Quellenangabe:
Weihnachtsfeier im Protestcamp! Flüchtlinge in den Hungerstreik getreten (vom 24.12.2012),
URL: http://no-racism.net/article/4331/,
besucht am 26.12.2024
[24. Dec 2012]
Weihnachtsfeier im Protestcamp! Flüchtlinge in den Hungerstreik getreten
Seit Samstag, 22.12.2012, abends sind die Flüchtlinge des Refugeecamps im Hungerstreik. Am 24. Dezember gibt's ab 18 Uhr eine Weihnachtsfeier im Camp vor der Votivkirche. Möglichst viele Leute sollen kommen!
Eine Aussendung des Refugeecamps.
Bitte weiterleiten und weitersagen!
Liebe Leute,
Wir, die Flüchtlinge vom Sigmund-Freud Park, haben die Ehre, Sie einzuladen zur schönsten Weihnachtsfeier der Stadt im Flüchtlingscamp vor der Votivkirche. Am 24.12.2012 ab 22 Uhr gibt es eine große Weihnachts-Party!
Ab 18 Uhr Blechtonnenlagerfeuer mit Kinderpunsch. Denn: Der 24. Dezember ist ein großer Feiertag.
Wir feiern, dass seit einem Monat täglich die Würde siegt über die Demütigungen des Asylsystems, die Solidarität sich als stärker erweist als die Wohltätigkeit, die vielsprachige Verständigung, die tägliche Zuhör- und Übersetzungsarbeit triumphiert über die Taubheit derjenigen, die gar nicht zuhören wollen.
Vor einem Monat, am 24. November, marschierten wir 35 km vom zentralen Flüchlingslager in Traiskirchen nach Wien um gegen die menschenverachtenden Zustände im Umgang mit Geflüchteten zu protestieren.
- Dass wir beengt in überbelegten Unterkünften untergebracht werden.
- Dass uns DolmetscherInnen zugeteilt werden, die wir oft als zynische HandlangerInnen eines rassistischen Systems erleben.
- Dass man uns von der staatlichen Wohlfahrt abhängig macht, weil man uns nicht erlaubt zu arbeiten.
- Dass man uns ohne angemessene Prüfung unserer Fälle Asyl in Österreich verweigert.
- Dass man uns, aufgrund der "DUBLIN"-Verordnungen, nicht erlaubt in einem andren europäischen Land darum anzusuchen.
- Dass uns das elementare Menschenrecht auf Freizügigkeit genommen wird. (Erst dürfen wir Traiskirchen nicht verlassen - eine Fahrt nach Wien wird mit 200 Euro bestraft - dann werden wir in entlegene Dörfer transferiert, abgeschnitten von FreundInnen, von Rechtsberatung, von solidarischen Menschen und Comunities.)
- Dass wirtschaftliche und soziale Not nicht als Fluchtgrund anerkannt werden.
Nachdem nach über drei Wochen Protestcamp im Sigmund-Freud-Park vor der Votivkirche und 2128 Unterstützungserklärungen solidarischer Menschen auf unserer Website (
:: refugeecampvienna.noblogs.org) immer noch keineR der verantwortlichen PolitikerInnen sich auch nur zu einem Gespräch bereit zeigten, suchten wir am Dienstag den 18.12. Schutz und Hilfe in der Votivkirche.
Daraufhin luden die Caritas und die Katholische Kirche zu einem Runden Tisch mit VertreterInnen von NGO's und dem Innenministerium und drei von uns protestierenden Flüchtlingen.
Am Freitag, kurz vor dem Treffen, durchkämmten über zwanzig Polizisten das Flüchtlingscamp am Sigmund-Freud-Platz. "Routinekontrolle" nannten sie diese Einschüchterungsmaßnahme, bei der vier Flüchtlingen ihre Asylkarten abgenommen wurden.
Daraufhin gingen alle Flüchtlinge zum Runden Tisch, es wurden aber nur fünf von uns zugelassen. Die Caritas bot dann allen protestierenden Flüchtlingen warme Unterkünfte an. Wir lehnten das Angebot ab, denn wir haben diese Kampagne nicht gestartet, um warme Unterkünfte zu bekommen, sondern damit unsere Forderungen erfüllt werden.
Wir lehnen es ab, die Kirche und das Camp zu verlassen, so lange unsere politischen Forderungen nicht einmal ansatzweise ernst genommen werden.
Wir fordern weiter:
- Das Recht zu arbeiten.
- Das Recht auf freie Wahl des Aufenthaltsortes.
- Die Löschung der Fingerabdrücke aus der europäischen Fingerabdruckkartei Eurodac, wenn ein Asylverfahren negativ beendet wurde, so dass man in einem andren EU-Land erneut einen Antrag stellen kann.
- Bleiberecht für alle jetzt in Österreich lebenden Flüchtlinge und Asylsuchenden, also eine einmalige Legalisierung aller Menschen ohne Papiere, wie es das in Frankreich und Spanien schon öfter gab.
Das heißt:
Wir bleiben also nicht etwas deshalb weiter in der Votivkirche und im Camp, weil wir nirgends anders unterkämen, sondern weil wir den Kampf um Menschenrechte für alle nach Österreich Geflüchteten für wichtiger und bedeutsamer halten als eine warme Nacht heute, morgen und übermorgen.
Weil die politisch Verantwortlichen, statt unsere Forderungen zu erfüllen, uns mit der Polizei einzuschüchtern versuchen, beschlossen wir am 22. Dezember um 23 Uhr, in den Hungerstreik zu treten.
Also: Kommen Sie am 24. Dezember ins Flüchtlingscamp.
Bringen Sie Kekse und Kinderpunsch mit. Auch Brennholz und warme Decken sind hilfreich.
Bringen Sie ihre winterfesten Musikinstrumente und ihre BandkollegInnen und spielen Sie ein Lied für die Würde und die Menschenrechte für alle.
Nehmen Sie ihre Kinder mit, erklären Sie ihnen, was passiert, es ist ein historischer Moment, in dem man mehr über Politik lernen kann, als in jeglicher Schule oder Universität..
Bis 22 Uhr Zusammensitzen am Blechtonnenlagerfeuer,
ab 22 Uhr große, laute, fette Weihnachtsparty
Im Flüchtlingscamp am Sigmund-Freud-Park. U 2 Schottentor/ Universität.
Unterstützen Sie unsere Petition:
:: refugeecampvienna.noblogs.org/support/petition
Quelle :: refugeecampvienna.noblogs.org, 24. Dez 2012