Quellenangabe:
Swarming Noborder Griechenland 2010 (vom 11.09.2010),
URL: http://no-racism.net/article/3496/,
besucht am 08.11.2024
[11. Sep 2010]
Auch im Jahr 2010 gibt es wieder Aktivitäten von antirassis- tischen Aktivist_innen in Griechenland, die sich gegen die Abschottungspolitik der EU richten.
Nach dem NoBorder-Camp im August 2009 auf Lesvos mit ca. 500 Teilnehmenden gab und gibt es dieses Jahr eine Reihe von Aktivitäten auf den Inseln Samos und Lesvos. Ergänzt wurden diese durch Recherche-Reisen nach Izmir und in die Evros-Region. Vor und nach den Hauptstationen Samos und Lesvos tourt(e) ein Infomobil durch Griechenland.
Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für detaillierte Berichte zu einzelnen Themen lohnt sich ein Blick auf die Kampagnenseite http:\\w2eu.net.
Die Aktionen sind noch nicht abgeschlossen- ihr dürft euch also auf neue Berichte und Ergänzungen freuen.
In Athen gab es einen Hungerstreik von sechs iranischen Flüchtlingen (von denen einer aus Deutschland aufgrund der Dublin II-Verordnung abgeschoben wurde). Nachdem der Hungerstreik bereits für zwei der Beteiligten über einen Monat dauerte und die Situation zunehmend kritisch wurde, gab der griechische Staat endlich nach und gewährte allen volles politisches Asyl durch eine ausnahmsweise Inkraftsetzung einer bereits abgeschafften Präsidial-Verordnung. Momentan gibt es in Griechenland kein Asylgesetz. Die präsidialen Verordungen wurden außer Kraft gesetzt und sollen im Laufe des nächsten Jahres durch ein neues Gesetz ersetzt werden. Momentan ist keine Internierung von Flüchtlingen möglich, da diese gegen zentrale Grundrechte verstößt und Griechenland sich keinen Ärger deswegen mit der EU leisten kann.
Aktivist_innen des Welcome to Europe-Netzwerks deckten im August auf, dass 38 im Evros-Gebiet bei der Überquerung des Grenzflusses ertrunkene Flüchtlinge ohne Begräbnis in einem Massengrab verscharrt wurden. Sie lösten damit ein breites Medienecho in Griechenland aus.
Am Samstag, dem 28. August, gab es nachmmittags mit etwas Verspätung einen Demozug entlang der Hafenpromenade von Vathi (Samos City) zum Frontex-Container. Es gab eine Zwischenkundgebung auf dem Hauptplatz zwischen mehreren Cafes. Die Hafenpromenade wurde gut mit Sprühereien ("Frontex kills", "assassini") eingedeckt. Das Schiff von Frontex (aus Italien, jedoch auch mit mind. einem ungarischen Besatzungsmitglied) und zwei griechische Küüstenwachboote wurden bereits vor Beginn des Demozugs in Sicherheit gebracht. Die Menschenjäger durften sich aber trotzdem auf einige "nette" Begrüßungen auf dem Boden freuen. Ein Container vor dem Gebäude der Küstenwache, der Frontex als Büro dient, wurde von oben bis unten verschönert. Die anwesenden Hafenbullen hielten sich zurück und baten die Aktivist_innen "Please don't paint". Wir spekulieren, dass es wohl Unstimmigkeiten zwischen Frontex und den lokalen Küstenwachen, die sich kontrolliert und bevormundet fühlen dürften, gibt. Samstag und Sonntag Abend gab es Infoveranstaltungen für die lokale Bevölkerung und Tourist_innen in Vathi und Karlovassi.
Wir fanden den lokalen Flüchtlingsknast leer vor. Er wurde gerade gereinigt und renoviert und befindet sich oberhalb von Vathi. Anders als Pagani auf Lesvos (das momentan offen ist) ist dieser Knast durch mehrfachen Stacheldrahtzaun und Sicherheitskameras gesichert. Er bietet sich daher für das notorisch klamme Griechenland für eine spätere Verwendung an, wenn das neue System eingeführt ist. Nach Aussage eines Küsten"schützers" kommen auf Samos momentan (fast) keine Flüchtlinge mehr an. Schlepper_innen werden in Griechenland mittlerweile oft zu absurd hohen Haftstrafen zwischen 20 und 60 Jahren verurteilt. Das wird mit dem Vorwurf des "versuchten Mordes" begründet. Dadurch dürfte der Preis für die Überfahrt für die meisten Flüchtlinge zu teuer geworden sein, so dass kaum noch welche auf den griechischen Inseln ankommen.
Auf Lesvos wird es eine Reihe von Aktivitäten geben. Sie sollen an die Aktionen letztes Jahr anschließen und zusammen mit lokalen Gruppen durchgeführt werden. Es wird eine Gedenkaktion für die acht Flüchtlinge geben, die im Oktober direkt an der Nordküste von Lesvos ertrunken sind. Solche Bootsunglücke gibt es, da leichtere Reisewege in die EU durch die immer stärkere Abschottungspolitik der EU geschlossen werden. Die Verantwortlichen in den EU-Behörden (v.a. Frontex) und in den einzelnen Mitgliedsstaaten tragen die Schuld an hunderten Todesfällen jedes Jahr. Nicht nur in Griechenland, sondern an allen Außengrenzen der EU.
Außerdem werden Infoveranstaltungen durchgeführt und der Dialog mit lokalen Aktivist_innen und Einwohner_innen gesucht. Weitere Infos zu Aktivitäten und der Situation am Burggraben der Festung Europa findet ihr auf der Seite des Netzwerks Welcome to Europe :: w2eu.net.
Artikel übernommen von :: de.indymedia.org, 03. Sep 2010.