Quellenangabe:
Emanzipatorische Online-Plattform - what do we want? (vom 20.12.2012),
URL: http://no-racism.net/article/4325/,
besucht am 27.12.2024
[20. Dec 2012]
Das Aus von at.indymedia. org oder die vermehrte Nutzung von kommer- ziellen Angeboten wie twitter lassen die Frage aufkommen, wie linke Inhalte zugänglich gemacht und diskutiert werden sollen. "xyz" ist der vorläufige Name einer emanzipatorischen Plattform - ein Projekt mitten im Entstehen bittet um Rückmeldungen, Anregungen und Mitarbeit!
Das Aus von at.indymedia.org sowie die abnehmende Aktivität und sinkende Diskussionsbereitschaft in anderen Onlineprojekten sowie die Zunahme der Nutzung kommerzieller Services wie Facebook und Twitter durch linke Gruppen und Aktivist_innen und einer Fülle an teils kurzlebigen Blogs kann als Zeichen gedeutet werden, dass aktuelle bzw. nun eingestellte Projekte den Bedürfnissen von Aktivist_innen und den Entwicklungen im Internet der letzten 5-10 Jahre nicht (mehr) gerecht werden.
Aus dieser Analyse und der Unzufriedenheit mit dem bestehenden Angebot entstand die Überlegung, ein neues Projekt, eine neue Online-Plattform, zu starten. Es gibt schon eine Fülle an mehr oder weniger durchdachten und mehr oder weniger realistischen ;-) Ideen, aber dazu unten mehr. Grob könnte die Plattform folgende Zwecke erfüllen und damit wohl gut als partizipative Online-Zeitung beschrieben werden:
- Ein Anlaufpunkt, um rauszufinden “was sich tut” (primär in Österreich) – sowohl was Debatten als auch was Termine angeht.
- Ein Ort für Kritik und Diskussion sein, zur “Szene-internen” (in Ermangelung eines besseren Begriffes) Debatte.
- Ein Werkzeug sein, um linksradikale Positionen stärker in einen gesellschaftlichen Mainstream zu tragen – also “über die Szene hinaus” zu wirken.
- Einen dokumentarischen/archivarischen Zweck erfüllen: viele Webseiten und Blogs “verschwinden” nach wenigen Jahren – und damit geht Wissen verloren.
- Die Plattform könnte niederschwellige Möglichkeiten zur Veröffentlichung bieten.
Im weitern folgen ausführlichere bisherige Überlegungen zu (möglichen) Teilen der Plattform. Dabei ist festzuhalten, dass die bisher geführten Diskussionen primär einen Brainstorm-Charakter hatten und vieles noch relativ vage ist. Die Veröffentlichung dieser Überlegungen soll dazu dienen, weiteren Input zu bekommen und die Ideen zur Diskussion zu stellen. Bitte nutzt die Kommentarfunktion, diskutiert auf Twitter zu dem Thema (Hashtag #medxyz?) oder schickt uns Anmerkungen per Mail (projekt.xyz (at) riseup.net)
Dezentrale Inhalte
Seit Jahren werden ein Großteil linksradikaler Beiträge auf Blogs oder anderen Webseiten mit Newsfeed veröffentlicht. Es wäre möglich einen Gutteil der Inhalte für die Plattform mittels dieser Newsfeeds automatisiert zu integrieren. Das heißt, Veröffentlichungen auf anarchismus.at, no-racism.net oder defma.blogsport.de würden mit maximal wenigen Stunden Verzögerung auch auf der Plattform verfügbar sein. Dabei würden von manchen Quellen alle Beiträge übernommen und von manchen nur bestimmte (durch freischalten, siehe unten) – etwa wenn viele Beiträge auf Spezifika in Deutschland eingehen, einige aber auch für die Debatten in Österreich wichtig sind (mädchenblog oder Mädchenmannschaft wären wohl solche Quellen).
Zu archivarischen Zwecken und für eine umfassende Suchfunktion könnten importierte Beiträge auch abgespeichert werden - und wären damit auch zugänglich, wenn die Quelle offline geht.
Einfache Veröffentlichungsmöglichkeit
Neben diesen dezentralen Inhalten könnten aber registrierte Benutzer_innen und die Redaktion (siehe unten) auch Beiträge direkt auf der Plattform veröffentlichen, die dann von der Redaktion freigeschalten werden. Weiters könnte es eine einfache Möglichkeit geben, anonym und verschlüsselt Beiträge zu posten. Auch diese würden, so wie die von den registrierten Benutzer_innen, vor der Veröffentlichung, von der Redaktion gegengelesen.
Ein weiteres Ziel wäre die Barrierefreiheit der Website.
Inhaltlicher Anspruch und hierarchie-arme Umsetzung
In den bisherigen Gesprärchen wurde das Projekt als ganz klar politisches Projekt und nicht als eine reine technische Infrastruktur gesehen. Folglich würde es auch eine inhaltliche Ausrichtung geben- es ist nicht das Ziel, allen die sich selber als “links” oder “linksradikal” sehen, eine Plattform zu geben. Es sollen bewusst pro-feministische, anti-homophobe und antirassistische Inhalte gestärkt werden.
Problematische Inhalte (wie etwa antisemitische Veröffentlichungen) würden nur dann auf der Plattform Platz finden, wenn sie für eine Debatte essentiell sind und auch dann nur kommentiert und kontextualisiert. Ebenso würden auch ausgewählte Beiträge aus bürgerlichen/Mainstream-Medien Platz finden, wenn diese in aktuelle Debatten passen.
Ein Anspruch wäre, diese inhaltliche Ausrichtung schon zu Beginn transparent zu kommunizieren. Des weiteren könnte eine Redaktion einerseits redaktionelle Beiträge veröffentlichen und andererseits im Notfall auch als Moderation einschreiten.
Neben Redaktions-User_innen könnte es aber auch (zumindest) zwei weitere Gruppen geben: Vertrauenswürdige User_innen und alle “anderen” registrierten User_innen. Alle Kommentare und Beiträge (ausgenommen der Redaktion oder voll vertrauenswürdigen Blogs) wären dabei nur für vertrauenswürdigen User_innen sichtbar, solange bis eine bestimmte Anzahl dieser den Beitrag/Kommentar “freigeschalten” hätten. Damit könnten Troll-Postings, Outings und ähnliches verhindert werden. Wie ein_e User_in “vertrauenswürdig” würde ist noch unklar, aber es könnte ein Mechanismus sein, mit dem die Gefahr, dass fasch@s oder Polizei noch unveröffentlichte Beiträge sehen, miminiert wird.
Im Notfall könnten alle User_innen Beiträge "melden", hier müsste dann die Redaktion entscheiden, ob sie gelöscht oder geändert werden.
Schwerpunkte setzen
Weil durch automatisch importierten Blogs und User_innen-Beiträge vermutlich relativ viel Inhalt entsteht und wegen des politischen Anspruch könnte die Redaktion eine Startseite gestalten und durch Platzierungen (wie viel Platz erhält welcher Artikel/welche Überschrift, was steht ganz oben, etc.) die Inhalte strukturieren und Prioritäten setzen. So wäre es möglich, dass wichtige Beiträge auch mal ein paar Tage viel Platz bekommen. Visuell könnte das ähnlich wie gängige Tageszeitungen aussehen.
Debatten nachzeichnen
Eine weitere Idee wäre, bestimmte Themenkomplexe und Debatten anhand verschiedener Beiträge nachzuzeichnen. Dabei könnten die Beiträge in Relation gesetzt werden und in einen Kontext eingebettet werden. Zur Veranschaulichung: Es gibt ein paar sehr wichtige Beiträge zu Definitionsmacht und Parteilichkeit, manche davon schon Jahre alt und daher für viele nicht so leicht zu finden. Hier die wichtigsten Beiträge zusammenzutragen könnte einen einfacheren Einstieg für diejenigen ermöglichen, die sich mit der Thematik noch nicht beschäftigt haben.
Ein anderes Beispiel wäre etwa der 8. Mai, wo im Laufe der Zeit eine Verschiebung der Debatte stattgefunden hat, auch bedingt durch geänderte Akteur_innen (d.h. etwa damit, dass 2012 auch Regierungsmitglieder die Befreiung feierten). Auch hier wäre eine Nachzeichnung der Debatten spannend.
Generell soll damit auch eine Möglichkeit geschaffen werden, damit viele Diskussionen nicht jährlich wiederholen zu müssen. (Zum Beispiel sind auf n3tw0rk als auch auf at.indy viele wichtige Beiträge nur für jene leicht zu finden, die wissen, dass es sie gab, also "damals" schon "dabei waren".)
Aus der Szene hinaus
Für viele sind Twitter, Facebook und Co. wohl auch deshalb interessant, weil damit auch leicht(er) Leute jenseits der Szene erreicht werden können. Im Gegensatz dazu sind Diskussionen in geschlossenen Plattformen nur für jene lesbar, die sich registrieren - was wohl wenige Leute "mal eben" machen. Ähnlich hat es den Anschein, dass manche Webseiten und Medienprojekte eine etwas angestaubte, vielleicht auch als "revolutionär" verstanden Ästhetik haben - und oft ganz einfach wenig zum lesen einladen. Deshalb wäre ein klares Design und gute Lesbarkeit wichtig.
Zusätzlich wäre wir eine Verzahnung mit Twitter, Identi.ca und vielleicht sogar FaceBook wünchenswert. Etwa durch Bereitstellung kurzer Adressen, "tweet this" buttons oder ähnlichem. Auch wäre es sinnvoll, bei manchen Ereignissen bzw. Debatten auch Twitter/Identica-Beiträge in die Plattform zu integrieren (z.B. um tweets zu #nowkr 2012 zu sammeln und auch zu archivieren).
Tools:
Terminkalender
Es könnte die Möglichkeit existieren, Termine zu veröffentlichen. Es könnten Termine auch automatisiert importieren werden (mit dem iCalendar Standard) und auch wieder exportiert/gespeichert werden können (ebenfalls über den iCalendar Standard).
Frequently Asked Questions
Abschließend könnte auch einen Platz geschaffen werden, um für eine_n selber ungeklärte Fragen zu stellen, die auch mal "basic" oder vermeintlich "dumm" sein können. Zum Beispiel "Warum soll ich gendern?" oder "Warum ist Anti-Amerikanismus problematisch?" etc. Die Idee dahinter ist, dass hier leute nach Dingen fragen können, die für andere vielleicht schon ganz klar sind, auf die sie selber keine Antworten gefunden haben aber vielleicht andere tolle Texte wissen und ähnliches. Hier wäre es notwendig, diesen Anspruch klar zu machen - und klar zu machen, dass Kommentare nicht erwünscht sind, die auf "du bist so dumm oder/und hast nichts kapiert" hinauslaufen. So ein Ort wäre dringend notwendig.
Weitere Ideen
Hier noch stichwortartig eine Liste weiterer Ideen, welche Tools im Zuge der Plattform diskutiert werden / umgesetzt werden könnten:
schwarzes Brett zum Austausch
Short Urls zum leichteren sharen auf anderen Plattformen
Diskutiert mit!
projextxyz.noblogs.org
projekt.xyz (at) riseup.net
twitter :: #medxyz