Quellenangabe:
Yazid muss bleiben - Bleiberecht für alle (vom 31.03.2011),
URL: http://no-racism.net/article/3754/,
besucht am 22.12.2024
[31. Mar 2011]
Yazid sitzt seit 17. Februar in Schubhaft am Hernalser Gürtel in Wien. Er ist ursprünglich aus Marokko und 27 Jahre alt. Mit mehreren Hungerstreiks wehrte sich Yazid gegen seine geplante Abschiebung, kürzlich fand eine Soli-Demo statt.
Wir wollen nicht dabei zusehen, wie der Staat Menschen aufgrund ihrer Herkunft verwehrt in diesem Land zu leben. Wir sehen auch nicht einfach dabei zu, wie Menschen, die aufgrund einer ausweglosen Situation in ihren Heimatländern woanders versuchen Arbeit zu finden und ein menschenwürdiges Leben zu führen, einfach abgeschoben werden.
Wir werden unsere Bemühungen auch dann nicht einstellen, wenn bereits alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Ob Menschen in diesem Land ein Bleiberecht erhalten oder nicht, ist aus unserer Sicht vor allem eine politische Frage. Durch politische Kampagnen, die einige Abschiebefälle öffentlich gemacht haben, durch Kundgebungen und Demonstrationen, wurden in den letzten Monaten mehrere Abschiebungen verhindert.
In der arabischen Welt demonstrieren zurzeit Millionen von Menschen aufgrund der untragbaren sozialen und politischen Situation in ihren Ländern. Die Lage in Marokko ist ebenfalls von hoher Arbeitslosigkeit, Armut, fehlender öffentlicher Infrastruktur und staatlicher Repression gegen alle, die diese sozialen Missstände nicht hinnehmen wollen, gekennzeichnet. Bei den Demonstrationen in den letzten Wochen wurden laut Berichten mindestens neun Menschen getötet. Die Polizei hat Proteste an der Universität von Fes brutal
niedergeschlagen und AktivistInnen liegen mit Knochenbrüchen und inneren Verletzungen im Krankenhaus. In dieses Land soll Yazid von den Behörden abgeschoben werden.
Die Protestbewegungen und Revolutionen im Maghreb bringen jedoch nicht nur die dortigen Herrscherhäuser ins Wanken. Der Protest richtet sich gegen Regime, die jahrzehntelang von Staaten in der EU und den USA nicht nur geduldet, sondern unterstützt und finanziert wurden. Der 'Westen' lieferte Waffen (die nun auch gegen die Bevölkerung verwendet werden) und schloss lukrative Ölverträge ab. Die Despoten in dieser Region erfüllen eine wichtige Funktion zur Sicherung der Grenzen der Festung Europa. Die EU zahlte den Regimes in Libyen, Marokko und Tunesien Millionen und lieferte die nötige Überwachungstechnik, damit MigrantInnen aus Afrika europäischen Boden nie betreten. Die arabischen Revolutionen drohen dieser Migrationskontrolle und den wirtschaftlichen Interessen nun einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Schon zeichnen die Medien das Schreckgespenst einer 'Überflutung' Europas durch 'Boatpeople'. Dies dient als Legitimation einer weiteren Aufrüstung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex und einer verschärften Kriminalisierung von MigrantInnen.
Wir lehnen die Logik, die zwischen dem Recht auf Asyl und Zuwanderung
(Migration) gezielt unterscheidet, ab. Für uns macht es keinen Unterschied ob Menschen vor politischer Verfolgung oder vor sozialem Elend fliehen. Die Ursachen sind in der selben Wirtschaftsordnung zu suchen. Unsere Solidarität gilt uneingeschränkt allen Menschen, die von Ausbeutung, Unterdrückung und Armut betroffen sind.
Yazid ist kein Einzelfall. Durchschnittlich werden täglich sieben Menschen aus Österreich abgeschoben. Gleichzeitig hat die SPÖ-ÖVP-Regierung im Ministerrat am 22. Februar die 7. 'Fremdenrechtsnovelle' in 22 Monaten beschlossen. Durch die permanente Verschärfung des 'Fremdenrechts' verschiebt sich das politische Klima immer weiter nach rechts. Die Rot-weiß-rot-Card soll in Zukunft nur noch eine gezielte Zuwanderung von Schlüsselarbeitskräften zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich ermöglichen. Für jene Menschen aber, die nicht die gerade gewünschte Qualifikation vorweisen können oder die deutsche Sprache noch nicht 'ausreichend' (Maturaniveau!) beherrschen, wir es in Zukunft noch schwerer werden. Diese Spaltung in 'gute', weil wirtschaftlich verwertbare, und 'schlechte', weil weniger gut ausgebildete MigrantInnen, lehnen wir ab.
Wir solidarisieren uns mit den Menschen im arabischen Raum, die sich erhoben haben und für bessere Lebensbedingungen und Würde kämpfen. Gleichzeitig sind wir solidarisch mit den Menschen, die nun in Europa versuchen ein menschenwürdiges Leben zu führen und hier für gleiche Rechte kämpfen. Und diese Solidarität muss Praxis werden.
Sofortige Freilassung und Bleiberecht für Yazid!
Kein Mensch ist illegal - Bleiberecht für alle!