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Quellenangabe:
Unerträgliche Zustände im Flüchtlingslager Saualm (vom 02.09.2012),
URL: http://no-racism.net/article/4161/, besucht am 24.04.2024

[02. Sep 2012]

Unerträgliche Zustände im Flüchtlingslager Saualm

Bericht über einen Besuch auf der Saualm, der die Isolation, Gewalt gegen Bewohner, rassistische Beleidigungen und Mangelversorgung verdeutlichte. Solidaritätswanderung am 11.09.2012.

Am 1. September 2012 besuchten Teilnehmer des Antifa-Camps gemeinsam mit einer größeren Gruppe von Teilnehmer_innen eines 'interkulturellen Gottesdienstes' (lokale Aktivist_innen und Zivilgesellschaft, Journalist_innen, Abgeordnete...) das Flüchtlingsisolationslager auf der Saualm nahe Völkermarkt in Kärnten. 'Begrüßt' wurden die Besucher_innen von in aggressiver und pampiger Art vom privaten Sicherheitsdienst der 'Walcher Security', die das Lager bewacht, die gleich mit Polizei drohte. Einige Bewohner des Hauses kamen heraus, diskutierten vor dem Haus mit den Besucher_innen.

Sie berichteten über erschreckende Zustände und formulierten als dringlichste Forderungen: Auszug von der Saualm und Unterbringung in der Stadt sowie eine zügigere Beantwortung ihrer Asylanträge und ein Ende des Wartens in erzwungener Untätigkeit.

Isolation, Gängelung erzwungene Untätigkeit


Die 18 Männer auf der Saualm, geflohen u.a. aus Afghanistan, Pakistan und Somalia, finden sich nach einer langen, zermürbenden Fluchtgeschichte in einem Zustand der unerträglichen Isolation: Zwei Stunden dauert der Fußweg nach Griffen, die nächstgelegene Ortschaft. Eine Verkehrsanbindung gibt es nicht, durch fehlendes Netz sind sie oft von der Telefonverbindung abgeschnitten. Die Versorgung unterliegt einem rigiden System: Sie können nicht selbst kochen und bekommen neben 40,- Euro Taschengeld pro Monat 3 Mal täglich fertige Mahlzeiten vorgesetzt. Die Qualität der Verpflegung wird von allen als sehr schlecht und unzureichend bezeichnet, wer nicht zu den vorgegebenen Essenszeiten erscheint, bekommt nichts. Die Dusche ist nur zu festen Zeiten zwei Mal am Tag eine Stunde zugänglich. Den Leuten fehlt ausreichende Kleidung, viele haben keine warme Jacke für kaltes Wetter, viele haben als tragbare Schuhe nur ein Paar Sandalen. Das Haus, ursprünglich gebaut als Sommerferienheim, hat keine für den Winter ausgelegten Isolierungen, die Heizung ist kaputt. Ihren Alltag beschreiben die Flüchtlinge als Essen und Schlafen, ansonsten können sie auf der Saualm, abgeschnitten von der Außenwelt, nichts tun. Selbst Ballspielen auf dem Gelände des Lagers wird ihnen verweigert, einmal wurde ihnen der Ball durch die Hausleiterin entwendet und zerstört.


Übergriffe und Misshandlungen durch Security-Mitarbeiter


Die Flüchtlinge berichteten über skandalöse gewalttätige Übergriffe und Misshandlungen durch Security-Mitarbeiter und Hausmeister, sowie rassistischen Beleidigungen und Demütigungen durch die Leiterin des Hauses:

Ein Mann berichtete, dass sein Freund, weil er in seinem Zimmer geraucht hatte, von einem Security-Mitarbeiter geschlagen wurde und Pfefferspray in die Augen gesprüht bekam. Die Securities durchsuchen regelmäßig mit einem scharfen Hund die Zimmer.

Ein anderer Mann berichtete, dass er durch den Hausmeister, der ihm als Muslim das Trinken von Alkohol verbieten wollte, attackiert und so heftig ins Gesicht und auf den Kopf geschlagen wurde, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Nach seiner Rückkehr musste er einen weiteren gewalttätigen Übergriff erleiden: Als er außerhalb der Essensausgabezeit nach Essen gefragt hatte, bekam er von einem Security-Mitarbeiter einen Schlag mit dem Schlagstock.

Die Leiterin des Hauses beleidigt Flüchtlinge immer wieder mit rassistischen Aussagen wie 'Ausländer sind nicht gut!' und 'Geh zurück in dein Land!' und schreitet nicht ein gegen gewalttätige Übergriffe seitens des Personals.


Medizinische Behandlung verweigert


Ein weiterer Skandal ist die Verweigerung dringend notwendiger medizinischer Behandlungen. Ein Mann wartet wegen einer entzündlichen Erkrankung im Bein seit Wochen auf eine Behandlung. Unterdessen kann er sich auf das betroffene Bein kaum mehr stützen und das Bein wird aus ungeklärten Gründen immer dünner.

Die Berichte der Flüchtlinge führen drastisch vor Augen: Das Isolationslager auf der Saualm ist eine systematische Verletzung von Menschenrechten! Das Isolationslager auf der Saualm muss sofort geschlossen werden, die Flüchtlinge müssen umgehend Wohnmöglichkeiten in der Stadt bekommen! Den gewalttätigen Angriffen gegen die Flüchtlinge muss ein Ende gesetzt werden, die Flüchtlinge dürfen keinen Tag länger der Gewalt und dem Willkürregime durch Security, Hausmeister und Hausleiterin ausgesetzt sein! Gewalttätige Security-Mitarbeiter, Hausleiterin und Hausmeister müssen für ihr Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden!

Das Isolationslager auf der Saualm ist nichts anderes als ein menschenverachtendes Straflager für Flüchtlinge. Die Zustände auf der Saualm sind die Spitze des Eisbergs in einem System des gesellschaftlichen Ausschlusses und der rassistischen Diskriminierung, dem Flüchtlinge in Österreich unterworfen sind.

Wir rufen alle, die die skandalösen Zustände auf der Saualm nicht hinnehmen wollen, auf, sich an der für Dienstag, 11. September, geplanten Flüchtlingssolidaritätswanderung auf die Saualm zu beteiligen.

Saualm schließen! Schluss mit Isolation und rassistischer Gewalt und Diskriminierung!