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Quellenangabe:
Zur Erschießung von Max Itoya in Warschau - Aufruf zur Solidarität (vom 06.07.2010),
URL: http://no-racism.net/article/3425/, besucht am 18.04.2024

[06. Jul 2010]

Zur Erschießung von Max Itoya in Warschau - Aufruf zur Solidarität

Nach dem tödlichen Polizeischuss auf Max Itoya am 23. Mai 2010 kommt es in Polen zu Repression gegen seine KollegInnen und deren Familien. Internationale Solidarität ist jetzt dringend nötig.

Wir sind eine Gruppe u. a. aus in Warschau lebenden PolInnen und ImmigrantInnen. Im Moment engagieren wir uns im Kampf gegen die Organe staatlicher Unterdrückung - genauer die Polizei - welche für die brutale Ermordung von Maxwell Itoya, einem Polen nigerianischer Abstammung, am 23. Mai 2010 verantwortlich ist. Dieser Kampf zeigt sich an vielen Fronten, den gesetzlichen bis zu den subversiven, in den Gerichtssälen, den Medien und auf der Straße. Unser Ziel ist es, den schuldigen kriminelle PolizistInnen genauso wie das dahinter stehende pervertierte rassistische System zu bestrafen. Selbiges beschützt nicht nur den Todesschützen hinter einem Schleier von "objektiven" Lügen, sondern benutzt genau dieselben verlogenen Argumente gegen Tausende von ImmigrantInnen, die versuchen, die stacheldrahtgeschützten Tore Europas zu passieren, um sie bedenkenlos zu kriminalisieren oder gleich direkt abzuschlachten.

Internationaler Druck ist entscheidend. Die polnische Polizei zieht alle Register, um sich selbst die öffentliche Gunst in den Medien zu sichern, während sie sorgfältig den "Unfall" vertuscht und versucht, die Beweise unter dem Teppich der aktuellen Berichterstattung verschwinden zu lassen.

Wir weigern uns, diesen Fall einfach ein weiteres Mal so verheimlichen zu lassen, wie bereits unzählige andere Fälle von staatlicher und polizeilicher Gewalt regelmäßig aus der öffentlichen Aufmerksamkeit verschwinden. Wir werden in Bewegung bleiben und brauchen dazu eure Hilfe! Wir rufen zu internationalen, direkten Aktionen und Demonstrationen in der erste Juliwoche 2010 auf, um Druck auf die polnische Regierung auszuüben. Sie muss einen fairen und transparenten Prozess zum Mord an Maxwell Itoya zulassen. Wir brauchen internationale Solidarität im Kampf gegen ausgrenzende Regierungen, die sich die kapitalistische Ausbeutung von ImmigrantInnen auf die Fahne geschrieben haben, und gegen deren bewaffnete Vollstreckung durch Polizei, Grenzwache und Frontex!


Was geschah am 23. Mai?


Am 23. Mai, morgens gegen 10 Uhr, während einer Routinekontrolle von Schuh- und KleidungsverkäuferInnen - von den Behörden als "gewerbsmäßige Kriminelle" bezeichnet - auf dem größten Markt Warschaus, wird ein Verkäufer brutalst von Polizisten in Zivil verhaftet. Zeugen der Verhaftung, überrascht wegen der ungewöhnlichen Brutalität der Polizisten, forderten selbige auf, sich zu beruhigen. Ein Polizist misshandelte einen jungen Afrikaner, offenbar weil der seinen Anweisungen nicht schnell genug gefolgt war. Maxwell Itoya, ein 36-jähriger Pole nigerianischer Abstammung, sagte ihm, es sei nicht nötig, ihn zu schlagen, der Junge wehre sich ja gar nicht, er solle einfach langsam sprechen, dann würde er ihn schon verstehen und tun, was von ihm verlangt werde. Daraufhin schoss einer der Polizisten einmal auf Max, der sofort tot war.

Der Polizist hatte keinen Warnschuss in die Luft abgegeben und der Mord geschah unter Missachtung sämtlicher Vorschriften. Alle Beweise bezeugen, dass Max diese krasse Tat keineswegs provoziert hat. Er war nicht aggressiv, er hat sogar zu Gelassenheit und Ruhe aufgerufen. Die Solidarität, die Max gegenüber seinen FreundInnen gezeigt hat, wurde mit einem tödlichen Schuss eines Polizeiangehörigen auf ihn beantwortet.

Die Gruppe der HändlerInnen reagierte mit großer Empörung auf Max' Ermordung; Steine wurden auf Polizeiautos geworfen. 32 Menschen aus afrikanischen Ländern wurden anschließend verhaftet und später des Angriffs auf PolizistInnen und Zerstörung von Polizeieigentum beschuldigt. Die Polizei verdreht die Tatsachen, indem sie behauptet, Max sei bei dem Krawall erschossen worden, der doch erst durch seine Erschießung ausgelöst wurde. Im Moment befindet sich immer noch Agu C. in Haft, er wird wahrscheinlich abgeschoben. Seit dem 23. Mai wird er an einem unbekannten Ort gefangen gehalten.

So wie viele ArbeiterInnen mit geringen Löhnen verkaufte Max am Wochenende auf dem Markt Waren, um seine Familie zu unterstützen. Sein legaler Status in Polen war bereits seit Jahren voll bestätigt. Er hinterlässt eine Frau und drei Kinder.

Dies ist ein Aufruf an alle, die mit Solidaritätsbekundungen helfen wollen, einen gerechten Prozess durchzuführen, in dem die folgenden Forderungen erfüllt werden:


Wir senden diesen Aufruf mit der Bitte um Solidarität und insbesondere um internationale Soli-Aktionen und Reaktionen in der ersten Juliwoche 2010. Dieser Fall staatlicher Gewalt hat besondere Bedeutung für alle Menschen, die in der Festung Europa leben. Setzt Zeichen gegen Maxwell Itoyas Erschießung durch die Polizei in Warschau und die generelle Kriminalisierung von ImmigrantInnen in Europa!


Flyer und Unterschriftenliste an polnische Behörden


Der oben stehende Text als A4-Flugblatt und eine Unterschriftenliste an die Behörden findet sich :: hier als pdf

Die Unterschriftenliste richtet sich an den polnischen Innenminister und den Generalstaatsanwalt. Von vollen Listen macht Ihr bitte zwei Kopien, das Original steckt Ihr einfach in nen Fensterbriefumschlag, dann geht's an den Innenminister (linke Adresse), die eine Kopie schickt Ihr an die Adresse rechts oben auf der Petitionsliste (unter "Kopia"), das ist der Generalstaatsanwalt. Die zweite Kopie geht an die polnische Botschaft, z.B. in Berlin oder Wien:

Botschaft der Republik Polen in Berlin
S. E. Herrn Dr. Marek Prawda
Lassenstr. 19-21
14193 Berlin

Botschaft der Republik Polen in Wien
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Weitere Informationen: http://www.max-solidarity.pl (Die Seite ist auf Polnisch, viele der Artikel sind jedoch auch auf Englisch verfügbar; das erkennt Ihr auf der Startseite an dem "English"-Button rechts unter der Inhaltsangabe.)

Artikel zuerst veröffentlicht am 30. Juni 2010 auf :: de.indymedia.org.