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Quellenangabe:
ICMPD: Festung Europa in der Offensive (vom 03.05.2000),
URL: http://no-racism.net/article/40/, besucht am 23.11.2024

[03. May 2000]

ICMPD: Festung Europa in der Offensive

Seit 1993 existiert in Wien das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD), dem große Bedeutung in der staatlichen Migrationsforschung zukommt. Bis jetzt wurde diese Institution kaum beachtet. Ihr kann eine zentrale Rolle in der Erfassung, Auswertung und Zerschlagung von internationalen Flüchtlingsströmen und Fluchtrouten zugeschrieben werden. Auch in der Entwicklung einer neuen, "heimatnahen", Europäischen Flüchtlingspolitik während und nach dem Krieg im Kosovo spielt das ICMPD eine wichtige Rolle. Grund genug, um das ICMPD ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen.

1. Entwicklung des ICMPD und Zusammenhänge mit anderen internationalen Organisationen


Aus den IGC (Inter-governmental Consultations on Asylum, Refugee and Migration Policies in Europe, North America and Australia, Sitz: Genf), der Koordinierungsstelle der westlichen Flüchtlings- und Migrationspolitik (Mitgliedsstaaten: Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, großbritannien, Irland, Italien, Kanada, Holland, Norwegen, Österreich, Schweden, Schweiz, Spanien, USA sowie der UNHCR und die IOM - international Organisation for Migration) wurde nach der Auflösung des Ostblock und dem Beginn des Kriegs in Jugoslawien ein Bereich ausgegliedert, der Zentral- und Osteurpa, vor allem aber Südosteuropa in die gesamt-Europäische Flüchtlingspolitik hereinholen sollte - das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD). Sitz des ICMPD ist Wien. (Adresse: 1040 Wien, Möllwaldplatz 4). Das ICMPD wurde am 1. Juni 1993 zwischen der Schweiz, vertreten durch das Bundesamt für Flüchtlinge, und Österreich, vertreten durch das Innenministerium, gegründet. In den Folgejahren traten Ungarn und Slowenien bei, Polen und Tschechien bereiten einen Beitritt vor. Es wird zur Zeit von zwanzig Regierungen unterstützt. Eine vertragliche Kooperation besteht mit der IOM (Beschäftigungsgebiete: Internationale Rückkehrhilfen, Studien zu Flucht und Migration, Flüchtlingslager Know-How; im Kosovo wandelte die IOM einen Teil der UCK in das Nachkriegs-"KosovoCorps" um). Die MitarbeiterInnen des ICMPD genießen seit 1997 diplomatischen Status. Es ist eine multifunktionale Forschungsstelle deren Ausläufer bis in die Fakultäten von ostEuropäischen Universitäten und in die internationalen Migrationswissenschaften reichen. Das Zentrum versuchte in den letzten Jahren die "Migrationskontrolle" mit "strategischen Beratungen" vor allem auf dem Balkan zu entwickeln.

Ende 1997 wurde das Österreichische Forum für Migrationsstudien (ÖFM) von Österreichischen und schweizer BehördenvertreterInnen als vorerst dreijähriges Pilotprojekt des ICMPD gegründet. Ziele des ÖFM sind der Aufbau einer interdisziplinären Dokumentations-, Informations- und Forschungsstelle zur Förderung aller im Migrationsforschungsbereich tätigen AkteurInnen im deutschsprachigen Raum, insbesondere in Österreich. Finanziert wird das ÖFM vom Österreichischen Innenministerium und der Schweizer Stiftung für Bevölkerung, Migration und Umwelt. Sitz des ÖFM ist wie des ICMPD Möllwaldplatz 4, 1040 Wien.

Seit 1991 finden europaweit Ministerkonferenzen statt, die eine Einbindung Zentral- und Osteuropas in die Schengener und EU-Abschottungspolitik zum Ziel haben. Diese gesamt-europäische Konferenzstruktur mit einem permanenten Sekretariat in Wien (ICMPD), zahlreichen Arbeitsgruppen und einer institutionalisierten europaweiten Zusammenarbeit von Behörden, die mit Flüchtlings- und Grenzfragen beschäftigt sind, wird unter der Bezeichnung Budapester Prozess zusammengefasst. Derzeit koordinieren sich dort VertreterInnen von 38 Regierungen und 10 internationalen Organisationen. Als Aufgaben des Budapester Prozesses werden in einem offiziellen Bericht genannt: "the compilation of an inventory of the needs of the Central and Eastern European (e.g. training, computers, vehicles and communication equipment) and of possible offers from Western European sources and exploration of possibilities of additional financial assistance to improve border control and facilitate return programs. The emphasis is thus shifting towards measures to combat migrant trafficking, border control and readmission agreements (Die Zusammenstellung einer Liste von Bedürfnissen der zentral- und osteuropäischen länder (z.B. Ausbildung, Computer, Fahrzeuge und Kommunikationsausrüstung) und der möglichen Angebote aus westEuropäischen Quellen sowie die Erforschung von Möglichkeiten zusätzlicher finanzieller Unterstützung um die Grenzüberwachung zu verbessern und Rückkehrprogramme zu erleichtern. Die Betonung liegt folglich in der Verschiebung von Mittel hin zur Bekämpfung von Handel mit MigrantInnen, zum Grenzschutz und für Wiederaufnahme-Abkommen). In den letzten Jahren änderten Gremien des Budapester Prozesses ihre Arbeitsweise. Sie beschäftigen sich nicht mehr nur mit den "low intensity areas" der langjährigen Angleichung der Grenzaufrüstungen, Flüchtlingsfeindlichen maßnahmen und Gesetzen an die westlichen Standards, sondern gehen zu Aktionen koordinierter Fahndungen und Abschiebungen über. Nicht mehr Angleichung ist das Ziel der westlichen BevölkerungsplanerInnen, sondern präventive Ergreifung von maßnahmen, die wanderungs- oder fluchtwillige Menschen von vornherein davon abhalten in ihre potentiellen Zielländer zu gelangen. Das "neue" Verständnis basiert auf dem völkischen Prinzip, daß Menschen vorrangig dort leben sollen, wo ihre "Heimat" ist, dort wo ihr "Volk" "zuhause" ist, dort wo sich "ihr Boden" befindet.

Als eine der Folgekonferenzen zum Budapester Prozess fand am 29. und 30. Juni 1998 in Budapest die "Sonderkonferenz der Budapester Gruppe zur illegalen Migration in südosteuropa" statt. Insgesamt 31 Staaten nahmen an der Konferenz teil, darunter Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Mazedonien, Griechenland, Ungarn, Italien, Polen, Slowakei, Slowenien und die Türkei, Weitere TeilnehmerInnen: Europarat, EuropäischeKommission, IGC, ICMPD, Interpol, IOM und UNHCR. Auf dieser Konferenz wurden die Balkanstaaten (außer der Bundesrepublik Jugoslawien, die nicht teilnahm) auf Maßnahmen zur Zerschlagung der "türkisch-albanischen" Route verpflichtet, über die die "illegalen Bewegungen" in den letzten Jahren zu Lande oder "weiter über die Adria und Italien nach Westeuropa" vordringen würden. Folgende maßnahmen wurden beschlossen: Einführung der Visapflicht und Einschränkung der Visaerteilungen auch durch südostEuropäischeländer; Durchsetzung sogenannter kompletter Kontrollen an allen Grenzen, das heißt an allen Grenzübergängen müssen ab sofort alle Personen mit ihren Papieren einzeln kontrolliert werden; Aufbau einer Überwachung der Überlandstrassen im Hinterland der Grenzen; Einführung von Carrier Sanctions gegen Transportunternehmen, die "Illegale" befördern; Ausbau des Rückübernahmesystems auch zwischen den Staaten Südosteuropas; Austausch von Verbindungspolizisten; Verschärfung der Strafverfolgung von illegal Reisenden und FluchthelferInnen; Einrichtung nationaler Zentren zur Datensammlung "about new migration routes, the means of transport used, document fraud (über neue Fluchtrouten, Transportmittel, Dokumentenschwindel), instances of trafficking and trafficking organisations (Schlepperei-fälle und Schlepper-Organisationen)". Aus jedem Land sind diese Informationen ab dem 15. August 1998 regelmäßig dem ICMPD in Wien zu melden. Die westlichen Staaten verpflichten sich, die Beratung der Grenzpolizeien und Behörden längs der südosteuropa-Route zu übernehmen und in kurzen Abständen Berichte über die Entwicklung der "illegalen Migration und der trafficking Aktivitäten" herauszugeben.; Experten für längere Zeit an "unangenehme Grenzübergänge" und " an Bereiche der grünen Grenze, die besonders anfällig für illegale Migration sind" zu schicken, mit dem Auftrag, die Arbeit der Grenzpolizeien zu beobachten und zu beraten; Dokumenten-Experten besonders auf Flughäfen und Seehäfen in südosteuropa zu stationieren, die die lokalen Polizeien und Reiseunternehmen bei der Erkennung gefälschter Papiere schulen sollen; und Ausrüstung und Training der Grenzpolizeien zu verbessern.

2. Neue Europäische Flüchtlingspolitik (Teil 1)


Inhaltlich vertritt das ICMPD unter dessen Leiter Jonas Widgren eine Aufwertung der Flüchtlings- und Migrationspolitik zu einer Art Leitwissenschaft in der Politologie und zum Leitfaden fast aller Regierungsressorts: Als Ursache für alles was auf der Welt passiert, vom Bevölkerungswachstum bis zur ökologischen Katastrophe, werden die weltweiten Flüchtlingsströme gesehen, die die Sicherheit des Westens herausforderten. Damit wird die internationale Flüchtlingspolitik zu einem Politikbereich erster Ordnung, dem die Geo- und Militärpolitik, die Ökologie und die innere Sicherheit, die aussenpolitik und die Entwicklungshilfe untergeordnet werden müssten. Interessierte Regierungen sollen bei der Erarbeitung von politischen maßnahmen unterstützt werden, damit den "Wanderungsbewegungen von Osten nach Westen und von Süden nach Norden" begegnet werden kann. Weiters soll überlegt werden, "wie Integration stattfinden, und wie man die Auswanderung handhaben könnte - einerseits in Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern, andererseits, um die Fremdenfeindlichkeit in den Zielländern nicht zu provozieren". Das ICMPD wirkt wie eine Verteidigungsanlage der westlichen Länder gegen Migration - die Staaten sollen vor Flüchtlingen geschützt werden. Die Erarbeitung von Studien und Statistiken im Auftrag verschiedenster Regierung haben den Zweck, präventive Maßnahmen zu entwickeln mit denen Fluchtbewegungen schon im Ansatz eingedämmt werden können und Fluchtrouten nachhaltig zerschlagen werden. Inwieweit das Konstrukt der "organisierten Schlepperkriminalität" mit der Arbeit des ICMPD und der ÖFM zusammenhängt, muß noch erforscht werden.

Eine der MitarbeiterInnen des ICMPD ist die ehemalige Grün-Politikerin Marijana Grandits. Sie saß bis 1994 für die Grünen im Parlament und war deren aussenpolitische Sprecherin.

Der entscheidende Beitrag der Europäischen Flüchtlingsbekämpfung zum Kosovo-Krieg 1999 und zu künftigen Konflikten besteht weder in der konkreten Fluchtabwehr noch darin, daß diese praktisch an Militärs und Hilfsorganisationen delegiert wurde. Sondern es geht um die Wiederentdeckung des als Fluchtursachenbekämpfung bezeichneten "Rechts auf Heimat". Es basiert auf der völkischen Vorstellung, Menschen wurzelten in einer Heimat und könnten daher nicht einfach gehen, wenn es ihnen dort nicht gefällt. Die Vorstellung, irgendwo hin zu gehen, wo mensch in Ruhe leben kann, wird mit einer Flüchtlingspolitik verhindert, die ähnlich wie völkische Bewegungen sagt, die Leute gehören dorthin, wo sie herstammen. Freigewähltes Leben in Fluchtländern wird unter diesen Umständen zu einem nur als Zwischenlösung zu akzeptierenden Zustand. Das Flüchtlingslager wird von der Zwischenlösung zur Dauerlösung. "Heimatnahe" Unterbringung in Flüchtlingslagern möglichst nahe an "Krisenregionen" soll sicherstellen, daß "Entwurzelung der Schutzsuchenden aus ihrer Heimat und Kultur entgegengewirkt und die Rückkehr erleichtert" wird (aus einem Arbeitspapier für die zuständige EU-Ratskommission v. März 99)

Anfang 1999 trat der Amsterdamer Vertrag in Kraft, der auf dem EU-Gipfel in Amsterdam im Juni 97 beschlossen wurde. Schrittweise soll die Flüchtlingspolitik der Einzelstaaten zusammengefaßt und zur vordringlichen Europäischen Aufgabe werden, um später auf EU-Ebene, weitgehend unter Ausschluß richterlicher Kontrolle, zu einer koordinierten Aussen- und Flüchtlingspolitik zu gelangen. Um einen gemeinsamen "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" zu schaffen, soll die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres in der Europäischen Union grundlegend neu geordnet werden. Die asyl- und migrationspolitischen Entscheidungskompetenzen werden weitgehend der direkten parlamentarischen Kontrolle enthoben und auf einen kleinen Kreis migrationspolitischer Experten innerhalb des Rates konzentriert werden. Die gemeinsame Regulierung der Migration über die Aussengrenzen, wie sie der Schengener Vertrag vorsah, wird damit durch die Konzentration politischer Entscheidungskompetenzen in zentralen EU-Gremien ergänzt. Dadurch ist die Flüchtlingsabwehr, wie sie im Schengen-Raum bereits umgesetzt wird, nicht hinfällig geworden: sie umfaßt den Visumszwang für über 130 länder, die Bestrafung von Transportunternehmen, die Passagiere ohne ausreichende Reisedokumente befördern, die Einrichtung von Gefängnissen für Flüchtlinge in den Transitzonen der Flughäfen, die Sammlung und zentrale Verwaltung von Daten Hunderttausender Nicht-EU-bürgerInnen, die verstärkte Grenzüberwachung mit Hubschraubern, Nachtsichtgeräten, Schnellbooten, Hundestaffeln, Kontrollen in einer 30 Kilometer breiten Grenzzone, verdachtsunabhängige Kontrollen auf Bahnhöfen und in Zügen, die Beteiligung der Bevölkerung an der Observierung des Grenzraumes, Finanzierung- und Ausbildungshilfen für das Grenzregime der östlichen und südöstlichen Nachbarländer. In Polen beispielsweise finanziert
die EuropäischeUnion bereits jetzt Fahrzeuge für den Grenzschutz, den Ausbau von Grenzüberwachungsanlagen und den Bau einer neuen Zentralstelle für die GrenzsoldatInnen in Süd-Ost-Polen am Dreiländereck Polen, Ukraine, Slowakei im Ort Ustrzyki Gorne.

3. Neue Europäische Flüchtlingspolitik (Teil 2)


"Letztendlich ist in einem künftigen umfassenden Rechtsakt auch die Frage zu klären, ob sich das in Europa in ganz anderen verwaltungsrechtlichen Zusammenhängen entwickelte Rechtsstaatskonzept und das Modell rechtsfürmig durchsetzbarer Rechte tatsächlich noch für den Flüchtlingsbereich als einziges Instrument eignet. An die Stelle von individuellen Bescheidverfahren könnte ein ausgeweitetes Kontingentaufnahmeverfahren treten, das sich im übrigen auch noch relativ leicht mit neu zu entwickelnden Lastenteilungsmechanismen kombinieren ließe", schreibt Manfred Matzka, führender Beamter im Österreichischen Innenministerium, im "Stratgiepapier zu Migration und Asylpolitik", das während des Österreichischen EU-präsidentschaft 1998 vorgelegt wurde. Aus dem subjektiven Recht auf Asyl wird politisch gewährte kontingentierte Gnade.

Die Österreichischen Migrationsstrategen entwickeln Vorstellungen vom einheitlichen Europäischen Asyl- und Migrationsraum, die gekennzeichnet sind durch Abschottung und Kontrolle und von einer effizienten und koordinierten Abschiebepolitik. Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), die als internationales Vertragswerk seit 1951 den Flüchtlingsschutz verbindlich regelt, wird als unnützer "Ballast" (Manfred Matzka) entsorgt. Die GFK fußt auf der politischen Grundlage ortsungebundener Menschenrechte: Nicht das Recht, an einem gewissen Punkt der Erde zu leben, stand bei ihr im Vordergrund, sondern das Recht, ohne Verfolgung und von einem Staat geschützt leben zu können. Den Österreichischen Planern stellt sich nun die Welt nicht mehr als ein "Konzert der Nationen" dar, sondern als eine Schichtung demographischer Räume um das Europäische Kernland. An diesen Räumen - unterteilt in "konzentrische Kreise" - habe sich die Politik der EU-Staaten künftig zu orientieren. Die AutorInnen des Österreichischen "Strategiepapier zur Migrations- und Asylpolitik" bringen die Fortsetzung einer von Tätern geschriebenen Geschichte zu Papier. Die Genfer Flüchtlingskonvention wurde nach dem zweiten Weltkrieg, nach den Folgen von zwölfjähriger deutscher und Österreichischen Raumplanung entwickelt. Sie war der Versuch, ein international gültiges Recht zu schaffen, das eine Katastrophe, wie sie es vor und während des Zweiten Weltkriegs die Abschottungspolitik aller Länder gegen Flüchtlinge aus dem deutschen Machtbereich war, vorzubeugen. Die neuen StrategieplanerInnen gehen nun davon aus, daß die GFK nicht auf Asylsuchende bezogen war, die vor ethnisch begründeter Gewalt flüchten. Diese Annahme stellt das Herzstück der angestrebten Europäischen Neukonstruktion des Flüchtlingsrechts dar. Mit ihr soll erreicht werden, daß in Zukunft "ethnische" Flüchtlinge nur temporäre Kontingentduldungen erhalten sollen (wie z.B. die Kosovo-Albaner), anstatt einen Rechtsanspruch auf Asyl einklagen zu können. Es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, daß gerade diejenigen Staaten, die vor einem halben Jahrhundert die größten Flüchtlingsströme auslösten, jetzt neue bevölkerungstechnische Strategien entwerfen. Die Zielrichtung der neuen Europäischen Abwehrpolitik ist nicht auf Fluchtströme gerichtet, sondern auf eine Umgestaltung rechtlicher, politischer, militärischer Instrumente für die Aussenpolitik der EU als neuer Weltmacht. Der Bruch internationaler Abkommen wird bewußt in Kauf genommen. Vorrangiges Interesse ist die Zusammenführung militärischer, ökonomischer, humanitärer, diplomatischer und rechtlicher Mittel zur Durchsetzung europäischer Interessen gegenüber anderen Staaten. Weltmachtpolitik eben. Kritik z.B. am Bruch der GFK greift zu kurz, da die übergeordneten machtpolitischen Interessen auf jeden Fall stärker bewertet werden als individuelle Menschenrechte.

Was die Technokraten der Flüchtlingsabwehr als raumplanerische Vision für morgen entwerfen, wurde von westlichen Regierungen, Hilfsorganisationen und Militärs längst umgesetzt. Mit der Einrichtung von UN-Schutzzonen und NATO-Protektoraten ist die GFK praktisch außer Kraft gesetzt worden. "Geschützt" werden konstruierte ethnische Kollektive in Schutzzonen und Protektoraten. Innen ethnisch rein, draussen Stacheldraht und NATO-Bewachung. Dieses neue "interethnische Konfliktmanagement" zielt nicht darauf ab, die lokalen Fluchtursachen zu beseitigen, sondern die Flüchtlinge selbst. Am Beispiel Kosovo ist diese Strategie zu sehen. Österreich und Deutschland legten großen Wert darauf, alle Kosovo-Albaner in das Kfor-Protektorat rückzuführen. Ausschlaggebend für die Festlegung von Zahlen über "ethnische Albaner" in Europäischen Staaten war eine Statistik des ICMPD Internationl Centre for Migration Policy Developement) in Wien. Das ICMPD sagt zwar selbst, daß eine eindeutige ethnische Identifizierung schwer falle, da der großteil der MigrantInnen mit jugoslawischem Pass einreiste, es geht aber von der Feststellung aus, daß jemand einfach als Kosovo-Albaner bestimmbar ist. Jedewede Unterscheidung von MigrantInnen fällt somit von vornherein weg. Einziges Kriterium ist völkische Bestimmbarkeit - "ethnische Zugehörigkeit".


Literaturtipps




Plattform für eine Welt ohne Rassimus
Email: fewor (at) no-racism.net



Am Schluß noch eine Bitte: Gruppen und Personen, die mehr Informationen über das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) haben, bitte diese an die Plattform für eine Welt ohne Rassismus schicken. Wir haben erst in wenigen Quellen kritische Informationen über ICMPD gefunden.