Quellenangabe:
Flüchtlinge und Asylpolitik in Bulgarien (vom 24.07.2011),
URL: http://no-racism.net/article/3866/,
besucht am 27.12.2024
[24. Jul 2011]
In Bulgarien stellen jährlich ca. 1.000 Menschen einen Asylantrag. Ihre Situation ist selbst nach der Anerkennung eines Flüchtlingsstatus miserabel. Viele Flüchtlinge werden oft mehrere Jahre in Lagern interniert. Durch den geplanten Schengenbeitritt sind weitere restriktive Maßnahmen zur erwarten.
2010 lag die bulgarische Bevölkerung bei 7,5 Millionen Menschen. 2008 waren 0.3 % der gesamten Bevölkerung nicht bulgarischer Herkunft. Hauptherkunftsländer waren Russland (9000), Ukraine (2200) und Griechenland (1600).
Es gibt keine Statistik oder offizielle Daten über die Anzahl von Migrant_innen ohne Papiere. Schätzungen weisen darauf hin, dass 10 bis 15% der Migrant_innen sich undokumentiert in Bulgarien aufhalten. Nach Angaben der Grenzpolizei kommt die Mehrheit dieser Menschen aus Afghanistan, der Türkei und Moldawien. Die meisten ohne Papiere sind so genannte "stay overs", Migrant_innen deren Aufenthaltstitel abgelaufen sind. Auch sind es Asylbewerber_innen, die darauf warten, dass ihr Asylantrag registriert wird. Es gibt immer eine juristische Lücke zwischen dem Asylantrag und der tatsächlichen Registrierung durch die State Agency for Refugees, auch gibt es keine Legalisierungsprogramme oder -mechanismen. Bulgarien ist gegenwärtig eher Transitland als Ziel von Flüchtlingen. Die meisten versuchen in andere EU-Länder zu gelangen.
Jährlich stellen in Bulgarien rund 1000 Menschen einen Antrag auf Asyl. Der Höhepunkt war im Zeitraum 2001-2003 während der bewaffneten Konflikte in Afghanistan und Irak. Knapp 3000 Menschen baten 2002 um Asyl. Ihre Zahl begann dann allmählich zurückzugehen und erreichte 2006 rund 600 Menschen. In den letzten Jahren begann die Zahl wieder zu wachsen. 274 Flüchtlinge haben im ersten Quartal 2011 um Asyl ersucht, 38 von ihnen wurde ein Flüchtlingsstatus zuerkannt.
Es gibt vier verschiedene Stati, die erteilt werden können:
Es gibt in Bulgarien zwei Aufnahmeeinrichtungen: eine in Sofia (400 Plätze), die andere in Banya (80 Plätze), in der Mitte von Bulgarien.
Als Teil der Schengen-Verpflichtungen entsteht ein neues Transitzentrum für 300 Menschen im Dorf Pastrogor unmittelbar an der Grenze zur Türkei. Die Eröffnung war für Mai 2011 geplant, wurde aber angeblich wegen Problemen mit der Kanalisation verschoben (Informationen über eine Eröffnung liegen und keine vor, Anm. no-racism.net). Das Zentrum wurde mit Mitteln des EU-Phare-Programms errichtet.
Rumen Sjarow von der staatlichen Flüchtlingsagentur erklärte dazu in einem :: Interview mit Radio Bulgarien:
"Das Transitzentrum beim Dorf Pastrogor ist eine sehr dringend gebrauchte territoriale Abteilung der Agentur. Gegenwärtig verfügt die Agentur über zwei solche Abteilungen zur Aufnahme und Registrierung in Sofia und bei der Stadt Stara Zagora. Diese zwei Zentren haben aber eine relativ begrenzte Aufnahmefähigkeit. Mit dem neuen Transitzentrum wird sich die Möglichkeit der Unterbringung der Asylsuchenden in den Zentren auf unserem Gebiet erhöhen und sie werden nicht gezwungen werden andere Adressen zu suchen. Wichtig ist außerdem, dass dieses Zentrum unmittelbar an der Grenze zur Türkei liegt, woher die meisten asylsuchenden Ausländer kommen. Ganz nah daran befindet sich auch das Zentrum zur vorübergehenden Unterbringung von Ausländern im Dorf Lübimez, das der Polizeidirektion "Migration" unterstellt ist. Die räumliche Nähe der zwei Zentren wird die Zusammenarbeit zwischen beiden Institutionen erleichtern. Z.B. wenn einem Wirtschaftsflüchtling Asyl verweigert wird, wird er in das Zentrum im Dorf Lübimez verlegt und die "Migration-Direktion" wird ihn entweder in ein Drittland oder in sein Heimatland ausweisen."
In Aufnahmeeinrichtungen werden anerkannte Flüchtlinge und die Asylbewerber_innen, deren Asylantrag am Laufen ist, aufgenommen. Sie werden nicht gezwungen dort zu leben, aber wenn sie sich woanders aufhalten, verlieren sie den Anspruch auf Sozialhilfe in Höhe von 65 Leva (32 Euros).
Die Einrichtungen sind offen, die Bewohner_innen können Besuche empfangen und auch rein und raus gehen wie sie möchten. Die hygienischen Bedingungen sind furchtbar, die Gebäude überaltert und völlig überfüllt.
2011 wurde eine Zunahme der Zahl der Flüchtlinge in Bulgarien als Folge des erwarteten Beitrittes zum Schengener Raum erwartet, dieser verzögerte sich jedoch und findet voraussichtlich 2012 statt.
Wie in allen EU-Ländern werden von Flüchtlingen Fingerabdrücke abgenommen und im EURODAC-System gespeichert. Damit soll festgehalten werden, in welchem Land sich Flüchtlinge zuerst aufhalten, da dieses Land für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
Im Zuge der Anpassung der Gesetze und Richtlinien an EU-Vorschriften und in Zusammenhang mit der Verpflichtungen Bulgariens bezüglich der Überwachung der EU-Außengrenzen samt der Bekämpfung irregulärer Migration, wurde von der Regierung eine Nationale Strategie für Migration, Asyl und Integration für 2011-2020 verabschiedet. Die EU finanziert ihrerseits u.a. den Ausbau bzw. die Errichtung von Internierungslagern und Maßnahmen zur Überwachung der Grenzen.
Außerdem erhält Bulgarien finanzielle Unterstützung aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds zur Durchführung der Politik zur "Integration" von Flüchtlingen. Im Jahr 2010 waren für Bulgarien knapp 935.000 Euro vorgesehen.
Quellen :: How-to-bulgaria - noborder camp 25.-29.08.2011 (pdf), :: detention-in-europe.org - Legal grounds for the detention in Bulgaria, :: Radio Bulgarien, 09. Mai 2011