Quellenangabe:
Donnerstags-/ Opernball-Demo: Mindestens 42 Festnahmen, unzählige Verletzte ... (vom 23.02.2001),
URL: http://no-racism.net/article/352/,
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[23. Feb 2001]
Mit einem der brutalsten Anti-Demo Einsätze der letzten Jahre ging die Polizei gegen die diesmal auch gegen den Opernball gerichtete Donnerstagsdemo vor. 42 Personen wurden dabei laut Polizeiangaben festgenommen (Nachtrag: Es mehren sich mittlerweile aber die Hinweise darauf, dass weit mehr festgenommen worden sein dürften!), weit mehr wurden verletzt.
Einige mussten mit der Rettung abtransportiert werden, die meisten Verletzten kamen aber mit Prellungen und stark blutenden Platzwunden davon. Zudem wurden von zahlreichen Personen die Personalien aufgenommen. Die angekündigten "Checkpoint Opera"-Strassenblockaden wurden vor diesem Hintergrund nicht mehr versucht.
Begonnen hatte es wie jeden Donnerstag am Ballhausplatz. Um 19.50 Uhr zogen rund 800 DemonstrantInnen (TATblatt-ZÀhlung Schauflergasse; die Polizei sprach wahlweise von 500, 700 oder 800) los in Richtung Innenstadt. Einige weitere dürften in der Umgebung der Oper noch dazu gekommen sein. In der Kärntner strasse stieß die Demo auf die erste Polizeisperre in Höhe Annagasse. Dies geschah nicht ganz unerwartet, hatte die Polizei doch über die Umgebung der Oper ein Platzverbot verhängt, und die Absperrungen öffentlich angekündigt. Als die Demo wenig später auch in der Schwarzenbergstrasse auf eine Polizeisperre traf, wurde deutlich, dass aber auch fernab der Opernumgebung ein Durchkommen zur Ringstrasse verhindert werden sollte. über Seitengassen gelang es jedoch, die Sperre zu umgehen, und so bis zum Schwarzenbergplatz und somit zum Ring zu gelangen. Auf dem Weg dorthin, schlugen einige DemonstrantInnen eine Schaufensterscheibe der kürzlich in Konkurs gegangenen Trigon-Bank ein.
Am Schwarzenbergplatz errichtete die Polizei rasch eine Sperre der Ringstrasse in Richtung Oper, es gelang ihr jedoch nicht mehr, die Tretgitter noch rechtzeitig aneinander zu ketten. Als ein paar DemonstrantInnen eines der Tretgitter daraufhin einfach wegtrugen, wurde dies zum Vorwand für den ersten großen Angriff auf die DemonstrantInnen genommen.
Die BeamtInnen - wie immer an diesem Abend in Kampfmontur mit Helm und Schild - sTürmten auf die vorderen Reihen der DemonstrantInnen los, jagten sie in Richtung Stadtpark und prügelten auf alle ein, die sie erwischen konnten. Einige DemonstrantInnen wurden niedergestoßen und am Boden liegend mit KnÃŒppelschlÀgen und Fußtritten beamtshandelt.
Der hintere Teil der Demo war durch den Polizeieinsatz gezwungen, am Schwarzenbergplatz zurückzubleiben. Dort erfuhren die DemonstrantInnen von der Polizei, soweit sie es gehört haben, dass die Demonstration nun untersagt sei. Die eben von der Polizei verjagten TeilnehmerInnen wurden davon offiziell nie in Kenntnis gesetzt.
Beide Demoteile versuchten in der Folge wieder zusammen zu kommen. Der eine Teil zog über die so genannte Zweierlinie zum Schwarzenbergplatz zurück, der andere Teil bewegte sich über den Schwarzenbergplatz in Richtung Zweierlinie. Gemeinsam gingen dann alle über die Zweierlinie in Richtung Karlsplatz und konnten sich schließlich in der äußeren Kärntner strasse wieder der Oper nähern. Sicherheitshalber hielten die DemonstrantInnen aber bereits mehrere Meter vor der dortigen Polizeiabsperrung an. Der großteil der DemonstrantInnen bewegte sich wenig später zur Operngasse.
Als sich die Situation weitgehend zu entspannen schien, begann die Polizei plötzlich bei der Kärntner strasse die DemonstrantInnen wegzuprügeln und, vorbei an der Operngasse, in Richtung Secession zu treiben. Einige wehrten sich mit Flaschen-, Stein- und Farbbeutelwürfen. Bei der Secession konnte sich die Demo wieder sammeln, war aber inzwischen auf ein paar hundert Leute geschrumpft. Die Polizei blieb vorerst in rund 50 Meter Abstand vor den DemonstrantInnen stehen.
Um zirka 21.45 Uhr begannen die DemonstrantInnen, sich über die Zweierlinie in Richtung Ballhausplatz zurückzuziehen. Kaum hatten sie sich aber in Bewegung gesetzt, begann die Polizei neuerlich von hinten auf sie einzusTürmen und einzuprügeln. Danach konnten die DemonstrantInnen dann weitgehend unbehelligt bis zur Mariahilfer strasse gehen, obwohl mehrere Altpapiercontainer auf die strasse geworfen und angezündet wurden. für die Ecke Zweierlinie/Mariahilfer strasse hatte die Polizei aber offenbar die nächste Eskalation vorgesehen. Jedenfalls standen in der Babenbergerstrasse plötzlich Wasserwerfer bereit.
An dieser Stelle in Richtung Ring durchzubrechen zu versuchen, kam aber keiner und keinem in den Sinn. Einige zogen ein stück die Zweierlinie entlang weiter, die meisten bogen stadtauswärts in die Mariahilfer strasse ein. Aus in der Gegend herumstehenden Baustellengittern wurden mehrreihige Barrikaden errichtet.
für kurze Zeit konnte die Demo danach ungestört über die Mariahilfer strasse ziehen, schon bald setzte aber wieder die polizeiliche Jagd ein. Die Polizei sTürmte auf die DemonstrantInnen los, brach den Angriff wenig später aber wieder ab, um bald darauf neuerlich loszusTürmen, wieder abzubrechen, wieder loszusTürmen usw., und damit die Eskalation weiter voranzutreiben. Gleichzeitig wurden von einzelnen DemonstrantInnen mehrere Schaufenster u.a. von einer Bankfiliale, einem McDonalds-Restaurant, einem Sexshops und einem KleiderGeschäft eingeschlagen.
Währenddessen formierten sich auf der Zweierlinie mehrere Polizeieinheiten rund um die dort zurückgebliebenen DemonstrantInnen. Eine vollständige Einkesselung fand aber nicht statt, in Kleingruppen konnten sie sich unbehelligt entfernen.
Die DemonstrantInnen auf der Mariahilfer strasse entschlossen sich unterdessen dennoch, zu versuchen, zu ihnen zurückzukehren. Dass dies über die Mariahilfer strasse nicht möglich war, war klar. Also versuchten sie es erst über die Gumpendorfer strasse, und, als ihnen dort massigst Polizei entgegen kam, über die Wienzeile. Doch auch dort rannte bald ein größeres Polizeiaufgebot auf sie zu. Quer durch eine U-Bahn-Station flüchteten sie großteils über die U-Bahn-Trasse in den fünften Bezirk. Einige dürften dort aber bereits festgenommen worden sein. Im fünften Bezirk ging die Jagd dann aber erst so richtig los. Egal welchen Weg die Demo wählte, tauchten PolizistInnen auf - mal von hinten, mal von vorne, mal von der Seite, ...
Dabei wurde die Demo nach 22.00 Uhr endgültig aufgespalten. Viele DemonstrantInnen versuchten in Kleingruppen wegzukommen, einige von ihnen vergeblich: sie wurden von Polizeieinheiten überfallen, verprügelt und festgenommen. Einer Gruppe gelang es ins Film-Casino zu flüchten und so Festnahmen zu entgehen.
Eine größere DemonstrantInnengruppe schaffte es noch fast bis zur Pilgramgasse. Kurz vor der dortigen U-Bahn-Station, beim Caf"© Rödigerhof wurden dann allerdings laut Agenturmeldungen 21 Personen festgenommen. Genauere Informationen über den dortigen Polizeieinsatz liegen uns bislang nicht vor.
Nachtrag: Am Freitag in der Früh sTürmte die Polizei schließlich das EKH, und soll dabei recht brutal vorgegangen sein, .... weitere Infos folgen (siehe Freitag, 23. Februar)
Solikundgebung für die bei der Opernballdemo Festgenommenen: Freitag, 11.00 Uhr Unirampe
Bereits auf der Zweierlinie gelang es aufmerksamen DemonstrantInnen übrigens, vermummte mutmaßliche Kriminalbeamte zu enttarnen und die anderen Demo-TeilnehmerInnen lautstark auf sie hinzuweisen. Die mutmaßlichen Beamten versuchten nicht einmal, die Vorwürfe zu entkräften. Mehrere FotografInnen machten Bilder (Nachtrag: Eines ist inzwischen bei den "Ansichtssachen" von derStandard.at zu finden.). Bleibt zu hoffen, dass diese in den nächsten Tagen auch veröffentlicht werden. Laut einer Aussendung der "Ökologischen Linken" haben die verkleideten Beamten zuvor versucht, die Demo aufzuwiegeln und "in Militärische Auseinandersetzungen zu treiben, die nicht zu gewinnen gewesen Wären". Vermummte Beamte waren bereits bei der Opernball-Demo am 2. März 2000 aufgetreten. Damals handelte es sich um Mitglieder der "Sondereinsatzgruppe Kriminaldienst" (SEK). Diese wurde jedoch inzwischen aufgelöst - offiziell.
Auf Grund der oft unübersichtlichen Situation ist es leicht möglich, dass dieser Demobericht etwas lückenhaft ist. Unklar ist vor allem, wann und wo Leute festgenommen wurden. Derzeit scheint es so, als ob bis ca. 22.00 Uhr vorwiegend geprügelt aber keine Gefangenen gemacht wurden. Andere Berichte sprechen jedoch von Festnahmen bereits bei der Secession. Einige Zeit war auch von Festnahmen bereits beim Schwarzenbergplatz die Rede. Dabei dürfte es sich aber "lediglich" um Personalienfeststellungen und Anzeigen gehandelt haben. für Korrekturen und Ergänzungen sind wir dankbar (bitte ohne Namen beteiligter Personen!). Bitte unbedingt auch GedÀchtnisprotokolle von beobachteten oder erleideten Polizeiaktionen - insbesondere in Zusammenhang mit Festnahmen und Anzeigen - für die Rechtshilfe anfertigen! Die übergabe derartiger Protokolle bitte telefonisch mit der Rechtshilfe ausmachen (01-5359109, immer während der Donnerstagsdemo). Festgenommene und alle, die eine Anzeige bekommen, sowie alle, die irgendwelche Ladungen als ZeugInnen oder Beteiligte erhalten, bitte ebenfalls unbedingt bei der Rechtshilfe melden!
Route/Ablauf: Ballhausplatz (Losziehen um 19.50 Uhr) - Schauflergasse - Michaelerplatz - Kohlmarkt - Graben - Stock-im-Eisen-Platz - Kärntner strasse (20.15 Uhr: Sperre von Kärntner strasse und FÃŒhrichgasse in Höhe Annagasse) - Annagasse - Seilerstätte - Schwarzenbergstrasse (Sperre von Schwarzenbergstrasse und Walfischgasse in Höhe Schellinggasse) - Schellinggasse - Fichtegasse - Hegelgasse - Schwarzenbergstrasse - Schwarzenbergplatz (20.35 Uhr: Sperre Kärntner Ring, erster großer Prügeleinsatz der Polizei) - .... an dieser Stelle wurde ein Teil der Demo den Schubertring entlang gejagt: Schubertring - Fichtegasse - Lothringerstrasse; der andere Teil zog zur Kreuzung Schwarzenbergplatz - Lothringerstrasse, dort vereinten sich die beiden Demoteile wieder ... - Lothringerstrasse - Karlsplatz - Kärntner strasse (21.05 Uhr) - Friedrichstrasse - Operngasse (21.15 Uhr) - Friedrichstrasse (ca. 21.30 Uhr: zweiter großer Prügeleinsatz in Richtung Secession; 21.45 Uhr: Weiterziehen in Richtung Getreidemarkt, dritter großer Prügeleinsatz) - Getreidemarkt - Mariahilfer strasse (ein Teil der Demo zog ein kleines stück auf den Museumsplatz und blieb dort zurück, auf der Mariahilfer strasse weitere Prügeleinsätze) - Barnabitengasse - Gumpendorfer strasse - Joanelligasse - Linke Wienzeile - U-Bahn-Station KettenbRückengasse (durch den neuen U-Bahn-Abgang, weitere Polizeiprügel und Festnahmen) - Franzensgasse - Margaretenstrasse - ... hier endet die Mitschrift aus lauftechnischen Gründen und nachfolgender fluchtbedingter Entfernung von der Demo; zahlreiche Verprügelungen und Festnahmen im gesamten 5. Bezirk
Demobericht aus dem tatblatt