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Quellenangabe:
Antisexistisches! Handeln! Organisieren! (vom 29.06.2000),
URL: http://no-racism.net/article/35/, besucht am 22.11.2024

[29. Jun 2000]

Antisexistisches! Handeln! Organisieren!

Heute auf der Donnerstagsdemo vom 29.6.2000 verteilten wir (Antipat und Kuchen) die unten dokumentierten Flugblätter, die die Übergriffe auf den FrauenLesbenblock auf der letzten Donnerstagsdemo vom 22.6.2000 thematisierten. Leider mußten wir feststellen, daß das Thema (Anti-)Sexismus auf den wöchentlichen "Widerstands"spaziergängen von Teilen der DemoteilnehmerInnen nicht gern gesehen wird.

Allein das Weitergeben von Flublättern führte zu Aggressionen. Einige Männer aus dem Umkreis der Botschaft besorgter bürgerinnen und bürger ließen uns wissen, daß sie von derartigen Aktionen nichts hielten.

Besorgte bürger: Wir sind besorgt über euer Verständnis von Widerstand. Wöchentliches Demolatschen wird nicht automatisch jeden Widerspruch in der Bewegung auflösen. Gerade die Partiarchatskritik muß permanent geführt werden, Sexismus löst sich nicht von selbst auf. Oder meint ihr, daß Sexismus eh` kein Thema ist oder sein darf und die verhältnisse zwischen den Geschlechtern bereits revolutioniert sind? Oder meint ihr das mann als Mann ruhig auf seinen Priviligien sitzen bleiben kann?

Hier unser Flugblattext:

Antisexistisches! Handeln! Organisieren!

Bei der Donnerstagsdemo am 22.6.2000 ging der FrauenLesbenBlock an der Spitze. Einige Männer wollten das verhindern, und versuchten immer wieder, teils gewalttätig in den Block einzudringen. Wir, einige profeministische Männer aus der linksradikalen Szene unterstützen die Konzeption der Demo und waren damit solidarisch. Trotzdem ist es in der realen Demosituation schwer gewesen, in dem Spannungsbogen zwischen typisch männlichem Beschätzerverhalten und praktischer, antisexistischer solidarität, konkret das Richtige zu tun: dies führte dazu, daß einige von uns sich einmischten, mit den teils sehr aggressiven, Männern diskutierten, sie von ihren Angriffen abhielten, andere wiederum sich raushielten.

Nicht weil sie die verbalen und körperlichen Attacken in irgendeiner Weise tolerieren wollten, sondern weil sie den typischen "Beschätzerreflex" vermeiden wollten und aus der Einsicht, daß Frauenfreiräume nur von Frauen erkämpft werden können.

In einer Nachbesprechung haben wir unsere Verhaltensweisen und Unsicherheiten analysiert und sind zu folgenden Ergegnissen gekommen: Zeuge zu werden von frauenverachtenden Sprüchen und sexistischen Angriffen, ist eine Alltagserfahrung, weil Übergriffe auf Frauen ein Massenphänomen sind. Wenn Männer Sexismus nicht mehr tolerieren oder mittragen wollen, was eine absolute Notwendigkeit für eine wirklich widerständige Bewegung wäre, dann sollten unserer Meinung nach folgende Punkte beachtet werden:

- Die betroffene Frau ist nicht als Objekt zu betrachten! Die Frage, ob Hilfe benötigt wird, ist nie falsch.
- Ein verbaler oder körperlicher Angriff ist als solcher zu benennen, deshalb soll die Situation nicht bagatellisiert oder verharmlost werden!
- Sexismus kann nicht mit Machosprüchen bekämpft werden! Also: jegliche Männerallüren sollte mann sich sowieso abgewöhnen, speziell in einer eskalierten Situation aber nocheinmal darauf achten. Auf Provokationen nicht eingehen, das Aggressionsniveau nicht noch höher schrauben!
- Frauen verteidigen sich selbst! Sie brauchen keinen Präventivschutz, und keine Männerpolizei, die herumläuft, und schon im vorhinein alle Situationen zu kontrollieren versucht.

Diese Gedanken entstanden aus einem ersten DiskussionsProzeß, die Debatte geht weiter. Wir sind selber voller Zweifel und Widersprüche, wir wissen selbst oft nicht wie es weitergeht, und ob wir nicht auf dem Holzweg sind, aber eines wissen wir genau: Die völlige Ignoranz gegenüber den Themen Partriarchatskritik/Sexismus, die in der Wiener Linken und in der "Widerstands"bewegung herrscht, und das ständige Verhalten, das sich durch ständiges Nichtverhalten manifestiert, muß ein Ende haben!!!

Antipat und Kuchen - AK(s)
C/o Infoladen 10, PF 173, 1100 Wien