Quellenangabe:
Zum Fall des Nigerianers A. E. (vom 08.10.2012),
URL: http://no-racism.net/article/4210/,
besucht am 25.12.2024
[08. Oct 2012]
Nehmt euch ein bisschen Zeit für diese Geschichte - sie zeigt die Misere des österreichischen Fremdenwesens mit einer geradezu elektrisierenden Klarheit auf.
Morgen, Dienstag, vormittags geht ein Flug von Wien nach Nigeria. Wenn nicht noch ein Wunder passiert, wird der Nigerianer A.E., 23, der als 14-Jähriger im Jänner 2004 nach Österreich kam, damit abgeschoben. Er hinterlässt hier eine Freundin, eine österreichische Studentin, mit der er seit 5 Jahren in einer fixen Beziehung zusammen ist. Deren Familie ist ihm sehr zugetan, die "Schwägerin" ist auch mit einem Nigerianer verheiratet und man kann ohne Übertreibung sagen, dass er in einem funktionierenden Familienverband lebte und ein schützenswertes Privatleben hatte. Auch früher schon hatte er (via "connecting people") Familienanschluss.
Seine Freundin sagt über ihn: "Seitdem ich ihn kenne - Sommer 2006 -, möglicherweise aber auch schon länger, hat er als Zeitungsausträger gearbeitet. Was mir persönlich auch ganz wichtig ist, ist die Tatsache, dass viele seiner Landsmänner nach ihrer Ankunft in Österreich so schnell wie möglich geheiratet haben, teilweise sich auch wieder scheiden haben lassen, aber sich jetzt legal in Österreich aufhalten können. Ich selbst fühlte mich für eine Heirat aber noch zu jung, wollte zunächst mein Studium beenden ... A. war unsere Beziehung trotz allem sehr wichtig und er hat nie an die Möglichkeit einer schnellen Heirat mit einer anderen Person gedacht, was ihn letztendlich, so gesehen, jedoch in die aktuelle Situation gebracht hat."
Zwei Fehler (wenn man es so sehen will) sind den beiden passiert: A. ist nicht gerade sprachbegabt - sein Deutsch ist "ausbaufähig". In der Familie war das kein Problem, dort sprach man Englisch. So kam's, dass er bis heute kein "A2"-Zertifikat zusammengebracht hat. Der zweite Fehler ist schwerwiegender: A. und seine Freundin hatten sich zwar an Anwälte gewandt - aber angesichts der Kosten - halbherzig. Entsprechend unambitioniert war dann die Vertretung. Mit uns (PLATTFORM BLEIBERECHT) kam die Freundin leider überhaupt erst am letzten Freitag in Kontakt, als A. schon in der Schubhaft saß. Seither kennen wir den "Fall" und versuchen zu retten, was zu retten ist.
Sein Asylverfahren dauerte 5 Jahre und endete 2009 rechtskräftig negativ. Die Details würden zu weit führen, aber die Entscheidung kann man für problematisch halten. Er ist völlig unbescholten. E. suchte zwei Mal um "Bleiberecht" an. Ging beide Male daneben. Ist ganz ohne Zweifel auch sehr schlecht vorbereitet gewesen. Trotzdem ist die Entscheidung völlig unverständlich. Für wen, wenn nicht für solche Fälle, hat man dieses Gesetz 2009 in Kraft treten lassen?
Der Diakonie-Flüchtlingsdienst hat eine Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gemacht mit der Bitte um "Interim Measure" - also schnelles Eingreifen und Abschiebestopp. Das könnte noch helfen.
Aussendung der steirischen Plattform Bleiberecht vom 08. Okt 2012.