Quellenangabe:
Mumias Eilantrag (vom 31.08.2012),
URL: http://no-racism.net/article/4159/,
besucht am 22.12.2024
[31. Aug 2012]
Nein zu lebens- langer Haft! Ex-Black-Panther legt Rechtsmittel gegen illegale Richter_innen- entscheidung ein.
Buchstäblich in letzter Minute ist es Mumia Abu-Jamal, Journalist, Ex-Black-Panther und seit 1981 politischer Gefangener im US-Bundesstaat Pennsylvania, doch noch gelungen, Rechtsmittel gegen die formale Umwandlung seines Todesurteils in lebenslange Haft ohne Bewährungsmöglichkeit einzulegen. Wichtig war dies deshalb, weil es seine rechtlichen Möglichkeiten, die Haft bis zu seinem Tod und die Verurteilung wegen angeblichen Polizistenmordes anzufechten, weiter beschränkt hätte.
In einer von seinem New Yorker Unterstützungskomitee am Sonntag international verbreiteten Videobotschaft vom 23. August berichten die in Haftfragen für Abu-Jamal tätige New Yorker Anwältin Rachel Wolkenstein und Pam Africa, Sprecherin der Move-Organisation aus Philadelphia, über diese letzte Entwicklung. Wolkenstein habe »vor zwei Stunden in Mumias Namen« bei Gericht seinen schriftlichen Antrag eingereicht. Dazu habe er nach der am 13. August von Richterin Pamela Dembe am Staatsgericht von Philadelphia ohne Vorankündigung gefaßten Entscheidung nur eine Frist von zehn Tagen gehabt.
Linn Washington, Journalist aus Philadelphia, der sich seit Jahrzehnten für seinen Kollegen Abu-Jamal einsetzt, zitiert Wolkenstein in seiner jüngst erschienen Analyse der Vorgänge mit den Worten, dies sei »der gleiche Mist, der seit eh und je durch die Hintertür« gegen Abu-Jamal laufe. Laut Washington hat Wolkenstein »die heimlich erlassene Rechtsentscheidung« zufällig entdeckt, »als sie routinemäßig in den Gerichtsakten überprüfen wollte, wann eine Entscheidung über die Strafumwandlung zu erwarten sei.« Die Anwältin habe dann Abu-Jamal und sein Verteidigungsteam informiert, »die von der Entscheidung keinerlei Kenntnis hatten«.
In einer bereits am Samstag vom New Yorker Unterstützungskomitee verbreiteten Presseerklärung beschreibt Wolkenstein, wie sie noch am Donnerstag nachmittag um 16 Uhr (Ortszeit) vor Ablauf der Frist den »Eilantrag« zum Gericht gebracht habe, den sie kurz zuvor bei einem Haftbesuch von Abu-Jamal als Entwurf übernommen hatte. Zu dem Eilantrag werde noch eine ausführliche rechtliche Begründung nachgereicht, kündigt Wolkenstein an.
In dem auch jW vorliegenden Antrag unter dem Aktenzeichen CP-51-CR-0113571-1982 fordert Abu-Jamal, Richterin Dembes Beschluss vom 13. August, wonach er in Umwandlung des 1982 gegen ihn verhängten Todesurteils bis an sein Lebensende in Haft bleiben soll, »für null und nichtig zu erklären«. Die Entscheidung sei ohne seine Kenntnis und deshalb »unter Bruch grundlegender rechtlicher Erfordernisse der Gesetze Pennsylvanias und der Verfassung der Vereinigten Staaten zustande gekommen, folglich rechtswidrig«.
Der Richterspruch sei auch noch aus einem weiteren Grund aufzuheben, argumentiert Abu-Jamal. Seine Verurteilung zu lebenslang ohne Bewährung sei »nach fast dreißig Jahren Isolationshaft im Todestrakt aufgrund eines rechts- und verfassungswidrigen Todesurteils« erfolgt. Mit diesem ursprünglichen Urteil sei sein »Recht auf ein faires Verfahren verletzt« worden, und es stelle eine »unmenschliche, grausame und ungewöhnliche Bestrafung« dar, die gegen den 8. Zusatzartikel der US-Verfassung verstößt.
Gegen Ende seines Antrags geht Abu-Jamal über die rechtlichen Einsprüche gegen seinen eigenen »langsamen Hafttod« hinaus und greift die gängige Praxis der Isolationshaft und lebenslanger Haft ohne Bewährung im US-Gefängnissystem als verfassungswidrig an. Für Wolkenstein macht er sich damit erneut zum Fürsprecher »der gesamten Nation der Eingesperrten«.
Artikel von Jürgen Heiser, zuerst erschienen in :: Junge Welt, 28. Aug 2012.