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Quellenangabe:
Prozessbericht von der Verhandlung gegen DemonstrantInnen / Imre B (vom 18.04.2001),
URL: http://no-racism.net/article/387/, besucht am 27.12.2024

[18. Apr 2001]

Prozessbericht von der Verhandlung gegen DemonstrantInnen / Imre B

Am 14.8.2001 war der dritte Verhandlungstag gegen DemonstrantInnen, die gegen die Ermordung von Imre B. durch einen Polizeibeamten protestierten. Vorgeworfen wird ihnen schwere körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Schon bei den ersten beiden Prozesstagen bemühte sich der Richter kaum seine Befangenheit zu verbergen. So wurde zum Beispiel ein Anwalt mehrmals an der AusÃŒbung seiner Pflicht als Verteidiger gehindert. Fragen, die zur Aufdeckung von Widersprüchen der BelastungszeugInnen dienen hätten sollen, wurden mit der Begründung nicht relevant zu sein nicht zugelassen.

Weiters demonstrierte das Gericht wieder einmal wunderbar die Praxis der umgekehrten Beweislast. Es ist so, dass Angeklagte nicht als nicht schuldig gelten bis ihre Schuld bewiesen wurde, sondern sie solange als schuldig angesehen werden bis sie es schaffen ihre Unschuld zu beweisen. Doch wie soll diese bewiesen werden, wenn alle entlastenden Beweise als unglaubwürdig angesehen werden?
Sogar als die Nationalratsabgeordnete der Grünen, Madeleine Petrovic, die bei dieser Demonstration als Vermittlerin zugegen war, als Entlastungszeugin aussagte, wurde sie vom Richter mit absoluter Arroganz behandelt. Er stellte ihr Fragen wie, Zitat Richter Schrammel: "Spielen Sie immer Feuerwehr für Demonstranten?".

Der Staatsanwalt war von Anfang an Statist, übernommen wurde seine Rolle vom Richter. Da stellt sich die Frage, ob dies in einem Justizsystem, das sich selbst als demokratisch und rechtsstaatlich bezeichnet, überhaupt zulässig ist. Wie kann es sein, dass eben die Person, die angeblich objektive Urteile fällen soll gleichzeitig die Anklage vertritt?

Und auch heute setzte sich dieses Schauspiel fort.
Wieder wurde ein Anwalt an Fragestellungen gehindert und eine anwältin durch ständiges Bestehen auf einer Aussage ihrerseits, die das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und ihrer Mandantin gebrochen hätte, zu einer Verletzung ihrer Pflicht gedrängt. Besonders in Szene setzte sich der Richter durch seine ständigen beleidigenden Kommentare. Er wies bereits nach wenigen Minuten einen der Beklagten an, das NÀgelbeißen sein zu lassen, da ihm, Zitat: "graust" und das Kauen an FingernÀgeln eine Anstandsverletzung darstelle. Und naTürlich ist der Anstand in, Zitat: "seinem Gerichtssaal" zu wahren. Nachdem der Beklagte nochmals nervÃŒs an den NÀgeln biss, drohte ihm der Richter sogar mit einem Rauswurf.

Doch damit nicht genug. Während der Befragung eines Polizeibeamten fragte Richter Schrammel selbigen, Zitat: "Sinds da gstandn wie angmalte Türken?". Daraufhin wies einer der Beschuldigten den Richter darauf hin, dass dies eine rassistische Bemerkung sei und auch Teile des Publikums äußerten ihre Empörung über diese Aussage.

Die Verteidigung bestand auf die Protokollierung dieser Bemerkung, wogegen sich der Richter jedoch vehement wehrte. Richter Schrammel klärte die Anwesenden nochmals darüber auf, dass dies sein Gerichtssaal sei und lediglich das protokolliert wird, was er sagt. Daraufhin meinten Teile des Publikums, dass er das ja auch gesagt habe und die Situation eskalierte. Richter Schrammel forderte das Publikum auf den Saal zu verlassen, da die anwesenden ZuhörerInnen den Ablauf seiner Verhandlung sTüren würden.

Das Publikum weigerte sich den Saal zu verlassen, da sie auf ihr Recht an dieser öffentlichen Verhandlung teilzunehmen bestanden. Daraufhin drohte der Richter mit der Justizwache, erklärte die Verhandlung für unterbrochen und verlies den Saal. Minuten später wurden die für den Richter lÀstigen Teile des Publikums auch tatsächlich von der Justizwache unter der Androhung von strafrechtlicher Verfolgung entfernt.

In Folge dessen verlies einer der Beklagten mit seinem Anwalt wegen Ausschlusses der Öffentlichkeit den Gerichtssaal. Der Prozess ist auf unbestimmte Zeit vertagt.

Dieses Verfahren reiht sich in eine Reihe von Prozessen ein, die bis auf unterschiedliche DarstellerInnen absolut deckungsgleich verlaufen. Die Aufgabe des Gerichtes ist es nicht einen Sachverhalt zu klären, sondern alles mögliche und auch alles unmögliche zu tun um einen Schuldspruch zu rechtfertigen. Dies haben die Prozesse rund um die Operation Spring mehr als deutlich bewiesen.

Eines der wichtigsten Merkmale einer Demokratie, nämlich die Trennung von Judikative und Exekutive, gibt es lediglich auf dem Papier. Dieses System kann dem Anspruch gerecht zu sein niemals nachkommen. Doch diesen Anspruch gibt es gar nicht. Es gibt keine Gerechtigkeit in einem Gericht, dessen einziges Ziel es ist fortschrittliche Menschen zu kriminalisieren.

Wir fordern alle fortschrittlichen Kräfte auf gegen diese Zustände zu protestieren und weitere Prozesse zu beobachten.

FREISPRUCH FÜR GEORG UND INES!!!
FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN!!!
RASSISMUS tötet!!!

Info von PWI Wien