletzungen im Iran ein. Am 15. April wurde sie in ihrer Wohnung gewaltsam von Angehörigen der UKBA verhaftet und in das Internierungslager Yarls Wood gebracht, wo sie die Zeit bis zu ihrer Abschiebung verbringen muss. Im Iran droht ihr Verhaftung oder gar die Hinrichtung, wie ihre Unterstützer_innen bei der Kundgebung vor dem Home Office in London mitteilten, was die Abschieber_innen aber nicht hindert, sie an die Behörden im Iran auszuliefern. Ob der Ausbruch des Vulkans oder die umfangreichen Proteste gegen die Abschiebung zur Absage führten, ist unklar.

Am 19. April, einen Tag vor der geplanten Abschiebung, protestierten Unterstützer_innen in London gegen ihre Auslieferung in den Iran. Und am 20. April waren zahlreiche Freund_innen, Unterstützer_innen und Aktivist_innen bereit, die geplante Abschiebung vom London Heathrow Airport zu verhindern. Weitere Proteste gab es zeitgleich in London und Washington. Bita selbst beteiligte sich am seit längerem andauernden :: Hungerstreik in Yarls Wood, mit dem gefangene Frauen gegen die Abschiebung und für ihre Freiheit kämpfen. Da die Abschiebung nur vorübergehend ausgesetzt ist, geht der Kampf für die Freiheit und das Leben von Bita Ghaedi weiter. Weitere Informationen dazu auf :: indymedia.org.uk.


Wien: Geplante Charterabschiebung am 22. April


Da die Flugverbote mittlerweile großteils wieder aufgehoben wurden, ist zu befürchten, dass die Abschiebebehörden die Abschiebungen mit Flugzeugen bald wieder aufnehmen werden. Es ist davon auszugehen, dass die für die nächsten Tagen geplanten Charterabschiebungen wie geplant durchgeführt werden.

So ist für Donnerstag, 22. April eine von Frontex koordinierte Charterabschiebung u.a. von Wien nach Nigeria geplant. Die für diesen Tag geplanten Proteste werden wie geplant stattfinden, auch wenn nicht sicher ist, ob die Abschiebung tatsächlich stattfinden wird.

Ab 10:00 gibt es eine Kundgebung am Parkplatz vor der Ankunftshalle in Schwechat. Zusätzlich wird zu dezentraler Aktionen am Flughafen und einer Demonstration um 18:00, Treffpunkt in der Ankunftshalle, aufgerufen. Weitere Informationen :: hier und auf :: at.indymedia.org.




Anmerkung:
(1) Info von :: NCADC: Nigeria Charter flight cancelled The deportation charter flight from Heathrow to Nigeria last Thursday was cancelled, due to the Iceland volcanic eruption. Among those saved was Vincent Onwubiko, 43, a disabled power-lifting champion. Vincent has been held in detention for nearly three years, and was due to be removed despite having a High Court appeal outstanding. :: Reported in the Independent
(2) Info von :: NCADC: Cameroon charter cancelled. The deportation charter flight on Wednesday 21 April has been cancelled due to the volcanic ash cloud from Iceland. However, the UK Border Agency will soon try again. Many of those booked on the cancelled flight have been through all this before, some suffering brutal assaults at the hands of the UKBA enforcers. Some have contacted NCADC for help. Please help keep up the pressure on the authorities.