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Quellenangabe:
Lesereise Fabien Didier Yene: Bis an die Grenzen. (vom 05.11.2011),
URL: http://no-racism.net/article/3936/, besucht am 26.12.2024

[05. Nov 2011]

Lesereise Fabien Didier Yene: Bis an die Grenzen.

Fabien Didier Yene präsentiert sein Buch im November 2011 in mehreren Veranstaltungen in Österreich und Deutschland und diskutiert über Reisefreiheit!

Die Bilder gingen um die Welt: Tausende afrikanische Flüchtlinge, die mit Hilfe improvisierter Leitern versuchen, den sechs Meter hohen Drahtzaun zu überwinden, der Marokko von der spanischen Exklave Melilla trennt - vor sich die bewaffnete Guardia Civil, im Rücken das marokkanische Militär. Fabien Didier Yene aus Kamerun ist einer von ihnen. Immer wieder rennt er gegen den Grenzzaun an oder versucht schwimmend europäischen Boden zu erreichen. Immer wieder wird er zurückgeworfen, aufgegriffen, an die Grenze abgeschoben, einmal mit ein paar anderen mitten in der Wüste zurückgelassen. Yene wird zum Chronisten seiner eigener Migration: die Durchquerung der Wüste, die Erpressung durch Schlepper und windige Geschäftsleute, das Leben in illegalen Ghettos, Hunger und Entbehrungen, die unbeschreibliche Brutalität von Exekutivorganen und die Feindseligkeit der Einheimischen, die ständige Angst, entdeckt oder ausgeraubt zu werden, das sukzessive Abhandenkommen aller Illusionen. Aber auch Momente der Freundschaft, der Solidarität, des Atemholens.

Fabien Didier Yene, geboren in der Ortschaft Ekombitié, Kamerun. Schulabschluss mit Matura in der Hauptstadt Yaoundé. Nach seiner Auswanderung, die ihn durch zahlreiche afrikanische Länder geführt hat, lebt er heute in Marokko, wo er im März 2008 zum Obmann der Kameruner Emigrantengemeinschaft gewählt wurde und sich im Rahmen verschiedener Menschenrechtsorganisationen, darunter das Netzwerk Euroafrikanisches Manifest, für die Rechte von MigrantInnen und das Recht auf Bewegungsfreiheit einsetzt. Bis an die Grenzen ist sein erstes Buch, es erschien 2010 in Frankreich unter dem Titel Migrant au pied du mur.

Termine

6. November, 17:00, Bäckerei May, Neufeld an der Leitha
7. November, 20:00, ISOP, Graz
8. November, 19:00, RAJ, Klagenfurt/Celovec
9. November, 19:00, Arcobaleno, Linz
10. November, 19:00, Friedensbüro, Salzburg
11. November, 15:30, Buchmesse, Wien
13. November, 18:00, Kultursalon Roderich, Berlin
14. November, 20:00, AZ Conni, Dresden
15. November, 20:00, Eine Welt Haus, München
16. November, 20:00, Theater am Saumarkt, Feldkirch
17. November, 19:00, Begegnungsbogen, Innsbruck

Leseprobe/Aus dem Inhalt

Früh am nächsten Morgen fand ihn ein Schäfer und zeigte ihm die Straße, die durch den Wald zum »Dorf der Afrikaner« führt, wie der Ort von den Bewohnern genannt wurde. Von hier war es nicht weit zum Drahtgeflecht, das die spanische Enklave von Marokko abtrennt. Unterwegs stieß er auf eine Gruppe Subsaharier, die aus dem Wald in Richtung Stadt rannten und ihm zuriefen, dass die Polizei ihnen auf den Fersen sei. Er rannte hinter ihnen her bis zu einem Ort, der »Tranquillo« genannt wurde. Dort blieb er fast zwei Stunden versteckt und war schon bald eingeschlafen. Als er nach der Razzia aufwachte, war er allein und wusste nicht, wohin er gehen sollte, fand aber schließlich zurück auf den Weg zum Wald. Die erste Gruppe, die er antraf, waren Kameruner, die rund um ein Lagerfeuer saßen. Alle waren schockiert, dass er zu Fuß den ganzen Weg von Fnideq über Rabat bis hierher gekommen war. Ein Landsmann anerbot sich, die Ghettogebühr für ihn zu bezahlen. Sie wiesen ihm den Schlafplatz eines Mannes zu, dem es am Vortag gelungen war, nach Ceuta hineinzukommen. Fabien verbrachte vier Tage ohne aufstehen zu können. Als er wieder bei Kräften war, machte er mit allen seinen Landsleuten Bekanntschaft.
Die Ghettos erstreckten sich über den Abhang eines Hügels mit wechselförmigem Relief. Die Nigerianer waren ganz oben, dann kamen die Kameruner und die Kongolesen. Etwas weiter unten die Guineer und ein Teil der malischen Gemeinschaft, getrennt vom Rest dieser großen Gemeinschaft, die sich über den ganzen anderen Flanke des Hügels ausdehnte. Es war eine regelrechte Zufluchtsstadt junger Afrikaner.