no-racism.net Druckversion

Quellenangabe:
Mehr als ein Fünftel ohne Wahlrecht in Wien! Wahlwechsel als Alternative! (vom 27.09.2010),
URL: http://no-racism.net/article/3513/, besucht am 21.11.2024

[27. Sep 2010]

Mehr als ein Fünftel ohne Wahlrecht in Wien! Wahlwechsel als Alternative!

ENARA, das österr. Netzwerk gegen Rassismus, startet die Wahlwechsel- Kampagne. So kann jenen Menschen, die bei der Wien Wahl vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, also alle ohne österreichische noch eine EU- StaatsbürgerInnenschaft, ermöglicht werden, dennoch ihre Stimme abzugeben.

Über 20 Prozent der Bevölkerung Wiens dürfen bei der Wahl am 10. Oktober ihre Stimme nicht abgeben, weil sie weder die österreichische noch eine EU-StaatsbürgerInnenschaft besitzen. Menschen, die mit ihrer Arbeitskraft einen wichtigen Beitrag sowohl zur ökonomischen Leistungsfähigkeit der Stadt als auch zur Sicherung des Sozialsystems beitragen, sind also vom elementarsten Recht demokratischer Mitbestimmung ausgeschlossen! Daher hat ENARA, das österreichische Netzwerk gegen Rassismus, die Wahlwechsel-Kampagne gestartet. Wahlwechsel bedeutet, hier lebende Menschen – egal ob mit oder ohne „richtige_r“ Staatsbürgerschaft – die Chance haben, an der Wiener Wahl teilzunehmen.

Das Prinzip ist ganz einfach: Eine wahlberechtigte Person stellt ihre Stimme einer nicht wahlberechtigten zur Verfügung und setzt die getroffene Wahlentscheidung der nicht-wahlberechtigten Person um. Im Rahmen der Wahlwechsel-Kampagne wird es Wahlwechsel-Veranstaltungen geben, bei denen Nicht-Wahlberechtigte ihre Stimme abgeben können bzw. auch mögliche wahlberechtigte Partnerinnen und Partner treffen. Menschen, die beim Wahlwechsel mitmachen wollen und noch einen Partner bzw. eine Partnerin suchen, können ihre Daten auch über ein Kontaktformular auf www.wahlwechsel.at bekanntgeben. ENARA bemüht sich dann um die Vermittlung von passenden Wahlwechsel-PartnerInnen. Wichtig bei der Ausführung der Wechselwahl durch die Wahlberechtigten ist jedenfalls, dass der Wahlentscheidung der Nicht-Wahlberechtigten unbedingt Folge geleistet wird und ebenso das Wahlgeheimnis gewahrt bleibt.

Im Gegensatz zur klassischen Forderungspolitik versteht sich Wahlwechsel in erster Linie nicht als Appell an die Regierenden, sondern möchte den Ausgegrenzten selbst eine Stimme verleihen. Es geht nicht darum zu warten, bis die im Zeitalter der Globalisierung immer noch antiquiert nationalstaatlich denkenden PolitikerInnen den Migrantinnen und Migranten gnädiger Weise das Wahlrecht geben. Es geht vielmehr darum, sich dieses Wahlrecht zu nehmen. Gleichzeitig kann eine Kampagne wie der Wahlwechsel, wenn sie eine gewisse Breitenwirkung und öffentliche Bekanntheit erzielt, den Druck auf die Politik erhöhen. Es ist absurd, dass im Zeitalter europäischer Integration und globaler ökonomischer Vernetzung die Teilnahme an Wahlen noch immer von Kriterien abhängt, die längst der Vergangenheit angehören!

Das goldene „X“ als Symbol der Kampagne wird in nächster Zeit an vielen Orten Wiens wahrnehmbar sein. Werbematerialen, näheres zur genauen Durchführung des Wahlwechsels und aktuelle Informationen zur Kampagne finden sich unter www.wahlwechsel.at. Wahlrecht für alle – und zwar sofort!

Von Martin Birkner, European Network Against Racism Austria (ENARA)