Quellenangabe:
ATV mit bewaffneten Rassisten in slowakischer Roma-Siedlung (vom 30.03.2011),
URL: http://no-racism.net/article/3751/,
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[30. Mar 2011]
Eigentlich ging es in der am 28. März 2011 gesendeten Ausgabe von "ATV Die Reportage" um Sperrmüll. Wie ein bewaffneter Ausflug in eine Roma-Siedlung zu so einem Thema passt, kann sich wohl nicht einmal ATV selbst erklären.
Trotz allem fuhr man mit zwei Männern in eine Roma Siedlung in der Slowakei. Der eine wollte dort Waren einkaufen, der andere kam "zu seinem Schutz" mit.
Was Rassismus gegen Roma betrifft, bedient ATV sämtliche gängigen Vorurteile. Sowohl durch die Auswahl und Präsentation der ProtagonistInnen als auch aufgrund der tendenziösen Kommentare aus dem Off ist die aktuelle Ausgabe von "ATV Die Reportage" ("Die Sperrmülljäger") eine Sendung, die Rassismus nicht nur reproduziert, sondern auch aktiv schürt.
Einer der beiden Männer zeigt, bevor sie gemeinsam in die Roma-Siedlung fahren, stolz seinen Stock in die Kamera. "Das ist ein Schutzstock", erklärt er und gibt unumwunden zu, dass es darum geht den Roma mit Gewalt zu drohen: "Wenn sie einen schönen Stock sehen, haben sie ein bisschen Respekt. Zigeunern musst du ein bisschen Macht zeigen." Wie sich später herausstellt, handelt es sich nicht nur um einen Stock, sondern auch um einen Dolch. Der ATV Reporter fragt in diesem Zusammenhang lediglich nach, ob dieser Dolch "zur Zierde" oder "sicherheitshalber" mitgenommen wird - stellt die vorgeschobenen Gründe für die rassistische Gewaltbereitschaft des Mannes aber an keinem Punkt in Frage. Dieser erklärt dann noch, dass es obwohl er den Dolch mit sich führt nicht klug wäre ihn zu benutzen. Allerdings nicht etwa weil Gewalt abzulehnen ist, sondern "weil sie schneller sind als wir".
Mit antirassistischer Kritik konfrontiert, gibt ATV auf Twitter am 29. März 2011 ein etwas seltsames Statement ab: "ATV distanziert sich von den Meinungsäußerungen der Protagonisten, diese werden lediglich abgebildet. Es wurden auch schon zahlreiche Beiträge zum Thema Antirassismus ausgestrahlt!"
Weil also bereits Beiträge zum Thema Antirassismus ausgestrahlt wurden, kann man jetzt auch mal einen rassistischen ausstrahlen? Eine sehr seltsame Logik, die dieser kurzen Stellungnahme offensichtlich zu Grunde liegt.
Problematisch an der Reportage sind aber nicht nur die Aussagen der Protagonisten. Das von ATV hinzugefügte Off-Kommentar ist nicht weniger rassistisch. Dort werden pauschal Dinge behauptet wie in "Roma-Dörfer zu fahren", sei "für Ausländer nicht ganz ungefährlich". Einmal sagt die Off-Stimme sogar, alle gezeigten Geräte seien gestohlen, bleibt den Beweis für diese Behauptung allerdings schuldig.
Die Musik mit der die Dokumentation unterlegt wurde, verstärkt die exotisierende Darstellung der Roma. Selbige werden übrigens nicht interviewt. Wenn sie doch einmal etwas sagen, werden sie von ATV nicht übersetzt. Die Roma bleiben eine anonymisierte Masse über die aus einer rassistischen Perspektive gesprochen wird.
Es ist also keineswegs so wie in der oben zitierten Stellungnahme behauptet wird. "ATV Die Reportage" zeigt Rassismus nicht lediglich. Vielmehr wird sowohl durch tendenziösen Musikeinsatz als auch durch Montage und Kommentierung ein rassistisches Bild von AusländerInnen im Allgemeinen und Roma im besonderen gezeichnet. Denn auch Abseits des Roma-Erzählstranges werden AusländerInnen, die in Österreich Sperrmüll sammeln, als potentielle VerbrecherInnen dargestellt. Rassistische Razzien in Grenznähe werden nicht als solche benannt, sondern indirekt legitimiert.
Selbst für ATV Verhältnisse stellt eine derart offen rassistische Dokumentation scheinbar einen Tabubruch dar, was dazu geführt hat, dass sich ein Mitarbeiter der Nachrichtenredaktion sogar öffentlich von den Praktiken seiner KollegInnen distanzierte. Martin Thür schreibt auf Twitter, er werde andere Dinge (gemeint ist die kritisierte Reportage) nicht rechtfertigen, betont aber zugleich, dass nicht alle ATV MitarbeiterInnen so unseriös arbeiten wie die MacherInnen von Sendungen wie "ATV Die Reportage" oder "WEGA - Die Spezialeinheit der Polizei". Er hält eine Verbesserung der journalistischen Standards für notwendig und schließt sich selbst aus der Verantwortlichkeit für Verbesserungen nicht aus.