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Quellenangabe:
Mike B. - Strafmaß noch weiter reduziert (vom 06.10.2011),
URL: http://no-racism.net/article/3924/, besucht am 28.03.2024

[06. Oct 2011]

Mike B. - Strafmaß noch weiter reduziert

Das Strafausmaß für den Polizisten, der im Februar 2009 Mike B. schwer verletzte, wurde vom Oberlandes- gericht Wien am 27. September 2011 reduziert. Die Begründung der Strafminderung bagatellisiert Polizeigewalt und ist nicht nachvollziehbar.

Das Verfahren zum rassistischen Übergriff an Mike B. ist juristisch abgeschlossen. Das Berufungsgericht bestätigte die Schuld des Beamten, der ihn niedergerissen hatte. Allerdings muss der weniger zahlen.

Der Polizist, war mit seiner Berufung teilweise erfolgreich und ortete Vorverurteilungen gegen seine Person in den Medien.
Zitat: "Ja, ein Schwarz-Weiß-Denken gab es in dem Fall von Anfang an. Nur dass ich der Schwarze und er der Weiße war".

Fast zwei Jahre später, im heurigen Jänner, wurde der mittlerweile nach Kärnten versetzte Beamte für den gewalttätigen Übergriff vom Februar 2009 verurteilt. 2800 Euro Geldstrafe oder 50 Tage Haft, lautete damals der Richterspruch. Der Kriminalpolizist wollte sich damit nicht abfinden, er gesteht zwar eine "Verwechslung" ein, strafbar habe er sich aber nicht gemacht.

Was der Berufungssenat ganz und gar nicht so sieht. Zweimal habe er gegen seine Sorgfaltspflicht verstoßen, erklärt Vorsitzende Habl in ihrer Urteilsbegründung. Erstens hätte er sich überzeugen müssen, ob Mike B. überhaupt der Gesuchte (ein vermeintlicher Drogendealer) ist. Denn: "Die Jacke unterschied sich auffällig und vor allem die Kopfbedeckung", hält die Juristin fest. Obwohl sie das später relativiert: Ähnlich gesehen hätten sich die beiden Männer schon. Und zweitens hätte er Mike B. Reaktionslosigkeit auf die Worte "Stop, police!" nicht sofort als Fluchtversuch werten dürfen. Und ihn von den Beinen holen und auf den Bahnsteig werfen dürfen. Denn schließlich habe der Sportlehrer gerade telefoniert. "Er hat Sie also schlicht nicht gehört".

Die Schuld bleibt, die Strafe wurde dennoch gemindert. Denn statt 2800 Euro oder 50 Tage Haft sind es nun 1680 Euro beziehungsweise 30 Tage. Unbedingt bleibt sie. Denn andernfalls "wäre das eine Bagatellisierung des Polizeieinsatzes".

Zur Überraschung und zum Befremden von Brennans Anwalt Wilfried Embacher geht sie aber auch seinen Mandanten frontal an. Man habe ihm in der ersten Verhandlung "nicht glauben können". Denn seine Behauptung, er wäre sofort bei Verlassen des Zuges umgerannt worden und Polizisten hätten ihn mit Faustschlägen traktiert, könne laut Sachverständigen nicht stimmen.

Und schlussendlich bringt auch Habl Schwarz und Weiß ins Spiel. Denn rassistisch motiviert sei der Vorfall nicht gewesen. "Der Verdächtige hat eben so wie Mike B. eine schwarze Hautfarbe gehabt. Die Verwechslung wäre aber auch passiert, wenn beide eine weiße Hautfarbe gehabt hätten", ist sie überzeugt.

Quelle: derstandard.at vom 28.09.2011, redigiert von no-racism.net