no-racism.net Druckversion

Quellenangabe:
Solidarität mit Flüchtlingen - Proteste gegen die Räumung des Protestcamps in Wien (vom 30.12.2012),
URL: http://no-racism.net/article/4342/, besucht am 20.04.2024

[30. Dec 2012]

Solidarität mit Flüchtlingen - Proteste gegen die Räumung des Protestcamps in Wien

Am 29. Dezember 2012 zeigten mehr als 1.000 Menschen in Wien, Linz, Salzburg, München und Berlin ihre Solidarität mit Protesten der Flüchtlinge in Wien. Sie protestierten gegen die in der Nacht zuvor von der Polizei durchgeführte Zerstörung des Refugee Protest Camps.
Der Hungerstreik und die Proteste gegen weiter!


Linz


Den Auftakt der Solidaritätsdemonstrationen gab es in Linz. Dort sammelten sich ab 14:30 Uhr mehr als 100 Leute im Schillerpark, um gegen die Räumung des Protestcamps zu protestieren und die Rechte von Flüchtlingen zu fordern.
Erst nach Verhandlungen mit der Polizei konnte die Demonstration mit Verspätung los ziehen. Über die Landstraße und die Herrenstraße, wo zahlreiche Passant_innen informiert wurden und sich auch einige weitere Menschen anschlossen, erreichte die Demo den Taubenmarkt. Dort gab es, wie bei der Polizeistation Landhaus, eine kurze Zwischenkundgebung. Bei der Abschlusskundgebung am Hauptplatz drückten via Open Mic verschiedenste Menschen ihren Ärger über den rassistischen Alltag und die Polizeipraxis in Österreich aus, aber auch ihre Solidarität und Bewunderung für die portestierenden Flüchtlinge in Wien.

:: Demobericht auf linksunten.indymedia.org
:: Kurzclip und :: Video von der Demo auf dorftv.at
Flyer als .jpg :: Vorderseite Version 1 | :: Version 2 | :: Rückseite



München


Nach einer bereits am Vortag stattgefundenen Kundgebung vor dem österreichischen Konsulat in München trafen sich um 15:00 mehr als 70 Leute auf dem Marienplatz, um nach einer Auftaktkundgebung als Demonstrationszug durch die Innenstadt zu ziehen. Mit mehreren Transparenten, auf Schildern und Flugblättern wurde die Abschaffung des Lagerzwangs, die Beendigung von Abschiebungen und die Einhaltung der Rechte der Flüchtenden gefordert. Nach einer enthusiastischen Passage weg vom Marienplatz Richtung Universität unter Parolen wie "No Nation, No Border Fight Law and Order" durchquerten die Demonstrierenden den Englischen Garten, vorbei am Chinesischen Turm, um schließlich das österreichische Konsulat in Bogenhausen zu erreichen. Dort wo am Vortag eine Soli-Kundgebung stattfand, endete die Aktion.



Salzburg


Etwa 50 Personen kamen am Samstag vor der Polizeidirektion in Salzburg zusammen, um gegen die Räumung des Refugee Protest Camps in Wien und gegen die unmenschlichen Bedingungen mit denen illegalisierte und von Illegalisierung bedrohte Menschen in Österreich
konfrontiert sind, zu protestieren. Es wurde vor der Schubhaft, auf der Alpenstraße und in der Innenstadt, dem touristischen Zentrum, lautstark demonstriert.



Berlin


In Berlin gab es bereits am Freitag eine Solidaritätskundgebung vor der österreichischen Botschaft. Am Samstag erklärten die Flüchtlings-Aktivist_innen aus dem Protestcamp am Oranienplatz ihre Solidarität mit den protestierenden Flüchtlingen und ihren Unterstützer_innen in Wien.

"We, the Refugees and Supporters of the Refugee-protest camp at the Oranienplatz Berlin Germany want to strongly point out our solidarity with our fellow Refugees and their Supporters in Vienna, who were victims of the brutal police operation in the early morning of 28.12.2012."

Sie schickten eine Grußbotschaft per Video (zu sehen auf :: refugeecampvienna.noblogs.org). Darin erklärten sie die Räumung als nicht gerechtfertigt. Die Räumung wurde als Teil der Isolierung von Flüchtlingen bezeichnet, eine post-koloniale Politik, die überall in Europa praktiziert wird, um Flüchtlinge und Migrant_innen von Europa fern zu halten. Die muss ein Ende haben!
Sie wünschten den Flüchtlingen in Wien die Kraft und Courage, ihren Protest trotz der Räumung fortzusetzen und ihren Kampf nicht aufzugeben - statt dessen sollen die Proteste auf der Straße noch stärker werden.



Wien


In Wien waren bei sehr kalten Temperaturen etwa 800 Leute bei der Demo gegen die Räumung des Protestcamps. Die Leute sammelten sich ab 16:30 im Sigmund-Freud-Park, wo sich bis zum Vortag das Protestcamp befand. Von dort zogen sie lautstark zum Schubhaftgefängnis Rossauer Lände. Dorthin waren zwei im Zuge der Räumung verhaftete Flüchtlinge gebracht worden, von denen einer am Freitag Nachmittag wieder gehen konnte, der andere befindet sich nach wie vor in Schubhaft. Die Demonstration forderte Freiheit für Flüchtlingsaktivist_innen.



Danach zog die Demonstration weiter zum Innenministerium. Die Demonstration war lautstark und unterwegs gab es immer wieder kurze symbolische "Sitzblockaden". Nach dem Innenministerium ging es weiter zum Bundeskanzleramt und von dort zurück zum Ausgangspunkt, dem Ort des ehemaligen Protestcamps im Sigmund-Freud-Park. Hier wurden symbolisch zwei Zelte aufgestellt, es gab noch mehrere Durchsagen und langsam löste sich die Demonstration nach vier Stunden Protest in eisiger Kälte auf.

:: Video von der Demo auf YouTube



Einige Leute, die in den letzten Wochen immer wieder lautstark und mit viel Kraft ihre Rechte auf den Demonstrationen durch die Wiener Innenstadt forderten, waren dieses mal nicht dabei: Die Flüchtlinge, die sich derzeit in der Votivkirche in Hungerstreik befinden. Doch deren Situation ist keinesfalls gut, denn die Kirche betreibt, in Zusammenarbeit mit der Caritas, ein falsches Spiel.



Hungerstreik in der Votivkirche


Die Tore der Kirche sind seit der Räumung des Protestcamps im Sigmund-Freud-Park für die Öffentlichkeit verschlossen, nicht nur Unterstützer_innen wird der Zutritt verweigert, auch Flüchtlinge werden immer wieder von den mittlerweile von der Kirche engagierten Securities der Firma ÖWD nicht eingelassen. Selbst zum Verlassen des Gebäudes sind die Leute in der eisig kalten Kirche darauf angewiesen, dass die Securities die Türen öffnen. Alles in allem keine guten Voraussetzungen für einen Hungerstreik.

Nach der Räumung am Freitag Morgen verweigerten aus Protest mehrere der sich im Hungerstreik befindlichen Flüchtlinge auch die Aufnahme von Flüssigkeit, was dazu führte, dass mehrmals Leute mittels Krankenwagen ins Spital gebracht wurden, da ihr Gesundheitszustand sehr kritisch war. Zusätzlich erschwert wird die Situation der Flüchtlinge durch die niedrigen Temperaturen (um die 3 Grad) in der Votivkirche, wobei dies vor allem daran liegt, dass der Pfarrer sich nach wie vor weigert, Strom für Heizstrahler zur Verfügung zu stellen; die Sicherungen für die ausreichend vorhandenen Steckdosen sind seit Beginn der Besetzung abgedreht. Alle Beteuerungen seitens Kirche und Caritas, dass ihnen die Gesundheit der Flüchtlinge wichtig sei, klingen angesichts dieser Tatsachen wie Hohn.

Dass die Behörden das Ziel verfolgen, die Flüchtlinge erneut zu isolieren, ist nicht zu übersehen. Zusätzlich werden von der Polizei nach wie vor Lügen verbreitet, u.a. um die vollkommen illegitime Räumung rechtzufertigen. Zusätzlich wird argumentiert, dass den Flüchtlingen ohnehin warme Quartiere angeboten worden seien, diese jedoch nicht angenommen wurden. Dass die Flüchtlinge dies nie forderten, sondern seit Beginn für ihre Rechte und menschenwürdige Lebensbedingungen kämpfen, wird von den Behörden wohl absichtlich verschwiegen.

So hängen sich die Exekutive und Politiker_innen ein "humanitäres Mäntelchen" um und instrumentalisieren die Flüchtlinge, um deren Unterstützer_innen zu denunzieren. Es ist nur zu offensichtlich, dass all dies geschieht, um die Flüchtlinge zum Aufgeben zu bewegen, damit "endlich wieder Ruhe einkehrt im Land". Doch da werden sie sich täuschen, die Rassist_innen. Die Proteste gehen weiter - bis die Forderungen erfüllt sind. Das ist die Position der protestierenden Flüchtlinge, die trotz aller widrigen Umstände weiterhin kämpferisch sind.



We will rise!


Unterstützt die Proteste der Flüchtlinge. Zeigt eure Solidarität. Protestiert gegen die menschenverachtende Politik gegenüber Migrant_innen und Flüchtlingen in Österreich und dem Rest von Europa. Schaut nicht zu bei den permanenten rassistischen Übergriffe und Razzien durch die Polizei. Helft mit, Abschiebungen unmöglich zu machen. Solidarisiert euch mit der weltweiten Forderung nach Bleibe- und Bewegungsfreiheit für alle, überall und in jedem Fall. Werdet aktiv.
Dieser Rassismus muss ein Ende haben!


You cannot silence us! Die Refugee-Proteste gehen weiter!


Demonstration am Mittwoch, 2. Januar 2013, 16:00 in Wien

Am 2. Jänner werden wir wieder demonstrieren, und wir werden noch mehr sein! Wir lassen uns nicht spalten! Solidarität mit den Hungerstreikenden! You cannot silence us!

Quellen :: refugeecampvienna.noblogs.org, :: linksunten.indymedia.org 1, :: 2, :: asylstrikeberlin.wordpress.com und diverse :: Twitter-Einträge.