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Quellenangabe:
Hamburg: Roma Familien bleiben (vom 20.06.2011),
URL: http://no-racism.net/article/3841/, besucht am 24.04.2024

[20. Jun 2011]

Hamburg: Roma Familien bleiben

Am 14. Juni 2011 lehnte der Innen- ausschuss in Hamburg einen Antrag auf Abschiebe- stopp für Roma in die Nachfolgerepubliken Jugoslawiens abgelehnt. Dagegen protestierten viele Roma, u.a. am 20. Juni 2011. Weitere Proteste folgen.


Bericht von der Kundgebung "Roma Familien bleiben"


Zur Kundgebung am 20. Juni 2011 vor dem Tagungsort des Eingabenausschusses in Hamburg sind ca. 30-40 Menschen, überwiegend Roma erschienen, um den Mitgliedern des Ausschusses nochmals deutlich zu machen, dass wir keine Abschiebungen von Roma hinnehmen werden! Fast alle trugen T-Shirts mit Aufdrucken wie "Alle Roma bleiben hier!" oder "Verantwortung heißt "Bleiberecht für Roma" u.a. mehr. Es wurden Reden gehalten und Parolen gerufen.

Nachdem der Eingabenausschuss seine Sitzung beendet hatte, haben wir einige der Abgeordneten zum Ergebnis befragt. Sie beriefen sich allerdings auf ihre Schweigepflicht und konnten/durften uns daher keine konkreten Ergebnisse mitteilen. 2 Damen von der SPD konnten uns aber sagen, dass *_heute noch keine endgültige Entscheidung getroffen_* wurde, sondern der Ausschuss sich am nächsten Montag erneut trifft um darüber weiter zu beraten.

Wir werden daher am nächsten Montag (27. Juni 2011) - gleiche Uhrzeit, gleicher Ort - erneut eine Kundgebung anmelden, um weiterhin das Bleiberecht für Roma in HH zu fordern!

Nachdem wir dies erfahren hatten, sind wir noch weiter gezogen am Rathaus vorbei, um auf der Reesendammbrücke (in Sichtweite zum Rathaus) noch eine kleine Abschlusskundgebung abzuhalten. (Direkt vor dem Rathaus durften wir wegen des Bannmeilengesetzes nicht die Kundgebung machen.)

Es bleibt trotzdem dabei, dass die Roma morgen und Donnerstag in die
Ausländerbehörde begleitet werden sollten.


Aufruf zur Kundgebung mit den Roma Familien am 20. Juni 2011


Kommt alle zur Kundgebung
Roma-Familien bleiben

am kommenden Montag, 20. Juni, 15-16 Uhr, zum Victoria-Haus
Schmiedestrasse 2 (Gebäude, in dem der Eingabenausschuss tagt)

An diesem Nachmittag werden in der Eingabenausschusssitzung um 15:30 Uhr alle Petitionen in Hamburg lebender Roma-Familien verhandelt.

Den Mitgliedern des Eingabenausschusses soll nochmals deutlich gemacht werden, dass sich viele Menschen für ein Bleiberecht der Roma-Familien, die auch selbst dort sein werden, einsetzen.
Bitte schickt diese Ankündigung über eure Verteiler und mobilisiert in euren Zusammenhängen.


Am kommenden Dienstag, 21.06., und Donnerstag, 23.06., haben 5 bzw. 4 Roma-Familien Termine in der Hamburger Ausländerbehörde. Es ist sehr wichtig, die Familien zu diesen Terminen zu begleiten. Nach der Entscheidung im Eingabenausschuss ist zu befürchten, dass Familien, deren Petitionen nicht erfolgreich sind, von Abschiebung bedroht sind. Wer Familien begleiten möchte, soll am Dienstag oder (und) Donnerstag um 8:30 Uhr ins Café Exil, Spaldingstrasse 31 (gegenüber der Ausländerbehörde) kommen.

Flüchtlingsrat Hamburg
Hamburg Antifa AG der LINKEN
GEW-Bleiberechtsausschuss
Roma-UnterstützerInnenkreis


Presseerklärung zur Ablehnung des Antrags auf ein Bleiberecht für Roma in Hamburg durch den Innenausschuss der Bürgerschaft


Am gestrigen Tag hat der Innenausschuss der Hamburger Bürgerschaft mit den Stimmen der SPD, CDU und FDP den Antrag "Abschiebungen von Roma und Sinti in die Nachfolgerepubliken Jugoslawiens" der Partei die Linke abgelehnt. Abgelehnt wurde auch ein Antrag der GAL auf einen 6-monatigen Abschiebestopp für diese Menschen sowie ein Zusatzantrag der Partei Die Linke, vor einer Entscheidung ein Expertengremium zu der Situation der Roma in Serbien und Mazedonien zu befragen.

Die in Hamburg von Abschiebung bedrohten Roma machen seit Monaten zusammen mit Flüchtlingsorganisationen, der GEW, UnterstützerInnenkreisen und Kirchen auf ihre Situation in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens aufmerksam. Diese ist durch eine weitverbreitete Diskriminierung gekennzeichnet. Roma sind in Serbien, Mazedonien und im Kosovo weitestgehend von der Krankenversorgung, vom Arbeitsmarkt, von der Schul- und Berufsausbildung und von anderen sozialen Leistungen ausgeschlossen. Besonders die Kinder leiden darunter. Ihnen wird dadurch ein Leben in Sicherheit und Würde verwehrt. Stattdessen müssen diese Menschen in großer Armut und sozialer Unsicherheit, die oftmals lebensbedrohliche Ausmaße annimmt, leben.

Amnesty International stellt in der Presseerklärung vom April 2011 zur Lage der Roma europaweit fest:

"Die Menschenrechtsorganisation dokumentiert seit Jahren, wie europäische Regierungen daran scheitern, die Roma vor gesellschaftlicher und gesetzlicher Diskriminierung zu schützen. Neben Serbien verweigern auch Rumänien, Slowenien, Italien und Mazedonien den Roma das Recht auf ein Leben in Sicherheit und Würde. Tschechien, Kroatien und die Slowakei tun wenig, um Roma-Kinder in der Schule zu integrieren. Deutschland und andere europäische Staaten berücksichtigen in Asylverfahren unzureichend die Menschenrechtssituation von Roma in ihren Herkunftsländern".

Wir bedauern zutiefst, dass sich die Hamburger Bürgerschaft und allen voran der SPD geführte Senat außerstande sehen, diese Menschen durch eine mutige politische Entscheidung zu schützen und Ihnen ein Bleiberecht in Hamburg zu gewähren. Dies wäre ein wichtiges Zeichen im Hinblick auf eine humanere Flüchtlingspolitik gewesen, die der neue Innensenator, Herr Neumann, in Aussicht gestellt hat.

Jetzt bleibt nur noch die Hoffung, dass, in Ermangelung einer politischen Lösung, die Situation der Roma-Familien, die Petitionen im Hinblick auf einen Abschiebeschutz und ein Bleiberecht in Hamburg an die Härtefallkommission gestellt haben, in einem großzügigen Maße berücksichtigt werden. Insbesondere im Hinblick auf die Zukunft der betroffenen Kinder ist dies dringend geboten.

Flüchtlingsrat Hamburg e.V., 14. Juni 2011

Quellen :: romas-in-hamburg.blogspot.com, :: fluechtlingsrat-hamburg.de