Quellenangabe:
Haftanstalten für Migrant_innen und Asylwerber_innen in Belgien (vom 21.09.2010),
URL: http://no-racism.net/article/3504/,
besucht am 22.12.2024
[21. Sep 2010]
Übersicht über Gefängnisse für illegalisierte und zur Abschiebung angehaltene Personen in Belgien.
In Belgien gibt es zehn Haftanstalten für Migrant_innen (Stand September 2010). Dabei handelt es sich um die fünf "geschlossene Zentren" für illegalisierte Personen in Merksplas (CIM), Brügge (CIB) und Vottem (CIV), das Transit-centre 127 in Melsbroek sowie das Zentrum für Rückführung 127bis in Steenokkerzeel. In jedem dieser Zentren werden illegalisierte Migrant_innen und Asylwerber_innen festgehalten. In Steenokkerzeel, Brügge, Merkslpas und Vottem werden vor allem Migrant_innen ohne Aufenthaltsberechtigung vor ihrer Abschiebung festgehalten, es werden aber immer wieder auch Asylwerber_innen dort eingesperrt.
Personen, die an der belgischen Grenze um Asyl ansuchen, kommen meist ins Transit-Zentrum 127. Dieses soll durch den aktuellen Neubau des 127tris am Flughafen Zavendem ersetzt werden, wodurch zwar die Anzahl der Gefängnisse die gleiche bleibt, jedoch mehr Personen festgehalten werden können.
Die weiteren fünf Haftanstalten für Migrant_innen ohne Aufenthaltstitel befinden sich in Transitzonen an den Schengengrenzen und werden "INAD Zentren" genannt (von 'inadmissible', unzulässig). Dort werden Menschen festgehalten, um zu verhindern, dass sie belgisches Territorium betreten. Das größte INAD Zentrum befindet sich am Brüsseler Flughafen Zaventem, die anderen bei den regionalen Flughäfen Charleroi-Gosselies, Liège-Bierset, Ostende-Middelkerke und Antwerp-Deurne.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von offenen Aufnahmezentren für Flüchtlinge. Diese werden meistens nicht eingesperrt und haben laut Gesetz Zugang zum Unterbringungssystem, für das das Bundesamt für Asylwerber_innen (Fedasil - Federal Agency for the Reception of Asylum Seekers, www.fedasil.be), zuständig ist.
Grundsätzlich werden die "geschlossenen Zentren" von den Einwanderungsbehörden betrieben, die INAD Zentren von der Grenzpolizei und die Aufnahmezentren für Flüchtlinge von Fedasil und NGOs.
Im folgenden Informationen zu sechs der zehn Haftanstalten: den fünf "geschlossene Zentren" und dem INAD am Brüsseler Flughafen Zaventem. Bei den anderen vier INAD Zentren auf den regionalen Flughäfen beträgt die maximale Haftzeit 48 Stunden.
Das älteste Abschiebegefängnis für Menschen ohne Papiere. Seit 1988 können hier bis zu 60 Personen aufgenommen werden. Ursprünglich errichtet für die systematische Internierung von "Unzulässigen" ("inadmissibles"), die an der Grenze einen Asylantrag stellen, werden in diesem von den Einwanderungsbehörden betrieben Gefängnis auch Abschiebehäftlingen festgehalten.
Es befindet sich in einem außerordentlich schlechten baulichen Zustand und ist in die Militärbasis des Flughafen integriert. Dies bedeutet, dem ständigen Lärm der lauten Militärmaschinen ausgesetzt zu sein und keinen Besucher empfangen zu dürfen, weil dies die nationale Sicherheit gefährden könnte.
Mit dem Neubau des 127tris (siehe weiter unten) soll das 127 in Melsbroek ersetzt werden, was aber aufgrund der Größe des Neubaus eine Erhöhung der Haftplätze mit sich bringt.
Das Empfangszentrums für Asylbewerber_innen besteht seit 1994 in der Nähe des Flughafens Zaventem und war immer wieder Ziel von Protesten. 1998 war Semira Adamu dort eingesperrt, bevor sie beim sechsten Abschiebeversuch von Polizist_innen umgebracht wurde. Seit dem Besetehen kam es immer wieder zu Aufständen der in Steenokkerzeel Gefangenen.
In Merksplas wurden früher die Außenseiter_innen der Gesellschaft untergebracht, um sie einem Resozialisierungsprozess zu unterziehen. Seit 1994 wurde es zu einer geschlossenen Haftanstalt für illegalisierte Menschen umfunktioniert. Es kann bis zu 172 Gefangene beherbergen.
Früher ein Frauengefängnis, seit 1995 eine geschlossene Haftanstalt für Personen ohne Papiere (Sans papier, Clandestines). Es befindet sich neben der staatlichen Polizeistation und hat Kapazitäten für 112 Personen: 72 Männer (in zwei Subgruppen unterteilt) und 40 Frauen. Es gibt vier Schlafsäle für Männer und zwei für Frauen, d.h. kaum Kommunikation zwischen den getrennten Gruppen.
INAD steht für "Inadmissable Passenger", auf deutsch: Unzulässiger Personenverkehr. Dieses Abschiebezentrum, das von den Einwanderungsbehörden in enger Kooperation mit der Grenzpolizei betrieben wird, beherbergt vor allem Menschen die ohne gültige Papiere über den Luftweg eingereist sind. Diese werden meistens mit dem nächsten Flugzeug zurück geschickt. Auch Abschiebehäftlinge werden ein bis zwei Tage vor ihrer Abschiebung in diesem Zentrum untergebracht.
Die Haftanstalt in Vottem wurde im März 1999 in Betrieb genommen und kann 160 Migrant_innen aufnehmen. Trotz offizieller Verbote wurden dort einige Kinder eingesperrt.
Seit dem Frühling 2009 wird neben dem Flughafen von Zaventem eine neue Abschiebehaftanstalt gebaut. Es ist ein mit Einzelzellen ausgestattetes Gefängnis, in dem jene Menschen isoliert werden, die sich ihrer Deportation widersetzen. Dieses Abschiebezentrum befindet sich direkt neben dem Flughafen in Brüssel und bietet Platz für 120 Gefangene. Es soll nach der Fertigstellung das 127 in Melsbroek ersetzen, wodurch die Anzahl der sechs Abschiebegefängnisse gleich bleibt, aber deren "Kapazität" erhöht wird. (Siehe dazu :: Ein neuer Abschiebeknast, was geht uns das an?)
Quellen :: noborderbxl.eu.org, 26. August 2010, sowie die Länderberichte zu Belgien auf :: globaldetentionproject.org und :: detention-in-europe.org.
Anmerkung no-racism.net: In unterschiedlichen Quellen im Internet gibt es abweichende Angaben über die Anzahl der Haftplätze und den Zeitpunkt der Errichtung der einzelnen Haftzentren. Hier wurde versucht, diese Angaben zu überprüfen und möglichst korrekt wiederzugeben. Dadurch ergeben sich geringfügige Widersprüchliche zu weiteren Texten auf no-racism.net. Siehe auch den englischsprachigen Artikel :: Detention and deportation of undocumented migrants in Belgium.