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Quellenangabe:
Menschenrechtsaktivist vor Prozess. Initiative Bleiberecht: Lassen uns nicht einschüchtern! (vom 10.11.2012),
URL: http://no-racism.net/article/4251/, besucht am 29.03.2024

[10. Nov 2012]

Menschenrechtsaktivist vor Prozess. Initiative Bleiberecht: Lassen uns nicht einschüchtern!

Am Donnerstag, 15. November 2012 findet ab 8 Uhr vor dem Innsbrucker Bezirksgericht eine begleitende Kundgebung zum Prozess gegen einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht statt. Aussendung der Initiative Bleiberecht, einem Zusammenschluss von 35 Organisationen.

Am 24. Juni 2012 fand anlässlich des Weltflüchtlingstages ein Solidaritätsfest der Initiative Bleiberecht im Innsbrucker Rapoldipark mit annähernd 1.000 BesucherInnen statt. Dieser bunten Begegnungs-Veranstaltung war eine Demonstration vorangegangen, welche auf die zum Teil inhumanen Daseinsbedingungen von Flüchtlingen in Österreich hinwies.

Circa 250 VertreterInnen von über 35 einzelnen Träger-Organisationen nahmen an dieser friedlichen Kundgebung teil und spendeten den Redebeiträgen Beifall. Die begleitende Exekutive hingegen wollte in einem Redebeitrag eines Aktivisten der Plattform Bleiberecht einen Gesetzesbruch erkannt haben und erstattete Meldung bei der Staatsanwaltschaft.

Die anwesenden BeamtInnen sprachen den Aktivisten der Plattform Bleiberecht jedoch nicht vor Ort auf seinen "Verstoß" an - stattdessen erhielt er zwei Wochen später einen Anruf der Polizei zur Einvernahme. Ihm wird vorgeworfen, er habe durch seine Wortmeldung bei der Demonstration zum Ungehorsam gegen Gesetze aufgerufen (§281 StGB). Tatsächlich wurde in der Rede auf den Bleiberechtskampf vom Lamin J. im Mai 2011 erinnert und an die Zivilcourage einer solidarischen Gesellschaft appelliert.

Die anwesenden BeamtInnen sahen darin einen Aufruf zum Ungehorsam gegen eine fremdenpolizeiliche Bestimmung, nämlich §120 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz (FPG).

Für alle, die sich für ein solidarisches Miteinander engagieren, ist dieser Paragraph - so wie das gesamte 'Fremdenrecht' - absurd und gegen Menschenrechte gerichtet. Bestraft werden damit nämlich alle, die "einem Fremden den unbefugten Aufenthalt (...) wissentlich erleichtern". Dieser Tatbestand beträfe also neben Pfarrer Friedl und der Flüchtlingshelferin Ute Bock auch die ehemalige evangelische Superintendentin für Tirol und Salzburg, Luise Müller, sowie unzählige weitere Menschen.

Am Donnerstag, den 15. November 2012 findet nun um 8:30 Uhr am Bezirksgericht Innsbruck die Verhandlung gegen den Aktivisten der Plattform Bleiberecht statt. Allein die Tatsache, dass die Anzeige der Polizei zu einer Anklage geführt hat, hat in der Initiative Bleiberecht Empörung ausgelöst. Viele sehen darin den Versuch, die Aktivitäten der immer größer werdenden Tiroler Bleiberechtsbewegung einzudämmen und zu kriminalisieren. Daher wird am 15. November bereits ab 8:00 Uhr eine Kundgebung vor dem Bezirksgericht den Prozess begleiten.

Der Betroffene sieht in der Verhandlung den Versuch, berechtigte Kritik an Abschiebungen und dem österreichischen 'Fremdenrecht' zu unterbinden. Für ihn gilt es Menschenrechte und demokratische Grundrechte, also Meinungs- und Redefreiheit, zu schützen:

"Diese Anklage betrifft nicht nur mich als einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht, sondern alle Menschen, die sich für eine solidarische Gesellschaft einsetzen. Alles andere als ein Freispruch wäre ein Schlag ins Gesicht der unzähligen Menschen, die sich täglich für Ihre Mitmenschen engagieren. Solange es ein rassistisches System von Abschiebungen und Schubhaft gibt, wird es Kritik daran geben. Wir lassen uns auch durch diese Anklage nicht einschüchtern!", gibt sich der Aktivist kämpferisch.


Terminhinweis: Kundgebung am Donnerstag, 15.11.2012

08:00 Beginn Kundgebung vor dem Bezirksgericht Innsbruck, Museumsstraße 34

08:30 Beginn der Verhandlung gegen einen Aktivisten der Plattform Bleiberecht wegen des Verdachtes der Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze (§281 StGB), Raum 101, 1. Stock

10:00 Ende Kundgebung


Hinweis: Wenn Du bei der Verhandlung dabei sein möchtest, komm früh genug und mit möglichst wenig Gepäck zum Gericht. Seit einigen Jahren wird der Zutritt zu Bezirks- und Landesgerichten mit Metalldetektoren und Taschendurchsuchungen reglementiert. Es dauert dann länger, weil jede_r Mensch einzeln durchgelassen wird. Das soll Dich aber nicht davon abhalten vorbeizukommen!

Aussendung der Initiative Bleiberecht aus Innsbruck vom 9. November 2012.